Skip to main content

Die vierte Gewalt und wir

Im Gespräch mit Christian Oesch

Der Verein WIR hat eine ehrgeizige Aufklärungs- und Protestkampagne gestartet. Im Rahmen seines «Medienboykotts» wurden zahlreiche Medienverantwortliche wegen «organisierter Kriminalität» strafrechtlich angezeigt. Wir sprachen mit WIR-Präsident Christian Oesch über das Versagen der vierten Gewalt und sein Vertrauen in die «kritische Masse».

«DIE FREIEN»: Herr Oesch, im Juni hat der Verein WIR den «Medienboykott» lanciert: Sie haben Tausende von Medienschaffenden angeschrieben und ihnen vorgeworfen, bei allen grossen Themen Manipulation zu betreiben. Sie verweisen sie auf ihre journalistischen Pflichten und fordern eine transparente, ausgewogene, wahrheitsgetreue Berichterstattung. Wie haben die Adressaten reagiert?

Christian Oesch: Wir haben zuerst mit einem rechtlichen Hinweis den Schweizer Presserat angeschrieben, die Geschäftsführerin schrieb uns formell zurück, ohne inhaltlich auf uns einzugehen. Wir hatten in den ersten 24 Stunden ein paar Medienleute und Politiker, die reagierten, aber seither absolute Ruhe, kein Ton mehr. Ich gehe davon aus, dass ein internes Memo durch die Medienlandschaft ging, das dazu auffordert, nur ja nicht über uns zu berichten.

Ausser der «Weltwoche» hat kein etabliertes Medium die Kampagne erwähnt. Wird der Medienboykott von den Medien boykottiert?

CO: Es sieht so aus. (lacht) Aber uns geht es zuallererst darum, die Medienschaffenden über ihre Pflichten und Rechte aufzuklären und aufzuzeigen, dass sie von ihren eigenen Richtlinien völlig abgekommen sind. Viele, die in den Medien aktiv sind, wissen da offenbar gar nicht Bescheid und werden durch uns vielleicht zum ersten Mal überhaupt auf den Journalistenkodex aufmerksam gemacht. Andererseits machen wir es für die Bürger, damit sie besser verstehen, was die Richtlinien der vierten Gewalt wären. Es ist Aufklärungsarbeit mit Lösungsvorschlägen.

Welche nützlichen Informationen können Sie denen vermitteln, die sich ohnehin schon von verdrossen von den Massenmedien abgewendet haben?

CO: Für viele Medienverdrossene ist es psychologische Kriegsführung, für ihr eigenes Manipuliertwerden durch Zwangsabgaben und Steuern auch noch bezahlen zu müssen. Es verursacht geradezu einen psychologischen Schmerz. Wir geben allen die Informationen an die Hand, die sie brauchen, wenn sie sich wehren wollen. Wir sagen nicht: Zahlt eure Serafe-Rechnung nicht mehr. Aber wer unsere rechtlichen Hinweise liest, ist bestens informiert. Es ist Wissen, das schützt, und hilft, sich vorzubereiten. Das motiviert die Menschen, hinzustehen und Forderungen zu stellen.

Sie haben 50 Verwaltungsräte und Geschäftsleitende des Medienhauses SRG und der Serafe, die Erhebungsstelle für die Radio- und TV-Gebühren, angezeigt, weil sie bezüglich Corona Zensur betrieben haben. Sie werfen ihnen «organisierte Kriminalität» vor.

CO: Ohne korrupte Staatsmedien und ihre Psychological Operations (PsyOps) hätten wir nie diese Plandemie gehabt, alles wäre normal geblieben. Die Medien sind die Haupttäter. Sie sind mitverantwortlich, dass Menschen in die Gen-Spritzen getrieben wurden und daran gestorben sind oder schwere gesundheitliche Schäden davontragen. Die SRG-Verantwortlichen haben mit ihrer Dauerpropaganda gegen mehrere Artikel der Bundesverfassung und des Strafgesetzbuchs verstossen. Was Serafe betrifft, ist die Schweizer Bevölkerung nie einen Vertrag mit ihnen eingegangen. Somit fehlt jede rechtliche Grundlage, um diese Gebühr überhaupt erheben zu können.

In den «rechtlichen Hinweisen» an die Medienschaffenden werfen Sie den Medien vor, eine PsyOps zu betreiben und argumentieren mit den Machenschaften von Bill Gates, der WHO, mit NATO-Propaganda und der Transgender-Agenda – ist das nicht ein sehr steiler Einstieg? Die Menschen in der Bewegung sind mit diesen Themen vertraut, aber der durchschnittliche Medienkonsument erkennt doch hier nur wieder die Schlagwörter der «rechten Verschwörungstheoretiker».

CO: Sie haben recht. Wir haben viele verschiedene Ebenen des Vorwissens. Es braucht zwar sehr wenig Eigenrecherche, um herauszufinden, dass wir schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg unter einer PsyOps standen, das ist einfach Fakt. Aber unsere Strategie ist nicht, die Mehrheit zu erfassen, sondern diese 15 bis 20 Prozent zu erreichen, die absolut die Nase voll haben, und diejenigen, die für die Covid-Referenden abgestimmt haben. Wir haben keine Zeit mehr, um den heissen Brei herumzureden, sondern wollen allen, die jetzt nach einer Lösung für ihre Situation suchen, Werkzeuge an die Hand geben. Wir machen das nicht für diejenigen, die noch schlafen und weiterhin schlafen möchten, sondern für die Leute in der Bewegung. Auch viele «Aufgewachte» sind langsam wieder am Einschlafen, denn es geht uns ja fast ein bisschen zu gut im Moment, kein Lockdown, keine Maske – aber die Zeit, wo das wieder kommt, ist sehr nahe. Darum laden wir auch alle Organisationen der Bewegung dazu ein, sich dem Medienboykott anzuschliessen.

Muss man nicht die breite Masse mobilisieren, um ein Umdenken bei den etablierten Medien bewirken zu können?

CO: Wir brauchen nicht die Mehrheit. Wenn wir auch nur zehn Prozent haben, können wir schon die ganze Sache auf den Kopf stellen. Man kennt das aus dem Militär: Bei den Spezialeinheiten hat man lieber eine kleine, schlagkräftige Gruppe, mit der kann man einen Feind schlagen, der zehnmal grösser ist als man selbst. Aber wenn wir jetzt wirklich noch etwas erreichen wollen in der Schweiz, müssen wir uns zusammenschliessen und dürfen uns nicht verzetteln, wie gewisse Leute, die jetzt zu politisieren anfangen und gegeneinander schiessen wegen einer Nationalratskandidatur. Jetzt, nach der Plandemie ins Politwesen hinein? Das verstehe ich nicht. Mit der wenigen Zeit, die uns noch übrig bleibt, ist politisch nichts mehr zu retten, das hätte man vielleicht vor 2019 noch versuchen können. Es wird in den nächsten Jahren darum gehen, der Schweiz einen Beitritt in die EU und in die NATO zu ersparen und die neue Weltordnung abzuwenden. Die Zeit des Herumplauderns haben wir hinter uns. Ich bin zwar noch in vier Initiativkomitees tätig, aber ich weiss heute, dass wir keine Chance haben, politisch überhaupt noch etwas zu erreichen. Darum setze ich mit Vollgas auf Guerilla-Konzepte.

Leben wir in einer Demokratieillusion?

CO: Ich meine, dass es auf Gemeindeebene immer noch relativ demokratisch abläuft, aber auch nur dort, wo die Bürger noch nicht völlig aufgegeben haben. Aber auf nationaler Ebene – vergiss es! Und es ist eben so: Demokratie heisst, die Mehrheit befiehlt dir, wie du zu leben hast, auch wenn sie total falsch liegt. In einer richtigen Republik dürften neue Gesetze nie im Widerspruch zu meinen individuellen Rechten stehen. Mit einer Demokratie kann man uns diese Rechte nehmen, und das wird zunehmen in den nächsten Jahren. Aber ich bin nicht bereit, mit der Mehrheit, die falsch unterwegs ist, an die Wand gefahren zu werden und in einem kommunistischen Staat aufzuwachen.

Der Medienboykott soll auch dazu anregen, dass sich mehr Leute fragen: Was hast du eigentlich zu verlieren? Wieso haben wir den ganzen Tag Angst und Panik, dass wir den Job verlieren? Dass die Betreibung oder Pfändung kommt, wenn wir die Serafe-Rechnung nicht bezahlen, und so weiter. Wir sollten langsam begreifen, dass wir alle irgendwann sterben – aber wenn dieser Transhumanismus kommt, dann ist das Leben nicht mehr lebenswert. Schauen wir nach China, dann wissen wir genau, was auf uns zukommt. Wollen wir so ein Leben? Deswegen müssen wir jetzt miteinander hinstehen und sagen: Jetzt ist die Linie überschritten, jetzt bestimmen wir, die Bürger, die Wähler, die Steuerzahler.

Vermehrt wird nun auch über schwere Nebenwirkungen der Covid-Spritze in den Mainstream-Medien berichtet. Wie deuten Sie das?

CO: Wir haben ganz interessante Entwicklungen, gleichzeitig wird immer mehr von «Long Covid» geredet – also die werden immer um den heissen Brei herumreden. Wichtig ist, dass wir das begreifen. Mir geht es darum, dass alle, die aufgewacht sind oder es noch werden wollen, so schnell wie möglich zu den Wahrheiten, zu den Fakten, zu den Quellen kommen. Ich habe über 20 Jahre intensiv über Gesundheitsthemen recherchiert und geforscht, um zu dem Wissen zu kommen, das ich jetzt vermittle. Niemand sollte sich jetzt noch jahrelang mit Recherche herumschlagen müssen, dafür reicht die Zeit nicht mehr.

Der Startschuss des Medienboykotts ist gefallen. Wie geht es weiter, was sind die nächsten Schritte?

