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Autor: Herbert Schweizer

Zwei Jahre nach der grossen Demo

Am 23. Oktober 2021 bewegt sich einer der grössten Demonstrationszüge in der Geschichte der Schweiz in Bern. Volle Gassen und Plätze vom Münster bis hoch zum Bundesplatz vor die Nationalbank. Niemand kann sie zählen, die vielen Tausend Menschen aus allen Schichten unserer Gesellschaft. Ein Nein zu unserer Regierung, unseren Parlamenten, den meisten Medizinern und zu unseren Ämtern. Die Ja-Sager zu all den Verbrechen der letzten Jahre sucht man in der Berner Altstadt an diesem Tag vergebens. Keiner der Verantwortlichen steht Red und Antwort.

Wir schreiben Oktober 2023. Zwei Jahre sind vergangen seit der Demo in unserer Bundeshauptstadt.

Und nun? Zähnefletschend grinsen sie uns an, von Plakatwänden herunter und auf Flugblättern. Sie spotten wieder rechthaberisch über uns, ohne Einsicht, Bedauern oder Demut, dafür mit viel Vergesslichkeit und Arroganz. Sie haben uns damals als Covid-Idioten verleumdet, uns die Pocken an den Hals gewünscht und uns unserer Freiheit beraubt. Sie haben unsere Eltern und Grosseltern einsam sterben lassen, ohne unsere tröstend haltenden Hände. Sie haben Tausende Kinder ihrer Zukunft beraubt und in die Depression getrieben. Sie belügen und betrügen, berauben und bestehlen uns weiter im Solde irgendwelcher Geldgieriger hier und irgendwo. Wir sollen nicht erfahren, wohin unsere Löhne und Renten fliessen und warum unser Geld immer weniger wird.

Und sie alle waren sich des Unrechts immer bewusst, von Anfang an.

Es ist das erste Mal seit ich wählen soll, dass ich keine Wahl habe. Früher wählte ich das kleinere Übel und habe dabei Leute wie einen Alain Berset und seine Entourage erhalten. Nun habe ich alle meine Wahlzettel und die verlogenen Prospekte ins Altpapier geworfen und denke an die Bäume, die ihr Leben für diese Leute lassen mussten. Ich habe meinen Glauben an die Demokratie verloren.

Und dabei denke ich wieder an die Worte von Yoki in ihrem «Vergeben». Hört´s euch an, bevor ihr wählen geht. ♦

von Herbert Schweizer


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Sag mir, wo ihr alle seid

Ganz hinten im Bus sitze ich, wir fahren am Thunersee entlang. Leiser Regen fällt auf die Windschutzscheibe. Ein Tag im grauen Frühsommer 2017. Ein paar Reihen vor mir sitzt ein Mensch, ganz klein zusammengekauert.

Oberhofen. Der kleine Mensch steht auf, schaut in meine Richtung, steigt aus. War es ein Nicken, ein Erkennen, ein Gruss? Ich grüsse zurück: «Salü Polo!» Nicht lange später ist er gegangen. Für immer. Der grosse Polo Hofer. Nur zwei Jahre älter als ich heute bin. Nun ist es fünf Jahre her, seit ich von seinem Tod erfahren habe.

Viele der anderen Grossen, die mich in irgendeiner Form seit meiner Kindheit begleitet haben, sind nicht mehr da. Es sind nicht nur berühmte Namen wie Polo, Mani Matter, Endo Anaconda, John Lennon, Martin Luther King, Nelson Mandela und viele mehr.

Sie heissen Beat Stähli, mit seinen wundervoll kraftstrotzenden Skulpturen. Werner Hostettler, der Tausende mit seinen Geschichten in Lokalzeitungen zu berühren verstand. Daniel Laroche, aus dem gleichen Metier, ein Regisseur und oft unterschätzter, überragender Geist. Michel Biedermann und seine unvergessliche Klarinette, seine ansteckende Begeisterungsfähigkeit. Dann die wundervolle Moni Linder, die von ihrem Pferd geworfen wurde – mit wenig mehr als 30 Jahren. Mein wunderbarer Grossvater und seine grosse, von viel Liebe erfüllte Frau. Sie alle sind gegangen.

