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Monat: November 2022

Das Selbsteigentum des Menschen

Eigentum ist die Strategie der Dinge dieser Welt, um dafür zu sorgen, dass es ihnen gut geht.

Es sind nicht die Menschen, die im Zug ihrer Sesshaftwerdung die Dinge der Welt zu ihrem Eigentum gemacht haben; es sind die Dinge dieser Welt, die in millionenjähriger Evolution die Funktion des Eigen-tums entstehen liessen. Natürlich geschah dies nicht planmässig – Evolution kennt keine Handlungspläne –, sondern es geschah, weil es sich bewährt hat; weil es den Dingen guttat, einen Eigentümer und damit einen fürsorglichen Paten zu haben. Patenfürsorglichkeit gab es lange nicht auf der Erde, sie musste zuerst noch entstehen.

Emergenz von Subjektivität

Sie entstand erst mit dem Aufkommen hochentwickelter Organismen, deren Steuerungsorgane etwas völlig Neues auftauchen liessen, nämlich Bewusstsein und damit Subjektivität. Das ist das Ich-Gefühl, das Sie, liebe Leserin und lieber Leser, täglich von morgens bis abends und nachts im Traum bei sich haben; und dies (im Sinn des Wortes) derart selbstverständlich, dass Ihnen kaum bewusst wird, dass es nicht einfach da ist, sondern auf höchst komplexe Weise von Ihren Nerven- und sonstigen Steuerungssystemen laufend abgesondert wird.

Was diese Subjektivität ausmacht, ist nicht einfach die Steuerung von Entscheidungen, Handlungen, Körperbewegungen, sondern zusätzlich die Ausdifferenzierung eines Ichs mit dem Effekt, dies alles als eigene Entscheidungen, eigene Handlungen, Bewegungen des eigenen Körpers zu empfinden. Je leistungsfähiger dieses Ich im Lauf der Evolution wurde, je raffinierter es Wissen in Zukunftspläne umsetzte, je genialer seine technischen Erfindungen wurden, desto besser erging es dem von ihm als eigen gefühlten Körper. So profitieren Sie heute davon, dass es eine Instanz gibt, die Ihren Körper aufmerksam, geschickt, vorausschauend, sicher an den Klippen dieser Welt vorbeisteuert.

In einschlägigen Fachgebieten – etwa der Evolutionsbiologie, Anthropologie, Kognitionswissenschaft, Soziologie – ist man sich einig, dass Bewusstsein im Sinn subjektiv konnotierter Wahrnehmung nicht schon immer da war und nur darauf gewartet hätte, bis sich ein genügend entwickeltes Gehirn finden würde, es aufzunehmen; so, wie wenn ein definiertes Software-Konzept nur noch darauf wartet, bis der dafür notwendige Quanten-Computer konstruiert ist. Bewusstsein entstand vielmehr dadurch, dass ein Nerven- und Steuerungssystem aufgrund spontaner Mutationen Bewusstsein zur Entstehung brachte, als neues Phänomen «auftauchen» liess und, soweit es sich für den damit ausgestatteten Organismus bewährte, aufrecht hielt.

So wie sich optische, akustische, haptische oder andere Wahrnehmungsorgane darin bewähren, die Umwelt nicht erst dann zu erfahren, wenn man mit ihr kollidiert, so bewährt sich subjektives Bewusstsein mit einer geradezu genial funktionierenden Aussenstation, sozusagen einem Hochsitz, von dem aus sich ein weiter und damit reflektierender Blick auf den eigenen Organismus und dessen weiteren Kontext eröffnet. Solch spektakuläre Fähigkeiten setzen entsprechend leistungsstarke Hardware voraus. Die Grosshirnrinde des Homo sapiens ist ein besonders bemerkenswertes Beispiel. Sie ist nicht etwa der Sitz des Ich-Bewusstseins, aber sie verarbeitet aufgenommene Informationen derart virtuos, dass daraus dieses sehr spezielle Gefühl von Subjektivität aufkommt.

