Das Najadi-Phänomen

Das lange geplante Interview soll nicht stattfinden können. Najadi hat es kurzfristig abgesagt. Keine Chance. Er stehe unter Personenschutz der Regierung: «24/7 Bodyguards». Hastig verabschiedet sich Pascal Najadi und beendet das Telefonat.

Das Interview sollte Grundlage sein für einen Bericht in unserer Zeitschrift. Tagelang haben wir uns vorbereitet, sind in die Geschichte von Pascal Najadi eingetaucht, sind fasziniert von seiner Persönlichkeit, entdecken aber auch Ungereimtheiten. Im Interview wollten wir herausfinden: Wer ist Pascal Najadi, der Mann, der in vielen alternativen Medien rückhaltlos gefeiert und von den Massenmedien mit freundlicher Zurückhaltung und Respekt behandelt wird?

Impf-Massenmord. Bill Gates. Klaus Schwab. WEF. 5G. Gain of Function. WHO-Firma. 5G-Nanopartikel. In den Videos, die alle online zu finden sind, lässt Pascal Najadi kein heikles Thema aus – im Gegenteil –, er redet Klartext: Den Pandemiepakt der WHO bezeichnet er als Putsch gegen die Demokratie. Pfizer sei kriminell und das BAG habe uns systematisch belogen. Der «Impfstoff» sei eine tickende Zeitbombe.

Nichts davon ist neu. Solche Ansichten werden seit Langem vertreten, und viele davon gut begründet. Doch Pascal Najadi fällt auf. Einerseits kreuzt sein Lebensweg immer wieder die grossen Ereignisse der Weltgeschichte. Über sein Leben liessen sich ganze Bücher schreiben: über Wirtschaftskriminalität, Korruption, ja sogar über Geheimdienste, Flucht aus Gefangenschaft und Spionage. Auch die Stationen seines Lebens lesen sich wie ein James-Bond-Roman: Vietnam, London, Moskau. Und dann ist da der grosse Zuspruch, der dem Investmentbanker von allen Seiten zufliegt.

Keine Frage: Najadi macht Eindruck. Dieser Faszination möchten wir auf den Grund gehen.

Wir versuchen es noch einmal, rufen bei Pascal Najadi an, fragen, ob wir wenigstens ein Interview per Zoom führen können und erhalten die Zusage. Hastig passen wir unsere Vorbereitungen den sich neu eröffneten Begebenheiten an. Unsere erste Frage wird sein: Wie viel Zeit hast du für uns?

Wir vereinbarten ein virtuelles Treffen in 30 Minuten. Anderthalb Stunden später erscheint sein Gesicht auf unserem Screen. Wir sind nervös. Najadi scheint gestresst zu sein. Eine halbe Stunde habe er Zeit für unser Interview. Er leitet uns an, einen Text, den er uns schickt, exakt so zu verwenden, um das Video anzukündigen. Wir sind überrumpelt. Auf ein Videointerview, das veröffentlicht wird, haben wir uns vor dem Gespräch nicht geeinigt. Als Najadi den Aufnahmeknopf drückt, haben wir bereits eine halbe Stunde gesprochen, die kritischsten Fragen hatten wir bereits gestellt. Es wird ein seltsames Video, Najadi wird es einige Stunden später löschen. Im veröffentlichten Interview wirkt Najadi gefasster als im Vorgespräch. Das zuvor dominant auftretende Gegenüber wandelt sich zum umgänglichen Typ. Nur wenn wir auf seine Empfindungen zu sprechen kommen, wird er wieder unwirsch. «Was sind denn das für Fragen?», herrscht uns der frühpensionierte Investmentbanker an, nachdem wir uns danach erkundigten, ob er sich betrogen fühle. Er möchte uns erklären, welche Verbrechen im Gange sind – wir würden gerne auf Hintergründe eingehen. Ein richtiges Gespräch kommt nicht in Gang.

Als im Oktober letzten Jahres eine Pfizer-Direktorin bestätigt, dass der «Covid-Impfstoff» nicht auf Schutz vor Weiterverbreitung des Virus getestet wurde, geht der «geimpfte» Najadi zur Polizei. Auf dem Posten in der Nähe seiner Wohnung in Luzern erstattet er Anzeige gegen Bundesrat Berset und geht damit an die Öffentlichkeit. Der Mann, der nach eigenen Angaben zuvor der Regierung und dem Gesundheitsminister vollumfänglich vertraut hat, läuft plötzlich auf allen Kanälen. 20 Minuten berichtet, Nebelspalter, Weltwoche, und auch international findet er grosse Beachtung. Auf der kanadischen Website Global Research erscheint ein Artikel über die Strafanzeige gegen den «President of Switzerland». Einer der Autoren: Pascal Najadi.

