Herr Najadi, ich habe Fragen

Was ist dran an der Klage gegen Pfizer Inc. vor dem NY Supreme Court? Wird die Strafanzeige in der Schweiz gegen Alain Berset von der Staatsanwaltschaft wirklich verfolgt? Hat Pascal Najadi tatsächlich etwas mit dem «Pandemie-Ende» in den USA zu tun? Rechtsanwältin Viviane Fischer hat Fragen.

Najadi hat am 13. Dezember 2022 gegen den amtierenden Schweizer Bundespräsidenten und Innenminister Alain Berset Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs eingereicht. Najadi wirft Alain Berset vor, die Unwahrheit gesagt zu haben, weil dieser entgegen offiziellen Feststellungen aus seinem eigenen Bundesamt für Gesundheit (BAG; Virginie Masserey: «Auch Geimpfte können das Virus weiterüberrtragen.») kurz vor der Abstimmung über die Einführung des Impfzertifikats in einer Livesendung des Schweizer Fernsehens die Aussage tätigte: «Mit dem Zertifikat kann man zeigen, dass man nicht ansteckend ist.»

Am 6. Februar 2023 hat Najadi in einem Artikel bei Global Research behauptet, dass die Bundesanwaltschaft schon ein Verfahren gegen Bundespräsident Berset eröffnet habe («To everyone’s surprise, the Attorney General of Switzerland has decided to launch an investigation into the President – the first, of a sitting head of state – over their ‹vaccine› policies.»). Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit.

Am 9. März 2023 hat die Bundesanwaltschaft befreundeten Journalisten mitgeteilt: «Seitens Bundesanwaltschaft bestätigen wir den Eingang einer Strafanzeige in diesem Zusammenhang. Die Strafanzeige wird zurzeit durch die Bundesanwaltschaft geprüft. Wie immer gilt die Unschuldsvermutung. Einordnend halten wir fest: Der Eingang einer Strafanzeige ist nicht gleichzusetzen mit der Eröffnung eines Strafverfahrens. Die Prüfung der Strafanzeige durch die Bundesanwaltschaft wird ergeben, ob Bundeszuständigkeit gegeben ist und ob ein hinreichender Tatverdacht besteht (Art. 309 StPO). Darauf basierend wird entweder kein Strafverfahren eröffnet und eine entsprechende Nichtanhandnahme (Art. 310 StPO) verfügt, ein Strafverfahren eröffnet oder die Bundesanwaltschaft kann das Verfahren auch an eine andere zuständige Stelle weiterleiten, z.B. wegen fehlender Bundeszuständigkeit an einen Kanton.»

Najadi hat immer wieder öffentlich verkündet, dass es seine Anzeige gewesen sei, die das Pandemie- und Massnahmengeschehen in der Schweiz, in Deutschland und England zum Erliegen gebracht habe. Eine Anzeige, die von der Behörde drei Monate nach Eingang noch in aller Seelenruhe geprüft wird, kann auf keinen Fall die von Najadi behauptete extreme Durchschlagskraft auf das Massnahmengeschehen entfaltet haben, das alle anderen juristischen Aktivitäten nicht gehabt haben. Ich weiss nicht, ob Najadi selbst an eine Kausalität seiner Anzeigenerstattung für das Ende der Massnahmen glaubt oder ob er dies nur behauptet, weil es sich gut anhört. Genau so gut oder besser könnte man das Massnahmenende an der 400 Seiten starken Strafanzeige von Rechtsanwalt Philipp Kruse im Juli 2022 gegen die Swissmedic festmachen, die allerdings auch nicht die Aufnahme von Ermittlungsarbeiten nach sich gezogen hat.

Najadi stellt es weiter so dar, als habe sich US-Präsident Joe Biden einem von ihm erwirkten Urteil vor dem New Yorker Supreme Court beugen müssen, als er die Resolution H.J.Res.7 unterzeichnet hat, die das Ende der Pandemie einläutete. Auf seiner neuen Website nmp.associates hat Najadi die Resolution unter dem Stichwort «Positive Ergebnisse» verlinkt.

Es findet sich dort die kryptische Formulierung: «Der Oberste Gerichtshof von New York hat einen Kläger angewiesen, eine einstweilige Verfügung (TRO) zu notifizieren. Der NY SUPREME COURT und Pfizer Inc. wurden über eine TRO informiert. Am 10. April 2023: Präsident Biden beendete EO 14042 (den nationalen Notstand) ZWEI TAGE nach Benachrichtigung des NY SUPREME Court.»

Es gibt aber gar kein Urteil, in dem Joe Biden aufgegeben wird, den nationalen Pandemiestatus zu beenden, erst recht keines, das Najadi erwirkt hätte. Die Unterschrift von Joe Biden unter die H.J.Res.7 hat demgemäss nichts mit Najadi oder mit der ihn angabegemäss unterstützenden Ana McCarthy zu tun.

Von McCarthy hat Najadi zunächst behauptet, dass sie eine hoch kompetente US-Rechtsanwältin sei. Nach eigener Darstellung ist sie jedoch eine Übersetzerin, die eine Zeit lang Jura studiert hat und in Panama eine Lizenz hält – was das für eine Lizenz ist, bleibt unklar.

Najadi schmückt sich unter anderem in seinem Twitter-Podcast auch mit der fremden Feder, den Impfzwang der SWISS gegenüber den Schweizer Piloten durch Gerichtsverfahren beendet zu haben. Es sind aber in Wahrheit die Rechtsanwälte Therese Hintermann und Philipp Kruse, welche diverse Klagen im Namen von Schweizer Flugpersonal eingereicht haben. Najadi ist an diesen Klagen nicht beteiligt. Er hat sie auch nicht finanziert. Die Impfzwangaufhebung bei den Piloten hat nichts mit irgendwelchen Urteilen zu tun, insbesondere nicht mit solchen, die Najadi erstritten hätte.