Subjektivität lässt sich also nicht mit Händen greifen, sondern rein subjektiv fühlen, doch ändert dies nichts an seiner Wirklichkeit; Wirklichkeit im Sinn des Wortes – und wie es wirkt! Es macht den Menschen zum Menschen, nicht nur für sich selbst, sondern auch im gesellschaftlichen und nicht zuletzt rechtlichen Kontext. …

von Prof. Dr. iur. David Dürr


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Der Hüter des Urgetreides

Der bald 70-jährige Hanspeter Saxer tut, was er liebt: Er hütet das Urgetreide. Über 100 Sorten zählen heute zu seinem Schatz.

Sie tragen so schillernde Namen wie Purpur Weizen, Waldstaudenroggen, Valser Gerste oder Huron, eine der Lieblingssorten des grossherzigen Berner Oberländer Sämanns. Denn mit dem Huron-Weizen hatte vor über 40 Jahren seine leidenschaftliche Reise und sein unermüdlicher Einsatz für Biodiversität und Sortenvielfalt begonnen.

Es war im Schwarzwald auf dem biologisch-dynamisch bewirtschafteten «Goldenhof» in Urberg auf 1000 Metern, wo der junge Hanspeter Saxer einen Narren am Urweizen Huron frass. Sein Lehrmeister Franz Karl Rödelberger, ein Schweizer, hatte damals einige Körner dieser von den Äckern verschwundenen Urweizen-Sorte im Walliser Mattertal auf einem Getreidespeicherboden zwischen den Holzlatten aufgestöbert und mit in den Südschwarzwald genommen. Er hütete sie wie seinen Augapfel, baute sie an und vermehrte sie.

In den Kriegsjahren war Huron in der Schweiz einst das Getreide überhaupt. Das aus Kanada stammende Korn hatte neben der Sorte Manitoba die beste Backqualität. «Dieser Huron stand in einem herrlich wogenden Felde da», erinnert sich Hanspeter Saxer mit glänzenden Augen an seine Lehrzeit auf dem Goldenhof zurück, wo Handarbeit noch Trumpf war. «Wir bewirtschafteten zirka 90 Hektaren Land. Aber nicht mit riesengrossen Traktoren. Nein, es waren die kleinen, ausdauernden Norweger-Pferde.

Und auf den Weiden grasten keine Hochleistungskühe, sondern die früher dort heimischen Hinterwälder-Kühe, eine kleine genügsame Zweinutzungs-Rinderrasse.» Es war ein Hof, wo man den Schweiss der arbeitenden und schnaubenden Pferde noch roch und das Pferdegeschirr leise klirrte, wo man statt des Dieselmotorengeknatters überall das Summen der Bienen und das trillernde Pfeifen der Vögel vernahm, und wo man manchmal auch die Menschen fröhlich und singend erlebte – trotz der oft schweren Arbeit. …


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Briefwechsel mit Patrick Jetzer

Lieber Patrick.

Du bist ein Mann der ersten Stunde. Früh hast Du Dich mit klarer Kante gegen die Corona-Massnahmen und die völlig übertrieben dargestellte Gefährlichkeit des Virus positioniert und dadurch auch Deinen sicherlich sehr gut bezahlten Job in der Pharma verloren. Du hast ein Buch geschrieben – «Corona Fakten Check» –, welches 2020 erschien, ganz zu Beginn der Krise. Ich schätze Deine Ecken und Kanten, mit denen Du Deinen Weg in aller Konsequenz gehst und auch mich mit Deiner Direktheit gelegentlich vor den Kopf gestossen hast, wofür ich Dir dankbar bin. Gelegentliche Stösse gegen den Kopf können das Denkvermögen durchaus anregen, solange sie nicht zu heftig ausfallen, wie es bei gewissen Boxerbrüdern zu beobachten ist.

Du bist kritisch, unbequem und vor allem ein Macher. Wären alle Schweizer so wie Du, hätten die Menschen in diesem Land die Machthaber mindestens verlacht angesichts ihrer viralen Drohkulisse, eine Coronakrise hätte in der Schweiz nicht stattgefunden. Da aber nicht alle so sind wie Du, hast Du Dich weiter engagiert und bist früh dafür eingetreten, dass wir die Machthaber auswechseln – und hier trennen sich unsere Wege. Nicht etwa deshalb, weil es höchst fraglich ist, ob es dem von Dir massgeblich mitinitiierten Verein «Aufrecht Schweiz» gelingen kann, in die politischen Ämter vorzudringen. Erste Wahlergebnisse fallen ernüchternd aus, nach den Wahlen im Kanton Bern war auf der Aufrecht-Website von einem «Ergebnis im Bereich der realen Erwartungen» zu lesen, aber bei einem Wähleranteil von 3 % müssen wir eher von einem sang- und klanglosen Untergang reden. Ihr habt das probiert und ihr habt es mit den besten Absichten getan – aufrecht eben. Aber ihr seid auf dem falschen Weg.