Der entscheidende Punkt bei dieser Strafanzeige ist, ob die Bundesanwaltschaft eine Untersuchung einleitet. Erst wenn das geschieht, kommt Bundesrat Alain Berset unter Druck. Wenn die Bundesanwälte auf Nichtanhandnahme entscheiden, dann bleibt die Strafanzeige wirkungslos. Dann wäre Pascal Najadi ein Mann, der auf den Polizeiposten ging und eine Anzeige erstattete. Eine coole Aktion, ohne Zweifel, aber juristisch und politisch irrelevant. Da scheint es erfreulich, dass Autor Najadi auf Global Research bestätigt: «Zur Überraschung aller hat der Schweizer Bundesanwalt beschlossen, eine Untersuchung gegen den Bundespräsidenten einzuleiten – die erste gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt – wegen ihrer ‹Impfstoff›-Politik.»

Das Problem bei Najadis Aussage: Sie ist nicht wahr.

Unsere Recherchen haben ergeben, dass bisher kein Strafverfahren eröffnet wurde, dass eine Nichtanhandnahme möglich ist und «der Eingang einer Strafanzeige nicht gleichzusetzen ist mit der Eröffnung eines Strafverfahrens». Dies teilte uns die Bundesanwaltschaft auf Anfrage schriftlich mit.

Im Gespräch mit Najadi haken wir zu seiner Aussage auf Global Research nach:

«DIE FREIEN»: Hat der Bundesanwalt ein Verfahren eingeleitet?

Pascal Najadi: Ja, sicher.

«DIE FREIEN»: Wir haben die Bundesanwaltschaft angefragt und die sagen, sie haben kein Verfahren eingeleitet.

Pascal Najadi: Ich habe nicht gesagt, dass es eingeleitet ist.

«DIE FREIEN»: Doch, das haben Sie eben gesagt.

Zwar betont Najadi, dass er eine Fallnummer erhalten habe und mit der Staatsanwaltschaft in regem, schriftlichem Kontakt stehe. Doch seine Aussagen, dass ein Verfahren eingeleitet wurde, sind falsch.

Das sind keine juristischen Details, mit denen sich Najadi im weiteren Verlauf des Gesprächs herauszuwinden versucht. Ob ein Verfahren eröffnet wurde oder nicht, macht den Unterschied. Entweder es bleibt eine coole Aktion auf dem Polizeiposten in Luzern, oder es wird eine Staatsaffäre, die die politische Karriere eines amtierenden Bundesrats beenden könnte. Doch entschieden ist das entgegen Najadis Beteuerungen bis heute nicht.

Natürlich ist es nicht Pascal Najadi anzulasten, wenn die Bundesanwaltschaft entscheiden sollte, kein Verfahren zu eröffnen. Aufmerksamen Beobachtern ist das Scheitern der Gewaltentrennung nicht erst in den letzten Jahren aufgefallen; staatliche Organe halten zusammen. Ob sich mit den Mitteln des Systems eine politische Aufarbeitung und juristische Konsequenzen herbeiführen lassen oder nicht, liegt nicht in der Verantwortung von Pascal Najadi. Aber er ist verantwortlich dafür, wahrheitsgemäss zu berichten, wenn er über den Stand seiner Strafanzeige informiert.

Die virtuelle Begegnung mit Pascal Najadi lässt uns aufgewühlt zurück. Auf uns wirkt er sprunghaft und ängstlich, zuweilen fast panisch, er raucht eine Zigarette nach der anderen. Zweimal hält er während des Gesprächs eine Pistole in die Kamera. Überall in seinem Haus seien Bodyguards, 24/7. Staatlicher Personenschutz, angeordnet von den amerikanischen Behörden! Wir können das nicht unabhängig überprüfen. Seit der Ermordung seines Vaters vor bald zehn Jahren nehme er starke Psychopharmaka. Man sieht, dass es dem Mann nicht gut geht.

Wir glauben nicht, dass Pascal Najadi böse Absichten hat, im Gegenteil. Er hat die Wahrheit entdeckt, der ganze Betrug hat sich innert weniger Tage vor seinen Augen entfaltet. Das lässt ein ganzes Weltbild zusammenstürzen. Er nimmt einen ehrenwerten Kampf auf, gegen die WHO, gegen die Pandemisten und die Globalisten. All dies spricht für Pascal Najadi. Er kämpft tatsächlich für das Gute. Im Gespräch relativiert er eine zuvor getätigte Aussage, dass er die Menschheit retten wolle, das seien nicht ganz die richtigen Worte gewesen. Aber es ist klar, der Mann hat eine Mission und er meint es gut.