Und ihr fehlt mir.

Gerade heute, wo ich und viele andere euch so nötig gehabt hätten. Mit eurer Gradlinigkeit, eurem wachen Geist, euren Emotionen und eurer Empathie. Wie hätten wir euch heute doch so nötig …

von Herbert Schweizer


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Bariletti – durch Dur und Moll

Der Musiker und Tüftler Jürg Bariletti hat in seinem Leben alle möglichen Tonlagen durchgespielt und immer wieder von Neuem angefangen. Im Gespräch erzählt er uns über die vielen Stationen in seinem Leben, wie ihn seine Kindheit geprägt hat, und woher seine «Autoritätsparanoia» kommt.

Einige Stufen hinab, durch einen verwinkelten Gang. Es eröffnet sich dem Besucher ein kleiner Saal, der beinahe an eine Ausstellung erinnert; das Reich des freien Experimentalmusikers, Pianisten und Klavierrestaurators Jürg Bariletti. Herzlich ist sein Willkomm zwischen Klavieren, selbstgebauten Instrumenten, Kunstwerken eines Untermieters, einer kleinen Bar mit dahinterliegender Küche. Dann der Flügel, sein wichtiger Mittelpunkt im Raum.

Es ist nicht einfach, wenn nicht gar unmöglich, Bariletti einzuordnen. Musiker, Klavierrestaurator und Pianostimmer, Künstler; all dies zeigt nur einen kleinen Teil seiner grossen Vielseitigkeit und seiner Begabungen.

Wir sitzen nebeneinander auf einem alten Sofa an der Wand und plaudern über vergangene Zeiten, das Heute und über uns. Seine Geschichte und sein umfangreiches Wissen beeindrucken. Ein feinfühliges Wesen kommt an die Oberfläche. Sein Leben, von vielen Höhen und zahlreichen Tiefen gezeichnet, hat zahlreiche Tonlagen, wie es für einen von grandioser Musikalität durchfluteten Musiker offensichtlich zwingend ist.

Bariletti ist in Chur zusammen mit seiner Schwester bei Adoptiveltern aufgewachsen, nachdem die beiden in einem Waisenhaus gelebt hatten. Oft wird seine Geschichte von einem ansteckenden Lachen unterbrochen. Dies, obwohl seine Kindheit wenig Anlass dazu gegeben hat. Die beiden Geschwister gehörten zu den Hunderten von «Kindern der Landstrasse», die von Schweizer Behörden ihrer Mutter und Familie entrissen, geraubt und fremdplatziert wurden.

Er durchlebt diese Kindheit in einer patriarchalisch geprägten Adoptivfamilie, die keine Abweichungen von ihrem sehr engstirnigen Lebensbild zulässt. Seine Kontakte zu Gleichaltrigen sind hart eingeschränkt, aus Furcht, er könne ungeliebten Einflüssen ausgesetzt werden, wie Plastikspielzeug, Fernseher, Süssigkeiten, Comics und anderem mehr. Diese Erziehungsmethode würde heute als «schwarze Pädagogik» bezeichnet. Daraus resultierte, wie Bariletti festhält, «eine Autoritäts- und Beobachtungsparanoia, welche mich bis heute prägt» …

von Herbert Schweizer


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In Stein gemeisselt

Alcide Rüefli beschreitet nun schon sein achtes Lebensjahrzehnt, doch sein Tatendrang und seine Energie scheinen ungebrochen. Beinahe sein ganzes Leben hat sich zwischen Granitblöcken und Sandstein abgespielt.

Unzählige Skulpturen zeugen von seinem künstlerischen Wirken. Die aktuellste Figur ist die seiner sehr eigenwilligen Justitia, die als Wahrzeichen einige Zeit den Platz über der Tellsplatte in Sisikon schmückte.