Ihr habt geglaubt, dass ihr den Anteil jener Wähler für Euch gewinnen könnt, die bei den Covid-Referenden auf unserer Seite waren. Dabei habt ihr zwei Dinge ausser Acht gelassen: Erstens sind viele Menschen, die gegen das Covid-Gesetz stimmten, nicht automatisch auf unserer Seite und werden weiterhin für ihre bisherigen «Volksvertreter» stimmen. Zweitens haben wir bei den Covid-Abstimmungen eine massive Mobilisierung unpolitischer Menschen erreicht, die zur vierthöchsten Wahlbeteiligung seit Einführung des Frauenstimmrechts führte. Es sind Menschen, die sich normalerweise nicht für den korrupten, durch und durch verdorbenen Politzirkus interessieren und sich nach diesen Abstimmungen wohl endgültig von der Idee verabschiedet haben, dass eine Mehrheit über eine Minderheit bestimmen darf. …

von Michael Bubendorf


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Die Wiederentdeckung der Schweiz

Swissness auf allen Kanälen: Die Schweizerinnen und Schweizer entdecken ihr Land – weil sie spüren, dass es ihnen abhanden kommt.

Im August haben zwei Schweizer Musiker etwas geschafft, was bisher nur Megarockstars aus dem Ausland gelungen ist: Die beiden Mundartrocker Gölä und Trauffer füllten das Zürcher Letzigrundstadion an zwei Abenden hintereinander bis fast auf den letzten Platz. 80’000 begeisterte Zuschauerinnen und Zuschauer aus der ganzen Schweiz feierten zweimal zwei Stunden lang unsere schweizerische Musikkultur, sangen aus vollen Kehlen Trauffers «Fräulein Marti» und Göläs «Schwan so wyss wiä Schnee» und verabschiedeten die Büetzer Buebe mit einem Applaus, der nicht enden wollte.

Sie applaudierten den Musikern, den Tänzerinnen und Tänzern, den Choreografen und all den andern, die mitgewirkt hatten – aber sie spendeten auch der Schweiz Applaus. Ihre Begeisterung galt auch der Eigenart unseres Landes, der Haltung: So machen wir es, und wir machen es gut. An diesen zwei Abenden waren 80’000 Menschen stolz auf die Schweiz. Und die Unzähligen, die so wie ich das Konzert später am Bildschirm sahen, waren es auch.

Nur eine Woche danach pilgerten 400’000 Menschen nach Pratteln an das vier Tage dauernde Eidgenössische Schwing- und Älplerfest. Nie zuvor hatte der traditionelle Anlass so viele Besucher erlebt. Es war ein einziges, alle bisherigen Dimensionen sprengendes Volksfest, und es gab keinen einzigen grösseren Zwischenfall. Auch hier feierten die Menschen nicht nur die Kämpfer im Sägemehl, sondern das eigentümlich Schweizerische dieses uralten Brauchtums. Wo sonst in einem kleinen Land kommen so viele Menschen zusammen, bloss um Männern zuzusehen, die sich an den Hosen zu Boden reissen oder einen 83 Kilogramm schweren Stein – den Unspunnenstein – so weit wie möglich von sich stossen?

