Dings und Bumms

Das Ende im Anfang

Eines steht mal fest: Es gibt nichts Lustigeres, als die Erfindung des Materialismus. Nichts in aller Welt wies darauf hin, dass sich dieser Gedanke zäh wie Granit in unserem Bewusstsein verankern konnte. Und doch – gemäss dem Motto Die Gedanken sind frei – ist es passiert. Irgendwann mal auf den Irrwegen des uns selbst auferlegten Labyrinths haben wir felsenfest beschlossen, uns bis zum Ende aller Zeiten sinnlos zu verlaufen. Diese Zeit ist nun da und frohe Botschaft folgt ihr auf dem Fusse. Der leibhaftige Materialismus befindet sich in rasantester Selbstauflösung. Wenn Rabenschwärze dunkle Schatten wirft, kanns nur noch heller werden. Ist so ein Naturgesetz.

Materialismus for Dummies

Einst tanzte der Mensch zusammen mit den Göttern auf der Erde. Was waren das für Zeiten! Dann kam Dichte in die Geschichte. Der wilde Tanz verstummte. Raum und Zeit traten hervor, reichten sich die Hand, verbündelten und verbändelten sich und begannen ihren behäbig schweren Reigen. Getrennt von den Göttern, gehorsam nur sich selbst, latschte der Mensch auf ausgetretenen Pfaden und tappte in alle Schlingen, Fallen und Fettnäpfchen, die er sich vor die Füsse gelegt hatte. Linear und unendlich langsam wie das Licht, aber stetig Schritt um Schritt. Die Zeit verging, vergang, vergongte. Schicht um Schicht, Bogen auf Bogen stapelte sich der Mensch seine Geschichte aufeinander. Dann aber wurde es wahrwirklich lustig.

Der Mensch begann, an die Materie zu glauben. Der Mensch war da schon voll des Grams und tief in seine Schwerkraft gebeugt, starrte Löcher in den Boden und folgte behaart, aber beharrlich seinen eigenen Fussstapfen. Um sich in seinem neuen Glauben zu stärken, schuf sich der Mensch, den Ruf der Götter missachtend, eine Wissenschaft, ein Bekenntnis, welches ihn fortan in seinem neuen Glauben bestärkte. Er durchforschte die Materie nach Strich und Faden und kam zum Entschluss, dass MATERIA ein Tanz aus allerlei Neu- und Elektronischem, aus Pro- und Contratonischem sei, welches um ein Atom zu kreisen schien. Das Atom – den Kern der Materie – aber definierte er als kleinstes untrennbares Teilchen. Was ihm dabei entging war, dass «Das Kleinste» in Tat und Wahrheit Das Nichts ist. Was ihm ausserdem entging war, dass «Ein Teilchen» in Wahrheit und Tat Das gewisse Etwas von Etwas ist, weshalb es auch ein Teilchen genannt wird.

Nichts duldet der Mensch weniger als einen Widerspruch im Glauben. Und so begann er den Kern seines Dilemmas nach allen Regeln der Kunst zu spalten. Die strahlende Zukunft schien ihm nun gesichert. Dann öffnete der Mensch ein Fass ohne Boden, setzte sich die Krone auf das Haupt, brach sich daraus einen
Zacken und baute für ein Schweinegeld den Teilchenbeschleuniger – ja ich meine das CERN –, um durch die Zertrümmerung von kleinsten und allerkleinsten Teilchen die chaotische Verkehrslage durch einen herbeigeführten Totalcrash zu beruhigen. Plötzlich sah der Mensch alles unscharf, relativierte Raum und Zeit. Dann krümmte er die Banane. Wer meint, dass es nun aber mal genug ist mit dem Affentheater, vergisst, dass sich der Mensch obendrauf noch den Zufall als Prinzip der Evolution erglaubte und zu guter Letzt … den Urknall vor den Anfang setzte.

So kam es, wie es kommen musste: Wir sind angekommen. Zufällig zwar, aber dennoch genau, da wo wir hingehören: in völlig durchgeknallten Zeiten.

Am Ende gut ist alles gut

Lässt sich so ein Schlamassel auflösen? Aber sicher doch. Durch Bewusstsein. So einfach? So einfach. Viel schneller noch als zähes Licht. Natürlich müssten wir uns erstmal neidlos eingestehen, dass man sich nichts Lustigeres ausdenken kann als den Materialismus, an dessen Ende die totalitäre Technokratie steht. Hat man dieses Eingeständnis erstmal erklommen und den Gipfel unverfroren hinter sich, gehts von da an nur noch unangestrengt talabwärts. Bis jetzt war unser Leben ein gespielter Witz. Wir waren die Komiker des Universums. Schnell, aber sicher kommen wir nun auf den Trichter, dass Alles, buchstäblich Alles, einschliesslich dem Ausschliesslichen, ein Tanz aus Lichtem und Leichtem ist, ein Swing aus Schwingungen, in Auen und in Feldern in allen Dimensionen. Dass alles samt und sonders in Resonanz steht zueinander oder eben nicht.

Es ist an der Zeit, die Spassbremse zu ziehen, den Harmonien des Klanges zu lauschen, sich von allen liebgewonnenen Illusionen zu verabschieden und die lange Reise in das Unbewusste anzutreten. Das Unbewusste, welches bewusst wird, wenn es ins Bewusstsein tritt. Wir haben keine Wahl. Entweder enden wir als Treppenwitz unserer Geschichte oder wir anerkennen, dass da Nichts und abermals Wiedernichts ist, welches uns hindern könnte, wieder – wie in den guten alten Zeiten – frei mit den Göttern zu tanzen. ♦

von Oliver Hepp


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