CO: Wir haben bisher zwei Phasen umgesetzt: Zuerst die Lancierung des Boykotts, wo wir den Schweizer Presserat mit dem rechtlichen Hinweis über die Pflichten im Journalismus konfrontiert haben. Zweitens die Strafanzeige gegen alle Geschäftsführer und Verwaltungsratsmitglieder von SRG und Serafe. In einem dritten Schritt zeigen wir alternativen Vereinen und neuen Medien auf, welche Vorteile sie haben, wenn sie bei uns mitmachen. Wir werden Allianzen schmieden in der Schweiz, in Deutschland und Österreich, es wird Kundgebungen, öffentliche Debatten und virale Aktionen geben. Das wird auch mit viel Spass verbunden sein, zum Beispiel TV-Weitstoss – da geht es darum, den Fernseher zu entsorgen und zu schauen, wer ihn am weitesten wirft. Wir wollen dazu beitragen, dass die Leute ihre Abos bei der «NZZ» und beim «Tages-Anzeiger» künden und ihr Geld stattdessen in die neuen Medien investieren. Und wir wollen bewirken, dass die KMUs aufhören, bei den Leitmedien Werbung zu machen und stattdessen uns unterstützen. Denn die KMUs werden in den nächsten fünf Jahren alle bankrottgehen, wenn sie jetzt nicht aufwachen – aber dann werden sie selber schuld sein, da soll dann kein Einziger heulen.

Wenn die Leute merken, dass es immer mehr solche wie uns gibt, die hinstehen, Rückendeckung geben und zeigen, dass wir nichts zu verlieren, nur noch zu gewinnen haben, dann wird sie das motivieren. Jetzt ist das Zeitfenster, in dem wir uns noch bewegen können. Wir mit unserer Lebenserfahrung müssen das machen. Die Politiker werden das nicht tun, sie werden sich gegen uns wenden, das haben sie schon bewiesen.

In Ihrem «rechtlichen Hinweis» argumentieren Sie pedantisch mit Journalistenkodex, Strafgesetzbuch, Bundesverfassung. Ist Ihr Vertrauen in den Rechtsstaat noch dermassen intakt? Wenn die neue Weltordnung so rücksichtslos durchgeboxt wird, werden diese Paragrafen nicht mit einem Streich weggewischt?

CO: Eigentlich bräuchten wir ja nicht mehr als die zehn Gebote. Aber jetzt sind wir eben mit diesen Regeln unterwegs, und es ist sehr wichtig, dass wir jeden rechtlichen Schritt tun. Denn jeder Richter, der gegen uns Bürger einen Entscheid fällt, muss wissen, dass er zu seiner Zeit zur Rechenschaft gezogen wird. Wir müssen den Richtern eintrichtern, dass nicht einer von ihnen seine Pension geniessen wird, wenn sie uns im Stich lassen. Und manche kommen jetzt auf unsere Seite, sie nehmen unsere Aufdeckungen, Recherchen, Quellen an und entscheiden gegen das System. Beim Thema 5G, in dem sich der Verein WIR stark engagiert, zeigt sich langsam Wirkung: Gemeinden im Kanton Bern gehen strafrechtlich vor gegen Mobilfunkbetreiber, die illegal Antennen aufgeschaltet haben. Wir haben das aufgedeckt, aber es sind die Gemeinden, die jetzt dagegen vorgehen. Wir beraten sie dabei, bis hin zu Bundesgerichtsfragen. Das bestätigt: Wenn wir intelligent und geduldig vorgehen, alles aufdecken und nicht schon beim ersten Gegenwind aufgeben, können wir etwas erreichen. Und wenn die Staatsanwälte unsere Klagen nicht aufgreifen, werden wir jeden Staatsanwalt ebenfalls persönlich anzeigen. Wir werden uns festbeissen und nicht loslassen.

Können Sie auch schon Erfolge im Bereich der Medienberichterstattung vorweisen?

CO: Das Online-Portal «Relinfo.ch» hatte mich und andere als «Verschwörungstheoretiker» gelistet und wir haben den Herausgeber Georg Schmid nun dazu gebracht, das zu ändern in «Gesellschaftskritiker». «Relinfo» ist die Plattform, die die Medien benutzen, um uns diffamieren zu können. Darum haben wir uns hier auf die Ursache konzentriert, auf ihre Quelle. Nun sind Daniele Ganser, Christian Frei, Armin Schmid und viele mehr erlöst davon, als Verschwörungstheoretiker gelistet zu sein – und das ist erst ein Anfang, wir werden weiter verhandeln, dass die Lügen, die über uns verbreitet werden, verschwinden. Das zeigt doch, dass wir eine Chance haben, mit jemandem, der wirklich vom System her delegiert und Macht über uns hat, auf Augenhöhe reden zu können. Sie sehen, wenn man diszipliniert, geduldig und mit Vertrauen vorgeht und mit Fakten und Quellen die Wahrheit pusht, können Dinge passieren, die man sich fast nicht vorstellen kann. ♦

von Christian Schmid Rodriguez

***

Christian Oesch ist Präsident des Schweizerischen Vereins WIR. Zuvor war er international als Geschäftsführer, Betriebsleiter und Berater in der Gesundheitsindustrie tätig.

vereinwir.ch

medienboykott.ch

wirmarktplatz.ch


Hat dir der Artikel gefallen? Dann bestelle jetzt ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Der Erfolg von Engagement

Wozu sich aufopfern für die ignorante Masse, wenn es doch so wenig bringt? Ein paar Gedanken über die Ethik des Engagements.

Bei der diesjährigen Ausgabe der grössten Bitcoin-Konferenz der Welt («Bitcoin 2023») gab es auch eine Diskussionsrunde zum Thema Journalismus. Die Veranstaltung ist erwähnenswert, denn sie lieferte wohl die ehrlichste Auseinandersetzung der letzten Jahre mit dem aktuellen Journalismus. Geladen war unter anderem Whitney Webb, Herausgeberin von Unlimited Hangout und eine der unerschrockensten Journalistinnen unserer Zeit, die vor keinem noch so heiklen Thema haltmacht.

Ob sie denn keine Angst um sich habe, wurde sie gefragt. Nein, denn sie möchte sich nicht von denen, über die sie schreibt, ihren Gemütszustand diktieren lassen. Ihr Ziel sei es, der Welt unmissverständlich zu zeigen, was passiert, in der Hoffnung, das Schlimmste davon noch abzuwenden. Eine bemerkenswerte Aussage. Ihr Kampf mag aussichtslos wirken, der Gegner übermächtig. Schliesslich hat sie es mit Geheimdiensten, den Mainstream-Medien und Regierungen zu tun, es ist ein Kampf David gegen Goliath. Doch schon der Ausgang dieser Geschichte in der Bibel macht Mut, denn David besiegt Goliath nicht auf dessen Gebiet der körperlichen Überlegenheit; sondern er besiegte ihn auf dem Gebiet seiner Stärken: List, Treffsicherheit, Mut und Schnelligkeit.

Viele, die seit mehreren Jahren kritische Corona-Berichterstattung liefern, fragen sich vielleicht manchmal: Wofür mache ich das überhaupt? Hat kritische Information viel verändert, hat sie irgendeine Entwicklung gebremst, aufgehalten oder umgekehrt? Hat sie andere erreicht als die, die ohnehin schon gezweifelt haben? Immerhin wurde im Deutschen Bundestag sogar eine allgemeine Impfpflicht diskutiert. Die Aufarbeitung verläuft passend dazu schleppend und ist mit reichlich Nebelkerzen flankiert. Die Mehrheit der Bevölkerung glaubt vermutlich immer noch an eine gefährliche Pandemie und an den Segensreichtum von sogenannten «Impfstoffen». Aufarbeitung von Fehlern? Fehlanzeige. Kritiker werden mit Prozessen überzogen, die Täter in WHO, Gesundheitsministerien, in den Medien und der Ärzteschaft dilettieren weiter fröhlich vor sich hin, unbehelligt von der Justiz. Kein Grossverbrechen ohne Vertuschung, und diese geht weiter und wird es vielleicht auch noch eine ganze Weile. Also: alles umsonst? Mitnichten.

Wenn die Wahrheit für Mächtige gefährlich ist, zahlt der Wahrheitsüberbringer einen hohen persönlichen Preis. Niemand weiss das besser als ein Julian Assange, der Begründer und Kopf von Wikileaks, der nahezu im Alleingang in den letzten Jahren mehr an Journalistenpreisen gewonnen und Scoops veröffentlicht hat, als jedes Presseorgan der Welt. Niemand hat der Weltöffentlichkeit deutlicher das hässliche Gesicht ihrer Realität gezeigt als er. Niemand hat so gnadenlos wie er Verbrechen aufgedeckt und Mächtige blossgestellt. Die Folge davon: Keiner der Blossgestellten wurde zur Verantwortung gezogen, er selbst hingegen fristet seit über zehn Jahren ein Leben als Häftling, die letzten vier Jahre in Isolationshaft im britischen Guantánamo, dem Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Ebenfalls: alles umsonst?

Sicher: An den Umständen hat sich nichts verändert, und doch hat sich alles verändert. Denn durch die Veröffentlichungen sind die Machtstrukturen und Fehlentwicklungen offengelegt worden. Jeder, der will, kann die vielen Leaks studieren. Mit der Aufklärung beginnt ein unumkehrbarer Prozess. Denn sobald man etwas weiss, kann man es nicht mehr «nicht wissen». Selbst mit intensiver Verdrängungsarbeit kann man nur schwer hinter den eigenen Kenntnisstand zurückfallen. Damit hat Aufklärungsarbeit einen weitaus stärkeren Anker als Propaganda und Lügen. Letztere vermitteln nur eine wiederholte, zeitweise Verwirrung und Indoktrination, sie sind ein medialer Schleier. Echte Aufklärung hingegen ist eine irreversible Aufhebung des Schleiers. Es ist, als würde man durch eine schwere Tür gehen und diese hinter sich ins Schloss fallen lassen.

Erfolg ist mehr als nur eine mechanisch umgesetzte Veränderung in der Aussenwelt. Wer auf geistigem Gebiet arbeitet, sieht den Erfolg meistens nicht. Denn er oder sie arbeitet zwar an der Veränderung der Gedankenwelt, kontrolliert diesen Vorgang aber nicht. Man veröffentlicht etwas, weiss dann aber nicht, wie viele es aufnehmen oder wie sie es verarbeiten. Niemand hat Kontrolle darüber, was mit Informationen passiert. Für Assange war jede Art von Verabredung unter Mächtigen zulasten des Bürgers ein Verrat an der Demokratie. Und jede Form von Konspiration gedeiht nur im Geheimen. Wo Verschwörer Aufdeckung fürchten müssen, erhöht sich der Preis für Konspiration. Somit ist jeder wahrheitsfördernde Akt selbst schon ein Gegengewicht gegen diese Kräfte, die im Dunkeln operieren. Liegt dann aber der Erfolg nicht schon in der Tat selbst?