Das sind nur zwei herausragende Superlative der letzten Monate für eine Entwicklung, die seit Jahren anhält und immer neuen Höhepunkten entgegentreibt: die unaufdringliche Begeisterung eines Volkes für die Sitten und Bräuche des eigenen Landes. In Scharen strömen die Schweizerinnen und Schweizer an die jährlichen Alpabzüge, wenn die Sennen im September mit ihren blumenbekränzten Kühen von den Bergen herunterkommen. Zu Tausenden schwärmen die Wanderfreudigen Wochenende für Wochenende in die Wandergebiete aus, besetzen die letzten Plätze in den Bergrestaurants und die letzten freien Betten in den Alpenclubhütten. Und wohin wir auch unsere Blicke wenden: auf Werbeplakaten, im Fernsehen, in den gedruckten Medien – überall wird die Pracht der Berge und Seen grossformatig und farbenfroh abgebildet, überall wird mit der Schweiz geworben, überall wird Reklame gemacht mit Bündner-, Glarner- und Walliserdeutsch, überall wird im Fondue gerührt, überall flattern und prangen Schweizerkreuze in Stadt und Land, vor bald jedem Haus, überall tönen die Glocken der Trychler, die Alphörner und die Juchzer …

von Nicolas Lindt


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Von wegen gefährliche Sekte

Das Aufklärungspotenzial von Sekteninformationsstellen.

Die Maskenmedien legten sich mächtig ins Zeug, um ihr Sommerloch mit Verleumdungen gegen die Bürgerrechts- und Freiheitsbewegung zu stopfen. Den ersten Schritt machte Relinfo, das Portal der Evangelischen Informationsstelle Kirchen–Sekten–Religionen. In einem warnenden Appell wurden Graswurzle und Urig mehr oder weniger als bedrohliche Haufen esoterisch-paranoider Waffennarren gebrandmarkt. Beim Stammpublikum von Relinfo, gläubigen Christen, die Gemeinschaft und Nächstenliebe hochhalten, kam der Diffamierungsversuch zwar nicht gut an, doch die Jünger des Mainstreams und Zeugen Coronas beklatschten dankbar die Auffrischung und Bestätigung ihrer Lieblingsvorurteile.

Nun war ich aber zu einem dieser gefährlichen Graswurzle-Treffen eingeladen worden. Da ich befürchten musste, mich damit ins sektiererische Abseits zu reiten, rief ich kurzerhand bei Relinfo an, denn «die Informationsstelle informiert alle Personen und Institutionen, welche Fragen zu religiösen oder weltanschaulichen Bewegungen haben». Ich wollte ihre professionellen beraterischen Dienste in Anspruch nehmen. Sicher würden sie mich vor dem Verderben retten.

Guten Tag, ich bin von Freunden eingeladen worden, um mitzumachen bei Graswurzle. Die haben mir viele gute Dinge darüber erzählt. Ich habe aber gehört, es sei eine gefährliche Sekte und wollte wissen, was da dran ist.

Wer sagt, dass das eine gefährliche Sekte ist?

Na, das hab ich in den Zeitungen gelesen.

Aha. Ja, es ist halt einfach eine weltanschauliche Bewegung, und es macht schon Sinn, dass man dort mitmacht, wenn man diese Vorstellungen teilt, die dort vertreten werden.

Also … Sie sagen, es macht Sinn, dort mitzumachen?!

Ja, wenn Sie diese Vorstellungen teilen, das ist einfach die Bedingung. Es ist eine weltanschauliche Bewegung mit gewissen Vorstellungen, mit einem esoterischen Weltbild, die sind so ein bisschen der Politik gegenüber kritisch, vertreten auch eine Menge Verschwörungstheorien. Und damit darf man kein Problem haben, sonst ist man bei Graswurzle am falschen Ort. Wenn Sie zum Beispiel sagen, sie sind überzeugt muslimisch oder ein überzeugter Christ, dann würde es wahrscheinlich nicht so passen. Aber wenn Sie ein esoterisches Weltbild haben und der Politik gegenüber kritisch eingestellt sind, dann finden Sie dort Leute, die ähnlich eingestellt sind wie Sie.

Ach so. Also ich bin eigentlich schon christlich geprägt von meiner Erziehung her. Und ich kenne Leute, die dort mitmachen, die sind zweifellos christlich.

Ach so.

Und was hat es genau mit den Verschwörungstheorien auf sich?

Ja zum Beispiel zum Thema Corona und so. Das Problem ist, dass Sie die teilen müssen. Andernfalls sind Sie dort am falschen Ort.

Sie meinen wegen der Impfung?

Ja genau. Die sind impfkritisch natürlich und vertreten Theorien, die aus wissenschaftlicher Sicht unzutreffend sind. Wenn Sie sich darüber aufregen würden, wären Sie dort am falschen Ort.