Wir haben den Steinbildhauer Alcide Rüefli in Grenchen, Kanton Solothurn, besucht. Rüefli ist ein Urgestein seiner Zunft. Und er steht felsenfest zu seinen Ansichten und seiner Einstellung, die er oft in ziemlich rauem Ton klarmacht. Mit einem unterschwelligen, manchmal nicht so leicht verständlichen Humor macht er aus seiner Meinung kein Hehl. Gerade wenn wir über die heutige Zeit sprechen, kommen oft nicht ganz druckreife zornige Ausdrücke daher. Doch Rüefli betont immer wieder, dass seine Äusserungen deckungsgleich mit der Bundesverfassung seien. Diese liegt griffbereit auf seinem Stubentisch, sie ist voll mit farbig markierten Zeilen, die ihm wichtig sind. Besonders Artikel Nr. 21, «Die Freiheit der Kunst ist gewährleistet», ist da ganz dick angestrichen.

Es ist ein buntes Heftchen geworden, diese Bundesverfassung, mit all den Artikeln, die in seinen Augen von der Politik ausgehebelt wurden. Und wenn er dann beginnt, diese zu zitieren, wird Rüefli meist ziemlich laut, worauf er sich aber umgehend lachend für seinen «groben» Ton entschuldigt.

Bei seinem eher ungewohnten romanischen Vornamen, Alcide, handelte es sich ursprünglich um einen Beinamen des griechischen Herakles. Vielleicht verpflichtet ihn dieser, die lange Geschichte der Steinbildhauerei vor Ort zu studieren. Ob es sich um die Werke der alten Ägypter, der Inkas, der Renaissance, der Gotik oder der Zeitgenossen handelt – Rüefli erweitert so stetig sein umfangreiches historisches Wissen. So betont und belegt er immer wieder, dass wir ohne seine Berufskollegen im Altertum keine Dokumente über die Frühzeit der Menschheit hätten: «Wir wüssten nichts mehr!» …

von Herbert Schweizer


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Mit der Liebenswürdigkeit des Hofnarren

Gilbert & Olegs Fahrieté: «Robin Hood – The Great Resist»

Nur selten ist bei Gauklern solch eine Vielfalt an Figuren im gleichen Stück zu sehen wie bei Gilbert und Olegs «Robin Hood– The Great Resist». König, Zwerg, Gnom, Magier, Barde, Prophet, Hofnarr, Maid Marian, Puppenspiel – nichts wird ausgelassen. Das Varieté, das vordergründig als hervorragender Klamauk mit umfangreichen Musikeinlagen, Clownerie und Magie daherkommt, verblüfft durch seinen Tiefgang und langweilt keine Sekunde. Dennoch lassen die beiden Artisten in ihrer grossartigen Komödie durchblicken, in welch üblen Zeiten wir leben.

Schenkelklopfer werden hier nicht bedient. Die beiden Figuren Gilbert und Oleg, dem Duo des klassischen Weissclowns und dummen Augusts nachempfunden, driften aber nie in Trübsinn oder Schwermut ab. Trotz den unzähligen Versuchen Gilberts, dem übermütigen Oleg ein wenig die Zügel anzuziehen und ihn zu mässigen, landet dieser seine bösen Spitzen gegen die Obrigkeit mit der Liebenswürdigkeit des Hofnarren. Der «Pöbel, das gemeine Volk» vor der kleinen, liebevoll gestalteten Bühne ist begeistert darüber. Vor lauter Kreativität fällt kaum auf, dass das Bühnenbild eigentlich verblüffend einfach ist. Aus Wenigem wurde hier Enormes gebaut.

Die mittelalterliche Legende und die Balladen über Robin Hood, den Namensgeber des Stückes, dringen immer wieder durch. Besonders wenn es darum geht, den Mächtigen – in diesem Fall dem narzisstischen König oder dem Sheriff von Nottingham – den Spiegel vorzuhalten und sie ihrer Lächerlichkeit preiszugeben. Dabei dürften die äusserlichen Ähnlichkeiten zu lebenden Persönlichkeiten möglicherweise nicht ganz zufällig sein. …


von Herbert Schweizer


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