Erfolg und Engagement sind ungleiche Geschwister. Engagement ist keine Karrierekategorie, bei der man etwas macht, um etwas zu bekommen. Engagement ist altruistische Aufopferung des Selbst für eine höherwertige Sache. Wer sich unter allen persönlichen Risiken für einen Wert wie die Wahrheit einsetzt, macht schon dadurch etwas Wertvolles. Ebenso ist auch der missglückte Versuch, eine andere Person vor dem Ertrinken zu retten, per se wertvoll und ethisch richtig. Engagement ist Arbeit ohne Aussicht auf Entlohnung, aber mit dem Risiko von persönlichen Einbussen.

Und doch: Der Erfolg zeigt sich nicht selten in der Reaktion auf eine altruistische Tat. Dadurch, dass Julian Assange im Gefängnis sitzt, sieht die Weltöffentlichkeit exemplarisch an ihm die gebündelte Hilflosigkeit des Machtapparates. Der demokratisch-zivilisierte Westen ist auch nur eine Räuberhöhle. Die Mittel der Wahl stammen aus dem Mittelalter, heute greift der Justizapparat sogar zur modernen Version der Folter, der sogenannten «weissen» oder psychologischen Folter. Kann man tatsächlich vom Scheitern sprechen, wenn man der Realität selbst im Moment des persönlichen Misserfolgs noch die Maske vom Gesicht reisst? Wohl kaum.

Die ganze Welt sieht nun, dass Julian Assange wunde Punkte berührt haben muss, wenn sich eine ganze Apparatur gegen ihn wendet. Diese agiert unverhältnismässig hart und in vielerlei Weise ungeschickt, ein wenig mit der Kopflosigkeit desjenigen, der Angst vor Entdeckung hat. In einer Demokratie könnte man ja einfach widerlegt werden, wenn man etwas Falsches verbreitet. In manchen Fällen kann das sogar rechtliche Konsequenzen haben. Doch Assange wurde nie eine falsche Information nachgewiesen. Er wird zum Schweigen gebracht, weil er die Wahrheit sagte. Durch die unmenschliche und undemokratische Reaktion wird die Wahrhaftigkeit seiner Aussagen bestätigt, und zwar sichtbar für die ganze Welt. Die Tat eines anderen, effektiv ausgeführt, hat dazu geführt, dass sich ein ganzer milliardenschwerer Sicherheitsapparat nun die Blösse geben muss und darum kämpft, den Schein der Legalität zu wahren. Ist das nicht auch eine Form von: Macht?

Den grössten Erfolg, den gute Taten haben können, ist der, dass ihre Idee in anderen weiterlebt. Julian Assange mag in seinem Wirken gerade massiv begrenzt sein. Allein durch sein Vorbild hat er andere inspiriert und zu Nachahmern gemacht. In dem Masse, wie er zum sichtbaren Opfer der Umstände wird, vervielfältigt er sich in seinen Nachfolgern. Je mehr es davon gibt, desto schneller verändert die Welt ihr Gesicht. Der grösste Erfolg von Engagement ist vermutlich sein Vorbildcharakter für andere. Jeder kann in seinem Wirkungskreis eine kleine Lawine der Veränderung lostreten. ♦

von Milosz Matuschek

***

Milosz Matuschek ist Jurist und Publizist. Er ist Herausgeber von freischwebende-intelligenz.org und Kolumnist für die «Weltwoche». Sein letztes Buch «Wenn’s keiner sagt, sag ich’s» (Fifty-Fifty) ist 2022 erschienen.


Hat dir der Artikel gefallen? Dann bestelle jetzt ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Ich bitte zum Tanz

«Können Sie uns wenigstens Ihren Namen nennen?» Die Frage kam vom Polizisten, der den bad cop machte. Untersetzt, etwas ungepflegt, dauergenervt. Für einen kurzen Moment rang ich mit mir selbst. Irgendwann möchte ich den Weg bis zum Ende gehen. Herausfinden, was passiert, wenn man sich komplett verweigert. Schauen, was sie auffahren können, wenn man wirklich nicht mehr mitspielt; Leibesvisitation, Isolation, eingesperrt in einer kleinen Zelle, ohne zu wissen, wann es enden wird. Eines Tages werde ich die ganzen Demütigungen ertragen, weil es – seien wir doch ehrlich – der einzige Weg ist, seine Würde in der Auseinandersetzung mit dem Staat zu bewahren. Aber jetzt war ich auf dem Weg zu einem Anlass vom Liberalen Institut und draussen wartete ein Freund von mir. Der Tag war noch nicht gekommen. Ich nannte meinen Namen. Und beantwortete auch die nächste Frage nach meinem Geburtsdatum.

«Adresse?», maulte mich der bad cop an. Ruhig blickte ich ihm ins Gesicht und lächelte. «Jetzt haben Sie so einen schlauen Computer und da fragen Sie mich nach meiner Adresse? Finden Sie das gefälligst selbst heraus.»

Neben ihm stand ein zweiter Polizist, lange lockige Haare, könnte auch bei einer Reggae-Band mitspielen. Er fand die Szene eher unterhaltsam, lächelte. Der good cop. Die machen das tatsächlich. Psychospiele des Staates. Dazu gehören wohl auch die blauen Handschuhe, die der Polizist anzog, als ich von den zwei Bahnpolizisten in den Raum geführt wurde.

Mein Fehler an diesem Tag war, dass ich auf der Website der SBB ein E-Ticket gelöst hatte. Das hatte ich schon oft getan und beim Feld «Name» hatte ich stets etwas Kreativität walten lassen; ans Konzert von Roger Waters vor einigen Wochen reiste ich unter dem Namen des ehemaligen Pink Floyd-Frontmanns. Ich war aber auch schon als Donald Duck oder Johnny Cash unterwegs. Möglicherweise hatte ich damit heute zum ersten Mal Probleme, weil ich auf einen besonders eifrigen Kontrolleur stiess. Oder lag es daran, dass ich sonst immer in der ersten Klasse reise? Vielleicht werden die Menschen in der zweiten Klasse, mit denen ich und mein Freund heute nach Zürich fuhren, vom Zugpersonal anders behandelt, so quasi als Menschen zweiter Klasse?

Keine Lachfalte zierte das teigige Gesicht des Kontrolleurs, der verdriesslich mein Billett studierte. An der Stelle des Namens hatte ich heute korrekt und zutreffend «Anonymer Fahrgast» eingetragen. «Darf ich bitte einen Ausweis sehen?», fragte mich der Kontrolleur. Meine Antwort war kurz: «Nein.» Ich liebe dieses Wort.

Warum will die SBB den Namen des Reisenden wissen? Tickets aus dem Automaten sind ja auch anonym. Statt meine Fragen zu beantworten, hat mich die Pressestelle der SBB an die Branchenorganisation Alliance SwissPass weitergeleitet. Diese hält fest, dass Billetts aus dem Automaten auf fälschungssicherem Wertpapier gedruckt werden und E-Tickets personalisiert sind, um sicherzustellen, dass nur die Person, die das E-Ticket gekauft hat, es benutzt.

Das macht keinen Sinn. Auf E-Tickets ist ein QR-Code aufgedruckt. Das System der SBB würde eine Mehrfachbenutzung sofort erkennen. So verhindern andere Dienstleister Betrug; vom Konzertveranstalter im Hallenstadion bis zum Dorftheater Hinterguggisberg. Funktioniert tadellos. Meine diesbezügliche Rückfrage liess Alliance SwissPass unbeantwortet. Es geht der SBB offensichtlich um etwas anderes: Um Daten. Bereits heute werden Passagiere von der SBB mit über 700 Kameras in den Bahnhöfen gefilmt. Dazu kommen die Kameras in den Zügen. Und künftig will die SBB «das Pendlerverhalten» noch genauer erfassen: Mit Gesichtserkennungskameras.

Ich hatte mich getäuscht, als ich dachte, dass das verdriessliche Kontrolleurgesicht nicht noch verdriesslicher werden könnte. Wenn ich keine ID zeige, werde er jetzt die Bahnpolizei rufen, drohte der Kontrolleur. «Dann machen Sie das doch. Von mir erhalten Sie keinen Ausweis. Ich habe ein Billett bezahlt und sehe keinen Grund, mich auszuweisen.»

Am Hauptbahnhof in Zürich standen die beiden Bahnpolizisten bereit. Beim Aussteigen begrüssten sie mich mit einem energischen «Guten Tag», das mich offensichtlich hätte einschüchtern sollen. Zu ihrer Überraschung ging ich an ihnen vorbei meines Weges, ohne Eile und gänzlich unbeeindruckt von den tätowierten Armen in der schicken Uniform.

«Halt! Halt!», riefen sie mir überrascht nach, «können Sie bitte mal stehen bleiben?». Konnte ich nicht, ich ging gemütlich weiter meines Wegs. Stehen blieb ich erst, als mich der Polizist physisch daran hinderte, weiterzugehen. Dazu musste er sich vor mich stellen und seine Hand gegen meine Brust drücken. Da war es also wieder: Das Gewaltmonopol, das es erlaubt, mit physischer Gewalt gegen friedliche Menschen vorzugehen.

«Was fällt Ihnen ein, mich aufzuhalten?», fragte ich den Bahnpolizisten. «Ihren Ausweis, bitte», antwortete der Polizist. Da er die Hand senken liess, setzte ich wortlos und gemütlich meinen Weg fort. «Halt, bleiben Sie stehen!», riefen mir die beiden erneut nach, holten mich schnell ein und hielten mich an den Armen fest.

Um es kurz zu machen: Auch die beiden Bahnpolizisten sahen keinen Ausweis von mir und führten mich deshalb auf den Polizeiposten, wo auch die Kantonspolizisten vergeblich einen Ausweis von mir forderten. Mir hat das ganze Spektakel ziemlich Spass gemacht und ich darf mir zugutehalten, dass ich mit der Aktion Steuergelder verschwendet habe. So kann der Staat mit dem Geld nichts Dümmeres tun, was mich ein bisschen vom schlechten Gewissen entlastet, das ich aufgrund meiner feigen Steuerzahlung immer mit mir herumtrage.

Es geht aber um eine ernste Sache. Die Schlinge, die der Staat um unseren Hals legt, zieht sich immer enger zu. Anonymität erschwert die Durchsetzung staatlicher Regeln, weshalb sie komplett abgeschafft werden soll. Die Zukunft liegt klar und deutlich vor uns: Nur wer über die gerade erforderlichen Gesundheitszertifikate verfügt und einen ausreichenden Kontostand in seinem CO₂-Budget hat, kann sich bewegen, mit seinem digitalen Zentralbankgeld kaufen, was der Staat zulässt und verkaufen, was die Behörden bewilligt haben. Oder anders ausgedrückt: «Denn es wird niemand kaufen oder verkaufen können, es sei denn, er habe das Malzeichen, den Namen des Tiers oder die Zahl seines Namens.»