Also zum Beispiel, dass die Impfung gefährlich ist?

Zum Beispiel.

Also ich habe Freunde, denen es seit der Corona-Impfung nicht gut geht. Einer leidet seither an Leukämie, ein anderer hatte einen Herzinfarkt. Ein weiterer schwere epileptische Anfälle. Ein alter Klassenkamerad hatte eine Herzmuskelentzündung. Und ich weiss von zwei Leuten in meinem Umfeld, die kurz nach dem Pieks tot umgefallen sind …

Also, Sie wissen ja, wie Sie zu dem Thema stehen. Wenn Sie für die Impfung sind, sind Sie falsch bei der Graswurzle. Wenn Sie dagegen sind, dann treffen Sie dort Gesinnungsgenossen. Hat das Ihre Fragen soweit geklärt? (leicht ungeduldig)

Und was sind die Verschwörungstheorien?

Eben, zum Beispiel bezüglich der Impfung.

Also, dass die Impfung gefährlich ist?

Nein, nein (lacht) das hat jetzt niemand gesagt. Aber Sie müssen das teilen. Gefährlich wird es für Sie dann – also, gefährlich – negativ wird es für Sie dann, wenn Sie irgendwo dabei sind, wo Leute etwas ganz anderes glauben als Sie selbst. Es geht nicht um objektive Gefahr. Sondern darum, dass Graswurzle gut ist für Leute, die diese Inhalte teilen. Und schlecht für Menschen, die etwas anderes glauben. …

von Christian Schmid Rodriguez


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In Stein gemeisselt

Alcide Rüefli beschreitet nun schon sein achtes Lebensjahrzehnt, doch sein Tatendrang und seine Energie scheinen ungebrochen. Beinahe sein ganzes Leben hat sich zwischen Granitblöcken und Sandstein abgespielt.

Unzählige Skulpturen zeugen von seinem künstlerischen Wirken. Die aktuellste Figur ist die seiner sehr eigenwilligen Justitia, die als Wahrzeichen einige Zeit den Platz über der Tellsplatte in Sisikon schmückte.

Wir haben den Steinbildhauer Alcide Rüefli in Grenchen, Kanton Solothurn, besucht. Rüefli ist ein Urgestein seiner Zunft. Und er steht felsenfest zu seinen Ansichten und seiner Einstellung, die er oft in ziemlich rauem Ton klarmacht. Mit einem unterschwelligen, manchmal nicht so leicht verständlichen Humor macht er aus seiner Meinung kein Hehl. Gerade wenn wir über die heutige Zeit sprechen, kommen oft nicht ganz druckreife zornige Ausdrücke daher. Doch Rüefli betont immer wieder, dass seine Äusserungen deckungsgleich mit der Bundesverfassung seien. Diese liegt griffbereit auf seinem Stubentisch, sie ist voll mit farbig markierten Zeilen, die ihm wichtig sind. Besonders Artikel Nr. 21, «Die Freiheit der Kunst ist gewährleistet», ist da ganz dick angestrichen.

Es ist ein buntes Heftchen geworden, diese Bundesverfassung, mit all den Artikeln, die in seinen Augen von der Politik ausgehebelt wurden. Und wenn er dann beginnt, diese zu zitieren, wird Rüefli meist ziemlich laut, worauf er sich aber umgehend lachend für seinen «groben» Ton entschuldigt.

Bei seinem eher ungewohnten romanischen Vornamen, Alcide, handelte es sich ursprünglich um einen Beinamen des griechischen Herakles. Vielleicht verpflichtet ihn dieser, die lange Geschichte der Steinbildhauerei vor Ort zu studieren. Ob es sich um die Werke der alten Ägypter, der Inkas, der Renaissance, der Gotik oder der Zeitgenossen handelt – Rüefli erweitert so stetig sein umfangreiches historisches Wissen. So betont und belegt er immer wieder, dass wir ohne seine Berufskollegen im Altertum keine Dokumente über die Frühzeit der Menschheit hätten: «Wir wüssten nichts mehr!» …

von Herbert Schweizer


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Eigentor

Niemand im Stadion hielt den Atem an, als ein abgelenkter Schuss den Angriff der Gäste aus Gladbach abschloss. Der FC Energie Cottbus führte 3:2, es waren nur noch fünf Minuten zu spielen. Der Ball flog hoch in die Luft und senkte sich langsam, genau auf Torhüter Tomislav Piplica – eigentlich ein sicheres Ding für den erfahrenen Keeper. Doch im Glauben daran, dass der Ball über das Tor fliegen würde, erkannte er die Gefahr viel zu spät. Als Piplica endlich die Arme hochriss, war es längst zu spät, und so war es der eigene Hinterkopf des bosnischen Torhüters, der den Ball zum späten Ausgleich ins Tor beförderte.