Diese guten Absichten kommen auch im «Tribunal» vom 26. Februar 2023 zum Ausdruck, das sich auf Naturrecht und «Common Law» beruft. Das vollständige Video konnten wir nicht mehr finden, es wurde offenbar auf allen Kanälen gelöscht. Auf Twitter ist noch ein Auszug zu finden, den Pascal Najadi auf seinem Telegram-Kanal geteilt hatte. In diesem Auszug ist zu sehen, wie Najadi als «ehrenwerter Richter» mit weiteren Teilnehmern ein Urteil spricht. Im Videobeschrieb findet sich eine Liste der prominenten «Verurteilten» dieses Tribunals: Der chinesische Präsident Xi Jinping, der UN-Generalsekretär António Guterres, der französische Präsident Macron, Angela Merkel, Boris Johnson, Klaus Schwab, Anthony Fauci, Bill Gates und viele weitere Politiker und Funktionäre sollen aufgrund des Urteilsspruchs von Pascal Najadi und den weiteren ehrenwerten Richtern von Militär und der Polizei weltweit verhaftet werden. Najadi selbst wird im von ihm geteilten Beschrieb wie folgt zitiert: «Sie werden alle so schnell wie möglich verhaftet werden. Das Militär und die Strafverfolgungsbehörden auf der ganzen Welt bereiten sich auf diesen Fall vor.»

Solche Mittel, mit denen diese Menschen ihre guten Absichten verfolgen, erinnern schmerzhaft an die Psyop QAnon. Als wir im Gespräch kritisch rückfragen, distanziert sich Najadi. Er wisse nicht, ob die Aussage des von ihm geteilten Videobeschriebs stimmt. Ob der Polizei- und Militärapparat nun zur Tat schreiten und die Verhaftungen vornehmen wird, will er im Gespräch nicht mehr bestätigen.

Das Naturrecht, auf das sich dieses Tribunal beruft, ist genauso ein Schlüssel zur Freiheit wie die Selbstermächtigung. Wir brauchen in der Tat nicht auf staatliche Richter zu warten. Das sind ehrenwerte und noble Gedanken. Doch die Irreführung beginnt bei der Behauptung, dass Polizei und Militär das Urteil eines solchen Tribunals umsetzen werden. Das entspricht schlicht nicht der Realität.

Nachdem Najadi das Gespräch mit uns auf der Videoplattform Rumble veröffentlicht, erreichen uns Reaktionen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. «Das schlechteste Interview, das ich je sah», lautete ein Verdikt. Ein «Verhör» sei das gewesen und «der Sache nicht dienlich». Wir seien schulmeisterhaft mit ihm umgegangen und in Grossbuchstaben: Wir hätten uns bei ihm zu entschuldigen.

Andere bedankten sich, dass Pascal Najadi endlich die kritischen Fragen gestellt wurden, die sie selbst schon lange beantwortet haben wollten. Dialoge mit den Kritikern des Interviews offenbarten interessante Einsichten. Wir zeigten ihnen auf, dass wir unsere Rolle als Journalisten so verstehen, dass wir bei Ungereimtheiten nachfragen und eine kritische Distanz auch zu jenen Menschen halten, deren Ansichten wir teilen. Wird denn kritischer Journalismus nur bei den «richtigen» Gesprächspartnern erwartet? Fühlen wir uns der Wahrheit nicht mehr verpflichtet, wenn jemand scheinbar «das Richtige» tut? Und kann man das Richtige tun, wenn man von der Wahrheit abweicht? Bis zum Ermüden haben wir in den letzten Jahren das vermeintliche Orwell-Zitat gehört, wonach Journalismus bedeutet, etwas zu bringen, von dem andere wollen, dass es nicht veröffentlicht wird, und alles andere sei PR. Gilt das nicht immer und bei jedem Thema?

Im Dialog erkannten Kritiker unsere Beweggründe, dem Phänomen Najadi auf den Grund gehen zu wollen. Ohne Agenda, ohne persönliche Antipathie fühlen wir uns einzig und allein der Wahrheit verpflichtet. Denn wie Karl Jaspers schon sagte: «Freiheit ist allein durch Wahrheit möglich.»

Eine Kritikerin antwortet nach einer Diskussion: «Ihr nehmt mir mit einem solchen Interview meinen Hoffnungsschimmer.» Auch das kann die Wahrheit. Und wer dann auch den letzten Strohhalm gehen lässt, der hat keine andere Wahl mehr, als sich auf seine eigene innere Kraft zu berufen. Das ist gut so. Denn erstens wird kein Retter kommen, um unsere Probleme auf dieser Welt zu lösen. Das kann nur jede und jeder selbst. Und zweitens sind die eigenen inneren Kräfte machtvoller, als es jeder Retter von aussen je sein könnte.

Pascal Najadi ist ein Unikum und eine spannende Persönlichkeit. Wir glauben, dass er einen wichtigen Beitrag leisten kann in dieser Zeit. Doch können Bemühungen für die Freiheit nur dann Früchte tragen, wenn sie auf dem Nährboden der Wahrheit wachsen.

«Das Jahr 2023 ist das Jahr der absoluten Wahrheit für die Menschheit.» Der Satz stammt von Pascal Najadi. Wir schliessen uns dieser Hoffnung an. ♦

von Prisca Würgler und Michael Bubendorf

Quellen:


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