Eine Chance, uns all dem zu entziehen, besteht darin, uns ganz einfach zu widersetzen. Dazu braucht es gar nicht so viel, wie meine Reise nach Zürich zeigt. Ich erhalte womöglich eine Busse; ob ich die bezahlen werde, mache ich davon abhängig, ob ich dann noch gute Energie und Freude an der Auseinandersetzung habe. Es ist gar nicht nötig, verbissen zu werden. David Icke propagiert den «Non-Comply Dance». Also den Ungehorsamstanz; der lässt sich mit Lebensfreude tanzen, mit Freude und Spass an der Sache. Und selbstverständlich sollten wir immer die sein, die keine Gewalt anwenden, denn das ist genau der Punkt, in dem wir uns vom Staat und seinen Vasallen unterscheiden – ob es nun Bahnkontrolleure, Bahnpolizisten oder Kantonspolizisten sind. Ich bitte also zum Tanz.

Künftig jedenfalls werde ich meine Tickets am Automaten erstehen. Das ist ja eine praktische Lösung, und so kann ich weiterhin anonym reisen. Und zwar genau bis ins Jahr 2035. Dann werden die Billettautomaten an Bahnhöfen und Bushaltestellen abgeschafft; sie sind angeblich zu teuer. Die Schlinge wird sich dann nochmals zuziehen, wie die Alliance SwissPass bestätigt: «Wer dann Zug oder Bus fahren will, muss sein Ticket digital kaufen.» ♦

von Michael Bubendorf


Hat dir der Artikel gefallen? Dann bestelle jetzt ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Den steilen Hang aufwärts

Im Gespräch mit Philipp Kruse

Rechtsanwalt Philipp Kruse unterstützt sechs Impfopfer, die durch die Zulassungsbehörde Swissmedic und impfende Ärzte geschädigt wurden. Er sprach mit uns über die neusten Erkenntnisse im Fall, über Grundrechte, den Pandemievertrag und Hoffnungsschimmer.

«DIE FREIEN»: Was ist der aktuelle Stand der Strafanzeige gegen die Swissmedic-Verantwortlichen?

Philipp Kruse: Zur Strafanzeige muss man wissen, dass sie aus zwei Ebenen besteht: Es ist in der Hauptsache eine Strafanzeige von sechs betroffenen Impfopfern. Diese klagen einerseits gegen die Verantwortlichen der Zulassungsbehörde Swissmedic: wegen der rechtswidrigen Zulassung neuartiger mRNA-Substanzen unter Verletzung zentraler Sorgfaltspflichten gemäss Arzneimittelgesetz, inklusive ohne eine risikoadäquate Pharmakovigilanz aufzugleisen, die ein verlässliches Bild ermöglicht hätte über die tatsächlichen Schäden; und weil Swissmedic die Öffentlichkeit unmittelbar getäuscht hat in diesem Zusammenhang. Durch diese Rechtsverletzungen wurden meine Mandanten geschädigt. Geschädigt wurden die Opfer natürlich auch durch den Vorgang der Injektion durch die Ärzte, die ihnen nicht alle erforderlichen Informationen gegeben haben, um sich eine freie Meinung bilden zu können. Darum ist es gleichzeitig auch eine Strafanzeige gegen die impfenden Ärzte. Das ist die zweite Ebene.

Neu ist, dass wir mittlerweile wissen, dass in der Strafanzeige gegen die impfenden Ärzte die Zuständigkeit jeweils einer kantonalen Staatsanwaltschaft akzeptiert wurde. In einem ersten Verfahren, für welches der Kanton Bern zuständig ist, haben wir bereits einer ersten Einvernahme beigewohnt. Dort gewannen wir den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft die Sache sehr ernst nimmt. Die Zuständigkeit im Hauptverfahren ist jedoch noch nicht geklärt. Wir sehen die grössten Chancen, eine Zuständigkeit zu begründen mit dem Vorwurf, dass Swissmedic mit Urkunden über die tatsächliche Natur dieser Substanzen getäuscht hat – sowohl bezüglich der Wirksamkeit als auch der Sicherheit. Wir haben jetzt sehr viel mehr Arbeit investiert, um beweisen zu können, dass Swissmedic die Öffentlichkeit systematisch und qualifiziert getäuscht hat. Weil Swissmedic von Gesetzes wegen die höchste Autorität im Lande ist, hat das strafrechtliche Relevanz. Wir sind der Auffassung, dass dadurch Menschen zu Schaden gekommen sind, und dass man die Zulassung auch nicht gestoppt hat, als die Schädlichkeit der mRNA-Substanzen längst der ganzen Welt bekannt war. Die Strafanzeige bezweckt ausserdem, einen gesamtgesellschaftlichen Überprüfungs- und Korrekturprozess in Gang zu setzen. Denn wenn wir das nicht tun, wird sich das Ganze beim nächsten Mal wiederholen …

von Christian Schmid Rodriguez


Du möchtest den ganzen Artikel lesen? Dann bestelle jetzt die 06. Ausgabe oder gleich ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Herr Najadi, ich habe Fragen

Was ist dran an der Klage gegen Pfizer Inc. vor dem NY Supreme Court? Wird die Strafanzeige in der Schweiz gegen Alain Berset von der Staatsanwaltschaft wirklich verfolgt? Hat Pascal Najadi tatsächlich etwas mit dem «Pandemie-Ende» in den USA zu tun? Rechtsanwältin Viviane Fischer hat Fragen.

Najadi hat am 13. Dezember 2022 gegen den amtierenden Schweizer Bundespräsidenten und Innenminister Alain Berset Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs eingereicht. Najadi wirft Alain Berset vor, die Unwahrheit gesagt zu haben, weil dieser entgegen offiziellen Feststellungen aus seinem eigenen Bundesamt für Gesundheit (BAG; Virginie Masserey: «Auch Geimpfte können das Virus weiterüberrtragen.») kurz vor der Abstimmung über die Einführung des Impfzertifikats in einer Livesendung des Schweizer Fernsehens die Aussage tätigte: «Mit dem Zertifikat kann man zeigen, dass man nicht ansteckend ist.»

Am 6. Februar 2023 hat Najadi in einem Artikel bei Global Research behauptet, dass die Bundesanwaltschaft schon ein Verfahren gegen Bundespräsident Berset eröffnet habe («To everyone’s surprise, the Attorney General of Switzerland has decided to launch an investigation into the President – the first, of a sitting head of state – over their ‹vaccine› policies.»). Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit.

Am 9. März 2023 hat die Bundesanwaltschaft befreundeten Journalisten mitgeteilt: «Seitens Bundesanwaltschaft bestätigen wir den Eingang einer Strafanzeige in diesem Zusammenhang. Die Strafanzeige wird zurzeit durch die Bundesanwaltschaft geprüft. Wie immer gilt die Unschuldsvermutung. Einordnend halten wir fest: Der Eingang einer Strafanzeige ist nicht gleichzusetzen mit der Eröffnung eines Strafverfahrens. Die Prüfung der Strafanzeige durch die Bundesanwaltschaft wird ergeben, ob Bundeszuständigkeit gegeben ist und ob ein hinreichender Tatverdacht besteht (Art. 309 StPO). Darauf basierend wird entweder kein Strafverfahren eröffnet und eine entsprechende Nichtanhandnahme (Art. 310 StPO) verfügt, ein Strafverfahren eröffnet oder die Bundesanwaltschaft kann das Verfahren auch an eine andere zuständige Stelle weiterleiten, z.B. wegen fehlender Bundeszuständigkeit an einen Kanton.»

Najadi hat immer wieder öffentlich verkündet, dass es seine Anzeige gewesen sei, die das Pandemie- und Massnahmengeschehen in der Schweiz, in Deutschland und England zum Erliegen gebracht habe. Eine Anzeige, die von der Behörde drei Monate nach Eingang noch in aller Seelenruhe geprüft wird, kann auf keinen Fall die von Najadi behauptete extreme Durchschlagskraft auf das Massnahmengeschehen entfaltet haben, das alle anderen juristischen Aktivitäten nicht gehabt haben. Ich weiss nicht, ob Najadi selbst an eine Kausalität seiner Anzeigenerstattung für das Ende der Massnahmen glaubt oder ob er dies nur behauptet, weil es sich gut anhört. Genau so gut oder besser könnte man das Massnahmenende an der 400 Seiten starken Strafanzeige von Rechtsanwalt Philipp Kruse im Juli 2022 gegen die Swissmedic festmachen, die allerdings auch nicht die Aufnahme von Ermittlungsarbeiten nach sich gezogen hat.

Najadi stellt es weiter so dar, als habe sich US-Präsident Joe Biden einem von ihm erwirkten Urteil vor dem New Yorker Supreme Court beugen müssen, als er die Resolution H.J.Res.7 unterzeichnet hat, die das Ende der Pandemie einläutete. Auf seiner neuen Website nmp.associates hat Najadi die Resolution unter dem Stichwort «Positive Ergebnisse» verlinkt.

Es findet sich dort die kryptische Formulierung: «Der Oberste Gerichtshof von New York hat einen Kläger angewiesen, eine einstweilige Verfügung (TRO) zu notifizieren. Der NY SUPREME COURT und Pfizer Inc. wurden über eine TRO informiert. Am 10. April 2023: Präsident Biden beendete EO 14042 (den nationalen Notstand) ZWEI TAGE nach Benachrichtigung des NY SUPREME Court.»

Es gibt aber gar kein Urteil, in dem Joe Biden aufgegeben wird, den nationalen Pandemiestatus zu beenden, erst recht keines, das Najadi erwirkt hätte. Die Unterschrift von Joe Biden unter die H.J.Res.7 hat demgemäss nichts mit Najadi oder mit der ihn angabegemäss unterstützenden Ana McCarthy zu tun.

Von McCarthy hat Najadi zunächst behauptet, dass sie eine hoch kompetente US-Rechtsanwältin sei. Nach eigener Darstellung ist sie jedoch eine Übersetzerin, die eine Zeit lang Jura studiert hat und in Panama eine Lizenz hält – was das für eine Lizenz ist, bleibt unklar.