McCarthy hat in eigenem Namen und ohne anwaltliche Vertretung in New York mehrere Klagen gegen die Pfizer Inc. eingereicht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung.

Eine dieser Klagen ist vom Gericht des Southern District of New York allerdings am 14. November 2022 als «frivolous» also «leichtfertig» zurückgewiesen worden, was sich in der deutschen Rechtssprache am besten mit «rechtsmissbräuchlich» übersetzen lässt. McCarthy fehle die Klagebefugnis, führt das Gericht aus. Sie bräuchte zumindest einen panamaischen Kläger, der durch die Missachtung der angeblichen panamaischen Gerichtsanordnung durch Pfizer geschädigt wurde.

Die Klage, in die Najadi einbezogen sein soll und die er öffentlich als die Klage benennt, für die er um Spenden bittet, wurde von McCarthy wieder in eigenem Namen erhoben. Erneut ist sie nicht anwaltlich vertreten. Von der Klage findet sich im Netz nur ein handschriftlich ausgefülltes Formular zur Einreichung. Auf Rückfragen gegenüber Najadi und McCarthy wollten diese ausser dem auf der Website ausgewiesenen Statusreport vom Gericht keine weiteren Dokumente – etwa eine Klageschrift – vorlegen. Sie gaben auch keine Erklärung ab, wie Najadi Partei dieses Gerichtsverfahrens geworden sein soll.

Wenn man in die Suchmaske des New York Supreme Courts den Namen von Pascal Najadi als Kläger («Plaintiff») eingibt und bei dem Punkt «Return only Cases with Future Appearances» das Kästchen «No» anklickt, erscheint die Information, dass zu diesem Namen keinerlei Klagen anhängig sind. Gibt man Pfizer als Gegner ein («Defendant»), so erscheint eine ganze Liste von Rechtsstreitigkeiten. Es ist also keineswegs so, dass die Klagen von McCarthy (und gegebenenfalls Najadi) die einzigen gegen die Pfizer Inc. sind. Auffällig ist aber, dass die Klagen von McCarthy die beiden einzigen ohne anwaltliche Vertretung sind.

Najadi hat in einem Twitter-Post nun ausgeführt, dass er 500´000 US-Dollar für Rechtsanwälte und nicht näher spezifizierte Ausgaben benötige.

Wofür wird aber eine halbe Million Dollar benötigt, wenn McCarthy gar nicht von Anwälten vertreten wird? Hierzu machen Najadi und McCarthy ganz unterschiedliche Angaben. Najadi führt aus, den Umzug von McCarthy in die USA finanziert zu haben und diese Umzugskosten nun über Spenden wieder reinholen zu wollen. Er hat mir gegenüber weiter ausgeführt, dass man Anwälte habe anheuern müssen, um die Namen und die Reputation von ihm und McCarthy zu schützen. McCarthy hat mir mitgeteilt, dass sie aus vorgängigen Verfahren Anwaltskosten in Höhe von mindestens 100´000 US-Dollar noch nicht ausgeglichen habe. Handelt es sich dabei möglicherweise um Kosten auch für das Verfahren, das das New Yorker Gericht gerade als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat? All dies ist in jedem Fall aber nicht, was Najadi und McCarthy der Öffentlichkeit kommunizieren. Dort wird mitgeteilt, dass die Unterstützer die aktuelle Klage Index-Nummer 100917/2023 finanzieren sollen. Welche Kosten für die anwaltslos eingereichte Klage überhaupt entstanden sind, ist unklar.

Najadi und McCarthy behaupten, dass ihr Rechtsstreit (welcher der mindestens zwei aktiven Klagevorgänge das nun ist, hat sich mir nicht erhellt) für 90 Tage vom Gericht «versiegelt» worden sei. Dies sei der Grund dafür, dass sie keine Unterlagen vorlegen könnten. Najadi und McCarthy haben öffentlich mitgeteilt, dass sie unter Polizeischutz stünden, unter anderem wegen Drohanrufen von Behördenseite. Einen Beleg für die «Versiegelung» der Unterlagen und für die gerichtliche Anordnung des Polizeischutzes haben sie nicht übermittelt. Ich frage mich, warum Najadi trotz seiner behaupteten Gefährdungslage aktuell auf Veranstaltungen vor Hunderten von Teilnehmern spricht, ohne dass sein Polizeischutz aufgefallen wäre. Und ich frage mich auch, warum er und McCarthy die einzigen zwei Kläger gegen Pfizer sein sollen, die unter Polizeischutz stehen, wenn zum Beispiel in Deutschland Rechtsanwalt Tobias Ulbrich Hunderte von Covid-19-Impfstoffopfern gegen alle Impfstoffhersteller (Pfizer, Moderna usw.) ohne jeglichen Polizeischutz vor Gericht vertritt und auch seine Kläger offensichtlich ohne Polizeischutz auskommen. Diese Fragen habe ich auch Najadi und McCarthy gestellt. Eine Antwort sind die beiden mir schuldig geblieben.

Ich möchte Najadi und McCarthy hiermit öffentlich auffordern, für vollständige Transparenz hinsichtlich ihrer öffentlich vorgestellten, juristischen Aktivitäten zu sorgen, insbesondere soweit diese auch noch von einem Spendenaufruf begleitet sind. Ich habe aktuell viel mehr Fragezeichen als Antworten und werde hinter die Angelegenheit nicht so schnell einen Punkt setzen. ♦

von Viviane Fischer

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Viviane Fischer ist Rechtsanwältin, Volkswirtin, Gründerin und Chefredakteurin von 2020news. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde sie als Gründerin und Leiterin des «Corona-Ausschusses».


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