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Öffentlich-rechtliche Medien – Erneuerung oder Untergang?

«Ohne Hören, ohne Sehen
Steht der Gute sinnend da;
Und er fragt, wie das geschehen, Und warum ihm das geschah.»

Das Zitat von Wilhelm Busch könnte sinnbildlich für die Führungsriege öffentlich-rechtlicher Sender stehen. Vehement ignorieren sie jegliche Impulse für grundlegende Änderungen.

Im April 2024 hat das «Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland» eine landesweite Debatte ausgelöst. Die Autoren, allesamt aktive oder ehemalige Beschäftigte der Öffentlich-Rechtlichen (ÖRR), plädieren für sechs Säulen, die das Angebot ausmachen soll: Meinungs- und Informationsvielfalt; Ausgewogenheit und Fairness; Transparenz und Unabhängigkeit; Förderung von Kultur und Bildung; Bürgerbeteiligung; Beitragsfinanzierung.

In ihrem Text begründen sie, warum der ÖRR seinen Auftrag nicht mehr erfüllt:
«Seit geraumer Zeit verzeichnen wir eine Eingrenzung des Debattenraums anstelle einer Erweiterung der Perspektive. Wir vermissen den Fokus auf unsere Kernaufgabe: Bürgern multiperspektivische Informationen anzubieten. Stattdessen verschwimmen Meinungsmache und Berichterstattung zusehends auf eine Art und Weise, die den Prinzipien eines seriösen Journalismus widerspricht. Nur sehr selten finden relevante inhaltliche Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen statt. Stimmen, die einen – medial behaupteten – gesellschaftlichen Konsens hinterfragen, werden wahlweise ignoriert, lächerlich gemacht oder gar ausgegrenzt. Inflationär bedient man sich zu diesem Zwecke verschiedener ‹Kampfbegriffe› wie ‹Schwurbler›, ‹Klima-Leugner›, ‹Putin-Versteher›, ‹Gesinnungspazifist› und anderen, mit denen versucht wird, Minderheiten mit abweichender Meinung zu diffamieren und mundtot zu machen.»

Zu den 100 Erstunterzeichnern gehören unter anderen der Mathematiker Gerd Antes, Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot, Philosoph Michael Andrick, die Regisseurin Gabriele Gysi sowie die Schauspieler Isabelle Barth und Henry Hübchen. 24’000 weitere Menschen haben das Manifest als Petition gezeichnet. Der Text hat über 11’000 Kommentare. Fast alle attestieren dem ÖRR einen dringenden Reformbedarf. Die Reaktionen in den Sendern sind hingegen oft geprägt von lakonischer Ignoranz.

So hiess es vonseiten der Redakteursausschüsse des ÖRR, es gebe überall eine lebhafte Streitkultur und Berichterstattung nach journalistischen Prinzipien. Der Intendant des Deutschlandradios kann immerhin viele Sätze nachvollziehen. Doch mit der generellen Stossrichtung, im Öffentlich-Rechtlichen würden Themen ausgeblendet oder nicht gehört oder gesendet, könne er nur wenig anfangen, erklärte Stefan Raue in der Berliner Zeitung. Den Vorwurf einer politischen Beeinflussung weist WDR-Chefredakteur Stefan Brandenburg zurück. Es gebe «nicht jemanden von aussen, der uns hindert», so Brandenburg im Interview mit dem Deutschlandfunk. Doch man sei sich selbst zu schnell einig, indem man den Konsens und vielleicht an manchen Stellen nicht genug den Streit suche. «Wenn wir den Debattenraum eingrenzen, dann tun wir das selber.» Mittlerweile gibt es weitere, deutlich radikalere Reformvorschläge für den ÖRR. Der «Kronberger Kreis» erwägt eine Beschneidung der massentauglichen Angebote sowie eine Privatisierung des ZDF. Die AfD plädiert für eine minimale Grundversorgung.

Die Kräfte, die den ÖRR am liebsten abschaffen möchten, haben kein demokratisch orientiertes, sondern ein wirtschaftliches oder machtpolitisches Interesse. Sie bekommen Aufwind. Die Granden bei ARDZDF und Co. täten gut daran, Kritik endlich ernst zu nehmen. Sonst sind sie morgen Geschichte.

von Ole Skambraks

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Die Petition kann gezeichnet werden auf: openpetition.de/meinungsvielfalt

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Ole Skambraks arbeitete als Moderator, Reporter, Redaktor, Autor und Sendungsmanager unter anderem bei Radio France Internationale, MDR, WDR und SWR2. Er ist Mitinitiator und Herausgeber des Manifests.


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