Najadi schmückt sich unter anderem in seinem Twitter-Podcast auch mit der fremden Feder, den Impfzwang der SWISS gegenüber den Schweizer Piloten durch Gerichtsverfahren beendet zu haben. Es sind aber in Wahrheit die Rechtsanwälte Therese Hintermann und Philipp Kruse, welche diverse Klagen im Namen von Schweizer Flugpersonal eingereicht haben. Najadi ist an diesen Klagen nicht beteiligt. Er hat sie auch nicht finanziert. Die Impfzwangaufhebung bei den Piloten hat nichts mit irgendwelchen Urteilen zu tun, insbesondere nicht mit solchen, die Najadi erstritten hätte.

McCarthy hat in eigenem Namen und ohne anwaltliche Vertretung in New York mehrere Klagen gegen die Pfizer Inc. eingereicht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung.

Eine dieser Klagen ist vom Gericht des Southern District of New York allerdings am 14. November 2022 als «frivolous» also «leichtfertig» zurückgewiesen worden, was sich in der deutschen Rechtssprache am besten mit «rechtsmissbräuchlich» übersetzen lässt. McCarthy fehle die Klagebefugnis, führt das Gericht aus. Sie bräuchte zumindest einen panamaischen Kläger, der durch die Missachtung der angeblichen panamaischen Gerichtsanordnung durch Pfizer geschädigt wurde.

Die Klage, in die Najadi einbezogen sein soll und die er öffentlich als die Klage benennt, für die er um Spenden bittet, wurde von McCarthy wieder in eigenem Namen erhoben. Erneut ist sie nicht anwaltlich vertreten. Von der Klage findet sich im Netz nur ein handschriftlich ausgefülltes Formular zur Einreichung. Auf Rückfragen gegenüber Najadi und McCarthy wollten diese ausser dem auf der Website ausgewiesenen Statusreport vom Gericht keine weiteren Dokumente – etwa eine Klageschrift – vorlegen. Sie gaben auch keine Erklärung ab, wie Najadi Partei dieses Gerichtsverfahrens geworden sein soll.

Wenn man in die Suchmaske des New York Supreme Courts den Namen von Pascal Najadi als Kläger («Plaintiff») eingibt und bei dem Punkt «Return only Cases with Future Appearances» das Kästchen «No» anklickt, erscheint die Information, dass zu diesem Namen keinerlei Klagen anhängig sind. Gibt man Pfizer als Gegner ein («Defendant»), so erscheint eine ganze Liste von Rechtsstreitigkeiten. Es ist also keineswegs so, dass die Klagen von McCarthy (und gegebenenfalls Najadi) die einzigen gegen die Pfizer Inc. sind. Auffällig ist aber, dass die Klagen von McCarthy die beiden einzigen ohne anwaltliche Vertretung sind.

Najadi hat in einem Twitter-Post nun ausgeführt, dass er 500´000 US-Dollar für Rechtsanwälte und nicht näher spezifizierte Ausgaben benötige.

Wofür wird aber eine halbe Million Dollar benötigt, wenn McCarthy gar nicht von Anwälten vertreten wird? Hierzu machen Najadi und McCarthy ganz unterschiedliche Angaben. Najadi führt aus, den Umzug von McCarthy in die USA finanziert zu haben und diese Umzugskosten nun über Spenden wieder reinholen zu wollen. Er hat mir gegenüber weiter ausgeführt, dass man Anwälte habe anheuern müssen, um die Namen und die Reputation von ihm und McCarthy zu schützen. McCarthy hat mir mitgeteilt, dass sie aus vorgängigen Verfahren Anwaltskosten in Höhe von mindestens 100´000 US-Dollar noch nicht ausgeglichen habe. Handelt es sich dabei möglicherweise um Kosten auch für das Verfahren, das das New Yorker Gericht gerade als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat? All dies ist in jedem Fall aber nicht, was Najadi und McCarthy der Öffentlichkeit kommunizieren. Dort wird mitgeteilt, dass die Unterstützer die aktuelle Klage Index-Nummer 100917/2023 finanzieren sollen. Welche Kosten für die anwaltslos eingereichte Klage überhaupt entstanden sind, ist unklar.

Najadi und McCarthy behaupten, dass ihr Rechtsstreit (welcher der mindestens zwei aktiven Klagevorgänge das nun ist, hat sich mir nicht erhellt) für 90 Tage vom Gericht «versiegelt» worden sei. Dies sei der Grund dafür, dass sie keine Unterlagen vorlegen könnten. Najadi und McCarthy haben öffentlich mitgeteilt, dass sie unter Polizeischutz stünden, unter anderem wegen Drohanrufen von Behördenseite. Einen Beleg für die «Versiegelung» der Unterlagen und für die gerichtliche Anordnung des Polizeischutzes haben sie nicht übermittelt. Ich frage mich, warum Najadi trotz seiner behaupteten Gefährdungslage aktuell auf Veranstaltungen vor Hunderten von Teilnehmern spricht, ohne dass sein Polizeischutz aufgefallen wäre. Und ich frage mich auch, warum er und McCarthy die einzigen zwei Kläger gegen Pfizer sein sollen, die unter Polizeischutz stehen, wenn zum Beispiel in Deutschland Rechtsanwalt Tobias Ulbrich Hunderte von Covid-19-Impfstoffopfern gegen alle Impfstoffhersteller (Pfizer, Moderna usw.) ohne jeglichen Polizeischutz vor Gericht vertritt und auch seine Kläger offensichtlich ohne Polizeischutz auskommen. Diese Fragen habe ich auch Najadi und McCarthy gestellt. Eine Antwort sind die beiden mir schuldig geblieben.

Ich möchte Najadi und McCarthy hiermit öffentlich auffordern, für vollständige Transparenz hinsichtlich ihrer öffentlich vorgestellten, juristischen Aktivitäten zu sorgen, insbesondere soweit diese auch noch von einem Spendenaufruf begleitet sind. Ich habe aktuell viel mehr Fragezeichen als Antworten und werde hinter die Angelegenheit nicht so schnell einen Punkt setzen. ♦

von Viviane Fischer

***

Viviane Fischer ist Rechtsanwältin, Volkswirtin, Gründerin und Chefredakteurin von 2020news. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde sie als Gründerin und Leiterin des «Corona-Ausschusses».


Hat dir der Artikel gefallen? Dann bestelle jetzt ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Gegendarstellung von Pascal Najadi zu unserem Artikel «Das Najadi-Phänomen»

Sehr geehrte Frau Würgler,

Hiermit möchte ich meine Gegendarstellung zu dem von Ihnen als Verlegerin verfassten und publizierten Artikel mit dem von Ihnen gewählten abenteuerlichen Titel „Das Najadi Phänomen“ den Sie am 13. März 2023 in Ihrer Publikation www.diefreien.ch veröffentlicht haben, zur sofortiger online und print Publikation freigeben. Um das hier gleich vorwegzunehmen, bin ich von der Art und Weise Ihrer Wortwahl Ihres Artikels, gelinde gesagt, sehr enttäuscht.

Sie haben mich mehrmals darum gebeten, Ihnen ein Interview zu geben zum Thema „Strafanzeige“ und wie Sie das für Ihre Leser interessant fänden. Ich habe mein Wort gehalten und Ihnen das Interview gewährt, so wie abgemacht. Jetzt haben Sie aber mit Ihrem Kollegen Herrn Bubendorfer das ganze Thema so stark dermassen dramatisiert und aus dem Kontext gerissen dargestellt, dass es schon an Character Assassination grenzt, was Sie sich hier geleistet haben. So ein reisserischer und fast schon verleumdischer Schreibstil hat wohl dem sonst noblen Charakter Ihrer Bewegung „Die Freien“ nicht viel zu tun. Was wollten Sie damit erreichen? Ging es Ihnen hier um Klick-Baits? Man fragt sich schon ernsthaft, was Ihnen hier wirklich am Herzen lag.

An dieser Stelle möchte ich, so wie ich es immer und in allen Interviews klar betone, darauf hinweisen, dass für Präsident Alain Berset die Unschuldsvermutung gilt. Ich habe so auch nicht, sicher nie bewusst, betont, dass ein Verfahren eingeleitet worden sei. Ganz im Gegenteil, ich verweise immer nur darauf, dass ich unserer Schweizer Justiz voll vertraue, dass sie unabhängig ihren Job macht und dass man auf keinen Fall Druck in irgendeiner Weise ausüben sollte und darf. Abschliessend bin ich der Meinung, dass Sie sich mit diesem Artikel journalistisch und ethisch selbst versenkt haben. Schade.

Ich dachte „Die Freien“ seien wirklich Frei. Leider haben Sie jetzt das Gegenteil bewiesen. Sie, „Die Freien“, scheinen durch Ihren Artikel eher davon besessen zu sein, vom Sensations-Journalismus zu profitieren. Ich bitte Sie, diese Gegendarstellung nun auch auf all den Social Media Kanälen zu posten, wo Sie auch den Artikel gepostet haben. Bitte schalten Sie jetzt diese Gegendarstellung sofort und unzensiert auf. Ich bitte Sie höflich darum, mir darüber Bericht zu geben. Besten Dank.

Mit freundlichen Grüssen, Pascal Najadi

Anmerkung der Redaktion: Der obige Text wurde ohne Änderungen oder Korrekturen der Redaktion veröffentlicht, um dem Wunsch des Autors nach unzensierter Veröffentlichung zu entsprechen. Die Redaktion steht zu ihrer Darstellung.


Hat dir der Artikel gefallen? Dann bestelle jetzt ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Das Najadi-Phänomen

Das lange geplante Interview soll nicht stattfinden können. Najadi hat es kurzfristig abgesagt. Keine Chance. Er stehe unter Personenschutz der Regierung: «24/7 Bodyguards». Hastig verabschiedet sich Pascal Najadi und beendet das Telefonat.

Das Interview sollte Grundlage sein für einen Bericht in unserer Zeitschrift. Tagelang haben wir uns vorbereitet, sind in die Geschichte von Pascal Najadi eingetaucht, sind fasziniert von seiner Persönlichkeit, entdecken aber auch Ungereimtheiten. Im Interview wollten wir herausfinden: Wer ist Pascal Najadi, der Mann, der in vielen alternativen Medien rückhaltlos gefeiert und von den Massenmedien mit freundlicher Zurückhaltung und Respekt behandelt wird?