Das bizarre Ereignis gilt auch 20 Jahre später noch als eines der legendärsten Eigentore der Fussballgeschichte. Und doch ist es nichts im Vergleich dazu, was die globale Machtelite gerade abzieht. In sämtlichen Einflussbereichen laufen die Mächtigen mit atemberaubender Geschwindigkeit zum eigenen Tor, um den Ball unhaltbar im oberen Eck zu versenken. Das Fundament der Mächtigen zerbröselt vor unseren Augen und es sind die Presslufthämmer jener, deren prunkvolle Häuser auf diesem Fundament stehen, die den Abbruch so richtig voranbringen.

Dissens und die Machtfrage

Infowars nennt Alex Jones sein alternatives Medienportal, das unter heftigen Beschuss geraten ist. Man mag von dem umtriebigen Jones halten, was man will, doch der Name «Infokriege» trifft perfekt auf die Situation zu. Es findet ein Kampf um die Köpfe der Menschen statt und der Ausgang dieses Kampfes wird über die Geschicke der Menschheitsfamilie entscheiden. Es geht um Freiheit oder Untergang. Zu dramatisch? Keineswegs, wie die Geschichte zeigt.

Der dynamische Kampf um die Köpfe der Menschen wird zuweilen mit grossartigen Erfindungen auf neue Schlachtfelder geführt. Als der Goldschmied Johannes Gutenberg im Jahr 1450 erstmals ein Drucksystem einführte, folgte der technischen eine gesellschaftliche Revolution, in der die allmächtigen Kleriker und Monarchen versuchten, ihr Monopol über das Wissen und Denken zu wahren. In einem letztlich vergeblichen Rückzugsgefecht gegen die massenhafte Verbreitung von Wissen versuchten die Mächtigen alles in ihrer Macht stehende, um die Revolution abzuwenden. Vor allem Zensur, Angsterzeugung und Diffamierung waren die Mittel der Eliten in einem langen Kampf, der über Jahrhunderte geführt wurde. Doch die Umwälzung der Machtstrukturen konnten sie nicht verhindern. Kirchen und Monarchien mussten ihre Allmacht abgeben und teilen lernen mit den neuen Mächtigen, die sich anschickten, das Zepter zu übernehmen. …

von Michael Bubendorf



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Ode an den November

Unsere Beziehung war lange Zeit kompliziert und schwierig – sogar belastend. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, ganz im Gegenteil. Jeder Gedanke an dich erfüllte mich mit Schrecken. Überall Nebel. Eine sehr dunkle Vorahnung. Das nackte Grau. Das nackte Grauen.
Und immer, wenn du dann wieder an mir vorbeigezogen warst, jedes Jahr, exakt um die gleiche Zeit, liessest du mich verwundet zurück. Ich war gezeichnet von deiner Erbarmungslosigkeit. Und ich fühlte diese grosse Erleichterung, wenn deine Kälte wieder vorüber war, wenn sie endlich vorüber war – für ein Jahr. Wenn ich dich einmal mehr überlebt hatte – immer zuverlässig nach 30 Tagen. Denn zuverlässig, das warst du schon immer.

Dass sich dies zu einer Liebesgeschichte zwischen uns entwickeln würde, kann ich mir bis heute nicht erklären. Vielleicht liegts am Alter. Mit dem Alter kann man vieles begründen und erklären: Wieso also nicht auch eine neue Liebe? Einen neuen Vertrauten? Vielleicht hats auch mit einer neuen Erdung, einer neuen Gelassenheit zu tun, die irgendwann kommt. Irgendwann. Mit dem Alter. Vielleicht ist es auch ein Wunder. Wer weiss das schon.