Impf-Massenmord. Bill Gates. Klaus Schwab. WEF. 5G. Gain of Function. WHO-Firma. 5G-Nanopartikel. In den Videos, die alle online zu finden sind, lässt Pascal Najadi kein heikles Thema aus – im Gegenteil –, er redet Klartext: Den Pandemiepakt der WHO bezeichnet er als Putsch gegen die Demokratie. Pfizer sei kriminell und das BAG habe uns systematisch belogen. Der «Impfstoff» sei eine tickende Zeitbombe.

Nichts davon ist neu. Solche Ansichten werden seit Langem vertreten, und viele davon gut begründet. Doch Pascal Najadi fällt auf. Einerseits kreuzt sein Lebensweg immer wieder die grossen Ereignisse der Weltgeschichte. Über sein Leben liessen sich ganze Bücher schreiben: über Wirtschaftskriminalität, Korruption, ja sogar über Geheimdienste, Flucht aus Gefangenschaft und Spionage. Auch die Stationen seines Lebens lesen sich wie ein James-Bond-Roman: Vietnam, London, Moskau. Und dann ist da der grosse Zuspruch, der dem Investmentbanker von allen Seiten zufliegt.

Keine Frage: Najadi macht Eindruck. Dieser Faszination möchten wir auf den Grund gehen.

Wir versuchen es noch einmal, rufen bei Pascal Najadi an, fragen, ob wir wenigstens ein Interview per Zoom führen können und erhalten die Zusage. Hastig passen wir unsere Vorbereitungen den sich neu eröffneten Begebenheiten an. Unsere erste Frage wird sein: Wie viel Zeit hast du für uns?

Wir vereinbarten ein virtuelles Treffen in 30 Minuten. Anderthalb Stunden später erscheint sein Gesicht auf unserem Screen. Wir sind nervös. Najadi scheint gestresst zu sein. Eine halbe Stunde habe er Zeit für unser Interview. Er leitet uns an, einen Text, den er uns schickt, exakt so zu verwenden, um das Video anzukündigen. Wir sind überrumpelt. Auf ein Videointerview, das veröffentlicht wird, haben wir uns vor dem Gespräch nicht geeinigt. Als Najadi den Aufnahmeknopf drückt, haben wir bereits eine halbe Stunde gesprochen, die kritischsten Fragen hatten wir bereits gestellt. Es wird ein seltsames Video, Najadi wird es einige Stunden später löschen. Im veröffentlichten Interview wirkt Najadi gefasster als im Vorgespräch. Das zuvor dominant auftretende Gegenüber wandelt sich zum umgänglichen Typ. Nur wenn wir auf seine Empfindungen zu sprechen kommen, wird er wieder unwirsch. «Was sind denn das für Fragen?», herrscht uns der frühpensionierte Investmentbanker an, nachdem wir uns danach erkundigten, ob er sich betrogen fühle. Er möchte uns erklären, welche Verbrechen im Gange sind – wir würden gerne auf Hintergründe eingehen. Ein richtiges Gespräch kommt nicht in Gang.

Als im Oktober letzten Jahres eine Pfizer-Direktorin bestätigt, dass der «Covid-Impfstoff» nicht auf Schutz vor Weiterverbreitung des Virus getestet wurde, geht der «geimpfte» Najadi zur Polizei. Auf dem Posten in der Nähe seiner Wohnung in Luzern erstattet er Anzeige gegen Bundesrat Berset und geht damit an die Öffentlichkeit. Der Mann, der nach eigenen Angaben zuvor der Regierung und dem Gesundheitsminister vollumfänglich vertraut hat, läuft plötzlich auf allen Kanälen. 20 Minuten berichtet, Nebelspalter, Weltwoche, und auch international findet er grosse Beachtung. Auf der kanadischen Website Global Research erscheint ein Artikel über die Strafanzeige gegen den «President of Switzerland». Einer der Autoren: Pascal Najadi.

Der entscheidende Punkt bei dieser Strafanzeige ist, ob die Bundesanwaltschaft eine Untersuchung einleitet. Erst wenn das geschieht, kommt Bundesrat Alain Berset unter Druck. Wenn die Bundesanwälte auf Nichtanhandnahme entscheiden, dann bleibt die Strafanzeige wirkungslos. Dann wäre Pascal Najadi ein Mann, der auf den Polizeiposten ging und eine Anzeige erstattete. Eine coole Aktion, ohne Zweifel, aber juristisch und politisch irrelevant. Da scheint es erfreulich, dass Autor Najadi auf Global Research bestätigt: «Zur Überraschung aller hat der Schweizer Bundesanwalt beschlossen, eine Untersuchung gegen den Bundespräsidenten einzuleiten – die erste gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt – wegen ihrer ‹Impfstoff›-Politik.»

Das Problem bei Najadis Aussage: Sie ist nicht wahr.

Unsere Recherchen haben ergeben, dass bisher kein Strafverfahren eröffnet wurde, dass eine Nichtanhandnahme möglich ist und «der Eingang einer Strafanzeige nicht gleichzusetzen ist mit der Eröffnung eines Strafverfahrens». Dies teilte uns die Bundesanwaltschaft auf Anfrage schriftlich mit.

Im Gespräch mit Najadi haken wir zu seiner Aussage auf Global Research nach:

«DIE FREIEN»: Hat der Bundesanwalt ein Verfahren eingeleitet?

Pascal Najadi: Ja, sicher.

«DIE FREIEN»: Wir haben die Bundesanwaltschaft angefragt und die sagen, sie haben kein Verfahren eingeleitet.

Pascal Najadi: Ich habe nicht gesagt, dass es eingeleitet ist.

«DIE FREIEN»: Doch, das haben Sie eben gesagt.

Zwar betont Najadi, dass er eine Fallnummer erhalten habe und mit der Staatsanwaltschaft in regem, schriftlichem Kontakt stehe. Doch seine Aussagen, dass ein Verfahren eingeleitet wurde, sind falsch.

Das sind keine juristischen Details, mit denen sich Najadi im weiteren Verlauf des Gesprächs herauszuwinden versucht. Ob ein Verfahren eröffnet wurde oder nicht, macht den Unterschied. Entweder es bleibt eine coole Aktion auf dem Polizeiposten in Luzern, oder es wird eine Staatsaffäre, die die politische Karriere eines amtierenden Bundesrats beenden könnte. Doch entschieden ist das entgegen Najadis Beteuerungen bis heute nicht.

Natürlich ist es nicht Pascal Najadi anzulasten, wenn die Bundesanwaltschaft entscheiden sollte, kein Verfahren zu eröffnen. Aufmerksamen Beobachtern ist das Scheitern der Gewaltentrennung nicht erst in den letzten Jahren aufgefallen; staatliche Organe halten zusammen. Ob sich mit den Mitteln des Systems eine politische Aufarbeitung und juristische Konsequenzen herbeiführen lassen oder nicht, liegt nicht in der Verantwortung von Pascal Najadi. Aber er ist verantwortlich dafür, wahrheitsgemäss zu berichten, wenn er über den Stand seiner Strafanzeige informiert.

Die virtuelle Begegnung mit Pascal Najadi lässt uns aufgewühlt zurück. Auf uns wirkt er sprunghaft und ängstlich, zuweilen fast panisch, er raucht eine Zigarette nach der anderen. Zweimal hält er während des Gesprächs eine Pistole in die Kamera. Überall in seinem Haus seien Bodyguards, 24/7. Staatlicher Personenschutz, angeordnet von den amerikanischen Behörden! Wir können das nicht unabhängig überprüfen. Seit der Ermordung seines Vaters vor bald zehn Jahren nehme er starke Psychopharmaka. Man sieht, dass es dem Mann nicht gut geht.

Wir glauben nicht, dass Pascal Najadi böse Absichten hat, im Gegenteil. Er hat die Wahrheit entdeckt, der ganze Betrug hat sich innert weniger Tage vor seinen Augen entfaltet. Das lässt ein ganzes Weltbild zusammenstürzen. Er nimmt einen ehrenwerten Kampf auf, gegen die WHO, gegen die Pandemisten und die Globalisten. All dies spricht für Pascal Najadi. Er kämpft tatsächlich für das Gute. Im Gespräch relativiert er eine zuvor getätigte Aussage, dass er die Menschheit retten wolle, das seien nicht ganz die richtigen Worte gewesen. Aber es ist klar, der Mann hat eine Mission und er meint es gut.

Diese guten Absichten kommen auch im «Tribunal» vom 26. Februar 2023 zum Ausdruck, das sich auf Naturrecht und «Common Law» beruft. Das vollständige Video konnten wir nicht mehr finden, es wurde offenbar auf allen Kanälen gelöscht. Auf Twitter ist noch ein Auszug zu finden, den Pascal Najadi auf seinem Telegram-Kanal geteilt hatte. In diesem Auszug ist zu sehen, wie Najadi als «ehrenwerter Richter» mit weiteren Teilnehmern ein Urteil spricht. Im Videobeschrieb findet sich eine Liste der prominenten «Verurteilten» dieses Tribunals: Der chinesische Präsident Xi Jinping, der UN-Generalsekretär António Guterres, der französische Präsident Macron, Angela Merkel, Boris Johnson, Klaus Schwab, Anthony Fauci, Bill Gates und viele weitere Politiker und Funktionäre sollen aufgrund des Urteilsspruchs von Pascal Najadi und den weiteren ehrenwerten Richtern von Militär und der Polizei weltweit verhaftet werden. Najadi selbst wird im von ihm geteilten Beschrieb wie folgt zitiert: «Sie werden alle so schnell wie möglich verhaftet werden. Das Militär und die Strafverfolgungsbehörden auf der ganzen Welt bereiten sich auf diesen Fall vor.»

Solche Mittel, mit denen diese Menschen ihre guten Absichten verfolgen, erinnern schmerzhaft an die Psyop QAnon. Als wir im Gespräch kritisch rückfragen, distanziert sich Najadi. Er wisse nicht, ob die Aussage des von ihm geteilten Videobeschriebs stimmt. Ob der Polizei- und Militärapparat nun zur Tat schreiten und die Verhaftungen vornehmen wird, will er im Gespräch nicht mehr bestätigen.

Das Naturrecht, auf das sich dieses Tribunal beruft, ist genauso ein Schlüssel zur Freiheit wie die Selbstermächtigung. Wir brauchen in der Tat nicht auf staatliche Richter zu warten. Das sind ehrenwerte und noble Gedanken. Doch die Irreführung beginnt bei der Behauptung, dass Polizei und Militär das Urteil eines solchen Tribunals umsetzen werden. Das entspricht schlicht nicht der Realität.

Nachdem Najadi das Gespräch mit uns auf der Videoplattform Rumble veröffentlicht, erreichen uns Reaktionen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. «Das schlechteste Interview, das ich je sah», lautete ein Verdikt. Ein «Verhör» sei das gewesen und «der Sache nicht dienlich». Wir seien schulmeisterhaft mit ihm umgegangen und in Grossbuchstaben: Wir hätten uns bei ihm zu entschuldigen.

Andere bedankten sich, dass Pascal Najadi endlich die kritischen Fragen gestellt wurden, die sie selbst schon lange beantwortet haben wollten. Dialoge mit den Kritikern des Interviews offenbarten interessante Einsichten. Wir zeigten ihnen auf, dass wir unsere Rolle als Journalisten so verstehen, dass wir bei Ungereimtheiten nachfragen und eine kritische Distanz auch zu jenen Menschen halten, deren Ansichten wir teilen. Wird denn kritischer Journalismus nur bei den «richtigen» Gesprächspartnern erwartet? Fühlen wir uns der Wahrheit nicht mehr verpflichtet, wenn jemand scheinbar «das Richtige» tut? Und kann man das Richtige tun, wenn man von der Wahrheit abweicht? Bis zum Ermüden haben wir in den letzten Jahren das vermeintliche Orwell-Zitat gehört, wonach Journalismus bedeutet, etwas zu bringen, von dem andere wollen, dass es nicht veröffentlicht wird, und alles andere sei PR. Gilt das nicht immer und bei jedem Thema?

Im Dialog erkannten Kritiker unsere Beweggründe, dem Phänomen Najadi auf den Grund gehen zu wollen. Ohne Agenda, ohne persönliche Antipathie fühlen wir uns einzig und allein der Wahrheit verpflichtet. Denn wie Karl Jaspers schon sagte: «Freiheit ist allein durch Wahrheit möglich.»

Eine Kritikerin antwortet nach einer Diskussion: «Ihr nehmt mir mit einem solchen Interview meinen Hoffnungsschimmer.» Auch das kann die Wahrheit. Und wer dann auch den letzten Strohhalm gehen lässt, der hat keine andere Wahl mehr, als sich auf seine eigene innere Kraft zu berufen. Das ist gut so. Denn erstens wird kein Retter kommen, um unsere Probleme auf dieser Welt zu lösen. Das kann nur jede und jeder selbst. Und zweitens sind die eigenen inneren Kräfte machtvoller, als es jeder Retter von aussen je sein könnte.

Pascal Najadi ist ein Unikum und eine spannende Persönlichkeit. Wir glauben, dass er einen wichtigen Beitrag leisten kann in dieser Zeit. Doch können Bemühungen für die Freiheit nur dann Früchte tragen, wenn sie auf dem Nährboden der Wahrheit wachsen.

«Das Jahr 2023 ist das Jahr der absoluten Wahrheit für die Menschheit.» Der Satz stammt von Pascal Najadi. Wir schliessen uns dieser Hoffnung an. ♦

von Prisca Würgler und Michael Bubendorf

Quellen:


Hat dir der Artikel gefallen? Dann bestelle jetzt ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Der Rechtsstaat lässt die Maske fallen

Rechtsanwalt Gerald Brei geht im Namen des Vereins «Wir Menschen» gegen die Pandemiepolitik der Schweizer Regierung vor. Brei erläutert im Gespräch, wieso der Rechtsstaat in der Praxis versagt und wie er sich den Weg in eine gerechtere Gesellschaftsform vorstellt.

Wir trafen uns mit ihm zum Austausch über die seit September 2022 beim Bundesgericht anhängige Klage von über 10’000 Menschen gegen die «rechts- und verfassungswidrige Coronapolitik». Initiiert wurde die Forderung nach Beendigung jeglicher Massnahmen von Franz Stadelmann, dem Präsidenten des Vereins «Wir Menschen», und vom Churer Rechtsanwalt Heinz Raschein. Sie machen unter anderem geltend, dass die durch den Bundesrat erlassenen Massnahmen rechtswidrig waren und sich Ähnliches künftig nie mehr wiederholen dürfe. Brisant ist die Klage auch, weil unter anderem ein wissenschaftlicher Beweis für die Existenz des SARS-CoV-2-Virus und dessen Eigenschaft als Krankheitserreger gefordert wird.

«DIE FREIEN»: Gerald Brei, wie hoch sind die Erfolgschancen der Klage von «Wir Menschen» vor Bundesgericht?

Gerald Brei: Wir rechnen nicht unbedingt damit, dass wir Recht bekommen werden. Doch mein Mandant Franz Stadelmann meint, dass wir die besseren Argumente haben und damit auch wieder Menschen erreichen können, die sich selber ein Urteil bilden wollen. Und eine kleine Chance besteht immer, dass man doch Recht bekommt, insbesondere wenn die Stimmung kippt und klar wird, dass das alles ein riesiger Schwindel war. Dann kann es sein, dass Bundesrichter versuchen, sich nach dem neuen Wind auszurichten. Und wenn nicht, dann halt nicht.

Es heisst ja, dass man selbst bei der «Lotterie romande» auch mal einen Glückstreffer haben kann?

GB: (lacht) Dieses Bonmot stammt nicht von mir, das habe ich von Schweizer Kollegen. Das ist einfach eine spöttische Beschreibung der Zustände am Bundesgericht in Lausanne und Ausdruck der generellen Unsicherheit vor Gericht. Man sagt ja auch, vor Gericht und auf hoher See sei man in Gottes Hand.

Würden Sie das Urteil denn notfalls an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg weiterziehen?

GB: Das wissen wir noch nicht und können es jetzt auch gar nicht beurteilen. Zunächst ist das Verfahren durchzuführen. Dann wird es vor allem auf die Urteilsbegründung ankommen, ob es sinnvoll ist, den Fall an den EGMR weiterzuziehen.

Besteht die Krux nicht darin, dass das Bundesgericht oftmals schlicht nicht auf Argumente eingeht?

GB: Ja, das ist so. Das ist das Privileg der obersten Gerichte. Wen soll man dann noch anrufen? Wie heisst es so treffend? Roma locuta, causa finita: Wenn der Papst gesprochen hat, dann ist die Sache erledigt. Oder wie ein Staatsrechtsprofessor in München es schön ausdrückte: Über dem Bundesverfassungsgericht wölbt sich nur noch der blaue Himmel. (lacht)

Oder eben der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg. Und der hat kürzlich zum Beispiel dem Dachverband der Genfer Gewerkschaften, der Communauté genevoise d’action syndicale, Recht gegeben!

GB: Ja, wenn auch knapp, mit vier zu drei Stimmen. Die Richter kamen zum Schluss, dass die Covid-19-Verordnung 2 des Bundes gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verstossen hat. Denn in der Verordnung sind nicht nur Teilnehmer mit Bussgeldern, sondern Veranstalter und Organisatoren wie die Gewerkschaften sogar mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht worden. Und das ist an sich schon ein Skandal, denn der Bundesrat als Exekutive hat auch nach wohlwollender Auslegung des Schweizer Staatsrechts keine Kompetenz, Freiheitsstrafen in die Welt zu setzen!

Aber der Bundesrat wollte ja sogar noch weiter gehen.

GB: Ja, der Bundesrat wollte im Covid-19-Gesetz eine pauschale Ermächtigung haben, um auch Freiheitsstrafen einführen zu dürfen. Das weiss ich deshalb, weil ich auch am Vernehmlassungsverfahren zum Gesetzesentwurf teilgenommen habe. Und das wurde dann auch fallen gelassen – es ist ihnen doch zu heiss geworden. Aber es zeigt: da gibts fast kein Halten mehr! Das staatsrechtliche System wird in einer Windeseile umgebaut in Richtung einer überaus starken Exekutive …

… oder totalitären Diktatur?

GB: Das läuft ja dann aufs Gleiche hinaus, weil die Korrektive, die es nach der staatsrechtlichen Grundlage in der Schweiz gibt, nämlich das Parlament und die Gerichte, sich bisher als unfähig oder unwillig erwiesen haben, die nötige Kontrolle auszuüben. Es wäre ja die ureigenste Aufgabe des Parlaments, die Regierung, den Bundesrat zur Rechenschaft anzuhalten und Kontrolle auszuüben.

Stattdessen sind aber die Parlamentarierinnen und Parlamentarier während des Lockdowns nach Hause gegangen.

GB: Und das Bundesgericht hat bisher auch nicht eingegriffen. Man hat den Eindruck, die können machen, was sie wollen. Weil es in einer Verordnung steht, ist es schon sakrosankt.

Steckt dahinter böser Wille, also bewusste Absicht?

GB: Ich glaube, die meisten Parlamentarier sind einfach Mitläufer, weil es am bequemsten ist, das Bestehende nicht infrage zu stellen. Ähnlich wie die Polizei, die sagt: Wir müssen die Gesetze und Verordnungen anwenden, die da sind, wir können das nicht ständig überprüfen auf seine Richtigkeit. Obwohl auch die irgendwann erkennen müssen: Jetzt geht’s eigentlich zu weit. Jetzt ist das, was wir durchsetzen sollen, als solches schon rechtswidrig. …

von Redaktion


Du möchtest den ganzen Artikel lesen? Dann bestelle jetzt die 05. Ausgabe oder gleich ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

«Damals» und heute – 75 Jahre Nürnberger Kodex

1947 wurde der Nürnberger Kodex, der Gründungstext der medizinischen Ethik, verfasst. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag reiste die Holocaust-Überlebende Vera Sharav erstmals seit dem Krieg nach Deutschland. Dort stellte sie mit Entsetzen fest, wie sich die Schrecknisse einer überwunden geglaubten Vergangenheit wiederholen.

Der Nürnberger Kodex wurde 1947, im Anschluss an die Prozesse gegen die Naziverbrecher, zusammengestellt. Dabei wurden zehn Grundsätze für eine ethische Medizin festgehalten, beispielsweise die freiwillige Zustimmung des Menschen bei jeglichen medizinischen Behandlungen (informed consent). Ende August 2022 veranstalteten verschiedene deutsche Vereinigungen, die sich für medizinische Ethik engagieren, Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag des Nürnberger Kodex. Als Ehrengast wurde Vera Sharav eingeladen, eine KZ-Überlebende und Gründerin der Organisation «Alliance For Human Research Protection», die sich für die Verteidigung und Durchsetzung des Nürnberger Kodex einsetzt. Die in Rumänien geborene 86-jährige US-Staatsbürgerin sollte an einer Kundgebung in München die Schlussrede halten. Doch die Diffamierungen und Einschüchterungen schockierten sie so sehr, dass sie ihre Teilnahme absagte. Senta Depuydt, belgische Journalistin und Gründerin von «Children’s Health Defense Europe», hatte zweimal die Gelegenheit, Vera Sharav zu interviewen, erst in Nürnberg am Vorabend der Feierlichkeiten sowie drei Wochen danach.