Am Anfang unserer Liebesbeziehung stand die uralte Erkenntnis, dass im Sterben Schönheit liegt. Ein Baum, nackt, seiner Schönheit beraubt, nur umschlossen von Eis und Frost. Selbst als Betrachter spürt man das Sterben – und gleichzeitig die darin liegende Kraft. Denn auf den Tod folgt die Auferstehung – im Frühling.
Das ist auch die Hauptaussage des Evangeliums, übrigens: Ein sterbender Mann am Kreuz, der durch Seinen Tod, durch Sein Sterben dort oben, erhöht und zutiefst erniedrigt, Seinen Nachfolgern neues und ewiges Leben verspricht. Und dieses Versprechen auch hält. Mit der Auferstehung – an Auffahrt.

Lange war der Tag des Herbstbeginns für mich der schlimmste Tag von allen. Das Wissen darum, dass es von nun an für eine sehr lange Zeit steil bergab geht. Unaufhaltbar Richtung Kälte. Richtung Finsternis. Unheimlich. Und während der Oktober, dieses letzte Bollwerk gegen die unaufhaltsame Dunkelheit uns doch zu
versöhnen und zu heilen versucht mit seinem Leuchten, seiner Wärme, seinen Lebensstrahlen, so hast du, mein lieber November, all das nicht zu bieten.
Während der Februar, dieser Fiesling, voller vager Hoffnung glüht und der Mai, dieser alte Betrüger uns immer wieder aufs Neue austrickst und täuscht mit seinem Versprechen auf neues immerwährendes Leben; während der Juli, dieser Hochstapler, uns die Fülle verspricht, die uns später, im Herbst, wieder genommen wird, machst du uns nichts vor. Kein Gedanke an dich ist je verbunden mit Vorfreude. Du versprichst uns nichts. Und du hältst deine Versprechen gut.
Du hast uns weder Euphorie noch Wärme zu bieten. Auch die Hoffnung, dieses Elixier, das jeden Menschen durchs Leben trägt, nebst Glauben und Liebe, gewährst du nur in kleinen Dosen. Hoffnung, so scheint es, gibt es erst, wenn du vorbei bist: im Dezember. Schnee. Wärme. Tee. Aber leider auch: Kitsch, Klamauk. Und fahler Kommerz.

Deshalb kann ich meine Gefühle nicht anders ausdrücken als vielleicht so:
Du bist, lieber November, von allen Monaten der ehrlichste!

Du bist Nebel, wohin man blickt. Du bist Kälte, egal, wo man steht. Die Sonne, dieses Fremdwort in deinem Vokabular, zeigst du uns oft nur, wenn wir sie uns verdienen. Nach einem langen Aufstieg zum Beispiel. Wenn man oben steht. Wärme und Licht sind bei dir nicht umsonst zu haben. Manchmal bleiben sie uns selbst nach einem Kraftakt verschlossen. In all deinen Facetten bist du, lieber November, wie das Leben selbst. In dir erkennen wir unser Laufen und Ringen, unsere Kämpfe, unsere Niedergeschlagenheit – manchmal auch unsere unbändige Euphorie, denn:
Jede Freude muss verdient sein. Jede Beziehung strengt an. Auf jeden Aufstieg folgt ein Abstieg. Jeder Rausch ist nur auf Zeit.

Deine Schönheit sieht nur, wer sie sehen will. Du verzauberst mit deiner überfliessenden, rauen, ehrlichen, verschwenderischen Romantik. Du geizt mit deinen Reizen und machst sie deshalb umso begehrenswerter. Du verlangst uns alles ab und versöhnst uns an einem deiner seltenen Sonnentage.
Du, lieber November, du, ja du, meine neue Liebe, du wirst nur von wenigen geliebt. Dafür umso inniger. Denn du bist Aufbruch und Rauheit, du bist grau, und deshalb leuchten deine Farben umso bunter – für alle, die sie sehen wollen. Du trägst das Sterben in allen deinen Zügen und weist so auf die Auferstehung hin – irgendwann, im April.

Wie konnte ich mich so lange in dir täuschen? Wie konnte ich nur deine Erhabenheit so lange verschmähen? Wie konnte ich jemals dich nicht lieben? ♦

von Jérôme Schwyzer
Lehrer und Präsident des Lehrernetzwerks Schweiz


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