«Die Medizin verlieh dem Holocaust einen Anschein von Legitimität.»Vera Sharav am 19. August 2022 in Nürnberg.

Senta Depuydt: Vera, Sie sind anlässlich des 75. Jahrestages des Nürnberger Kodex aus New York angereist und besuchen Deutschland zum ersten Mal seit dem Krieg. In welcher Stimmung kommen Sie hierher?

Vera Sharav: Ich muss zugeben, dass ich ziemlich angespannt war. Auch wenn das alles schon sehr lange her ist, löst es viele Erinnerungen und Emotionen in mir aus, nach Deutschland, nach Nürnberg zu kommen. Ich wurde mit meiner Familie in Nazilager in der Ukraine deportiert, wo ich meinen Vater verlor und drei Jahre lang Hunger und Leid erlitt. Heute sieht es so aus, als ob die Welt wieder auf dem falschen Weg ist. Nie hätte ich gedacht, dass ich das erleben würde. Seit Wochen denke ich über diese Reise nach, darüber, was passieren könnte, über die Menschen, die mir zuhören werden, über das, was ich sagen werde. Es ist wirklich nicht einfach … Aber ich denke, dass ich wirklich eine Pflicht zu erfüllen habe. Ich bin eine der wenigen Personen, die sagen können, was los ist, und auch die Legitimation dafür haben.

Sie hätten bei der grossen europäischen Freiheitsversammlung in Brüssel als besonderer Gast die Schlussrede halten sollen. Fast 400’000 Menschen waren anwesend, aber die Veranstaltung wurde von der Polizei unterbrochen und die Hauptredner wurden daran gehindert, zu sprechen. Es ist spürbar, dass Menschen wie Sie gewisse Leute stören.

VS: Ja, offensichtlich … Mit der Komplizenschaft der Medien wird jede Erwähnung einer autoritären Politik von Regierungen oder medizinischen Behörden nicht nur zensiert, sondern als «Missbrauch des Andenkens an die Opfer des Holocaust» abgestempelt. Das ist wahnhaft! Die Daseinsberechtigung des Nürnberger Kodex besteht doch gerade darin, der Gegenwart zu dienen. Er soll eine Leitplanke sein, ein Schutz für künftige Generationen vor der globalen Bedrohung, der unsere Zivilisation heute ausgesetzt ist.

Man kann sagen, dass der Nationalsozialismus nach dem Krieg nicht völlig verschwunden ist. Aber in der aktuellen Situation geht die Gefahr wohl eher von der Eugenik aus: Sie bedroht uns weltweit. Wir müssen immer wachsam bleiben – vergessen wir nicht, dass dies nicht von einem Tag auf den anderen passiert. In Deutschland wurde alles im Jahrzehnt vor dem Krieg in Gang gesetzt, die Rechte und Freiheiten wurden schrittweise abgeschafft. Dann startete das eugenische Programm in Zusammenarbeit mit der damaligen Medizin und den wissenschaftlichen Instituten. Zu den ersten Opfern der Nazis gehörten etwa 10’000 deutsche Kinder, Waisen und Behinderte, die von Regierungsärzten heimlich euthanasiert wurden – das T4-Programm. Die Ärzte logen die Eltern an und beseitigten in den Heimen diese Menschen, die man als Kümmerlinge betrachtete, als unnötige Mäuler, die es zu stopfen galt. All dies geschah unter Berufung auf die Wissenschaft und das Gemeinwohl. Später wurden Juden aus «hygienischen Gründen» in Ghettos gesperrt, weil sie angeblich Typhus verbreiteten.

Denken wir daran, was während der Pandemie geschehen ist: Vielen Menschen wurde der Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt. Andere wurden mit gefährlichen Protokollen und überdosierten Medikamenten behandelt, insbesondere ältere Menschen und Behinderte. Ganz zu schweigen davon, dass Menschen verpflichtet wurden, sich mit experimentellen Produkten impfen zu lassen. All dies steht in völligem Widerspruch zu den Grundsätzen des Nürnberger Kodex.

Warum ist dieser Kodex so wichtig?

VS: Aus mehreren Gründen: zunächst einmal aufgrund seines historischen und rechtlichen Wertes. Im Gegensatz zu anderen Rechtsinstrumenten wurden die Grundsätze des Kodex im Anschluss an den Prozess gegen die Naziverbrecher von den Richtern formuliert. Diese Grundsätze galten auf internationaler Ebene als höchste Referenz, sie wurden häufig kopiert und ganz oder teilweise in nationale Gesetze aufgenommen, im gleichen Sinne wie die Menschenrechte.

Zweitens ist es das erste Mal in der Geschichte, dass Ärzte verurteilt und hingerichtet wurden. Die Verantwortung eines Arztes besteht darin, Leben zu retten. Es ist nicht erlaubt, Menschen bei medizinischen Experimenten zu töten, nur weil man im Auftrag der Regierung handelt. Das Grundlegende an dem Kodex ist, dass er die Verantwortung und die Wahl des Einzelnen festschreibt, sowohl im Konzept der Einwilligungserklärung des Patienten oder Versuchsobjekts als auch in der persönlichen Verantwortung des Arztes. Dies ist nicht nur die Grundlage der medizinischen Ethik, sondern auch das, was die Demokratie von kommunistischen und faschistischen Regimen unterscheidet. Wenn eine Gesellschaft beginnt, diese Prinzipien zu ignorieren oder neu zu interpretieren, ist sie auf dem falschen Weg.

Dieses Risiko ist sehr real, aber niemand wagt es, die Parallelen zur heutigen Politik anzusprechen. Die Menschen sind verblendet und nicht in der Lage, das zu denken. In meinem Umfeld, der jüdischen Gemeinde in New York, leben die meisten Menschen in meinem Alter ziemlich isoliert. Sie leben in ihrer eigenen Blase und vertrauen den Medien. Sie wurden mit der Krankheit und dem Virus in Angst und Schrecken versetzt und haben nicht realisiert, was vor sich geht. Als ich mich zu Beginn der Pandemie geäussert hatte, wurde ich jedoch von anderen Überlebenden kontaktiert, die ebenfalls empört und zutiefst schockiert darüber sind, wie unsere Gesellschaft zerstört wird. Natürlich hört man von ihnen nie etwas in den Medien. Viele haben Angst davor, aber es wäre sehr wichtig, dass sie zu Wort kommen, denn sie könnten wirklich Menschen wachrütteln. …

von Senta Depuydt


Du möchtest den ganzen Artikel lesen? Dann bestelle jetzt die 05. Ausgabe oder gleich ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Wut bringt dich nicht weiter

Wie viele andere Kinder bekam Stephan Schmuckis Sohn in der Schule Schwierigkeiten wegen der Maskenpflicht. Doch im Gegensatz zu anderen Fällen verlief Schmuckis Begegnung mit der KESB konstruktiv. Für einmal hatte die Schule das Nachsehen, der Vater wurde in seiner Vorgehensweise bestätigt.

Die angeordnete Maskenpflicht an den Schulen war für den 16-jährigen Angelo eine Zumutung; er fühlte sich davon körperlich beeinträchtigt. Der Versuch, ein ärztliches Maskenattest zu erhalten, erwies sich als schwierig. Erst in einer Praxis, die sich ebenfalls im Widerstand engagiert, fand Angelo Gehör. Die Schulleitung akzeptierte das Attest «mit einem Schmunzeln», wie Stephan erzählt. Dass sich der unterzeichnende Arzt während den Corona-Massnahmen für die Freiheit einsetzte, war wohl auch dem Schulleiter nicht entgangen.

Für ein paar Wochen verlief alles gut; Angelo war von der Maske befreit. Einer Lehrerin war der Maskendispens jedoch ein Dorn im Auge, sie drängte Angelo während eines Schulausfluges dazu, sich eine übers Gesicht zu ziehen. Mehr noch: Das Attest sei nicht gültig, hiess es plötzlich seitens der Schulleitung.

Stephan setzte sich zur Wehr und liess Angelo von seinem Vertrauensarzt krankschreiben. Daraufhin schaltete sich der Schularzt ein und verlangte Einsicht in Angelos Krankenakte. Eine Akte, die es so nicht gibt; der alleinerziehende Vater ist überzeugter Anwender natürlicher und sanfter Heilmethoden. Bislang war der Gang zum Schulmediziner auch gar nicht nötig. Stephan wandte sich an eine Psychiaterin, die ebenfalls bestätigte, dass sein Sohn aus medizinischen Gründen keine Maske tragen darf.

Es folgte ein Briefwechsel zwischen Schularzt und Stephans Vertrauensarzt. Darüber hinaus wandte sich der alleinerziehende Vater an den Verein «Eltern für Kinder». Ein anwaltliches Schreiben wurde aufgesetzt, woraufhin der Schularzt einsichtig wurde und Angelo ebenfalls ein Zeugnis ausstellte. Darin bestätigte er, dass der Schüler während des Unterrichts selbst entscheiden könne, ob und wann er eine Maske tragen wolle. Trotz Ausgrenzung hielt Angelo daran fest, diese nicht zu tragen; ohne ging es ihm wesentlich besser.

Für den Teenager war das der Anfang einer schwierigen Zeit; einige seiner Freunde wandten sich von ihm ab. Entweder, weil sie sich selbst eine Maskenbefreiung gewünscht hätten, oder weil sie darauf konditioniert waren, Angst vor dem Virus zu haben. Angelo wurde im Klassenzimmer in die letzte Reihe verbannt, umgeben von Plexiglasscheiben. Von Gruppenarbeiten wurde er konsequent ausgeschlossen. Wenn die Klasse für eine Besprechung oder Anschauungsunterricht näher zusammenrückte, musste er an seinem Pult sitzenbleiben. Wenigstens liess man ihn in Bezug auf das Maskentragen in Ruhe. Doch dann kam die Virusvariante Omikron …

von Barbara Hagmann


Du möchtest den ganzen Artikel lesen? Dann bestelle jetzt die 04. Ausgabe oder gleich ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.