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Von wegen gefährliche Sekte

Das Aufklärungspotenzial von Sekteninformationsstellen.

Die Maskenmedien legten sich mächtig ins Zeug, um ihr Sommerloch mit Verleumdungen gegen die Bürgerrechts- und Freiheitsbewegung zu stopfen. Den ersten Schritt machte Relinfo, das Portal der Evangelischen Informationsstelle Kirchen–Sekten–Religionen. In einem warnenden Appell wurden Graswurzle und Urig mehr oder weniger als bedrohliche Haufen esoterisch-paranoider Waffennarren gebrandmarkt. Beim Stammpublikum von Relinfo, gläubigen Christen, die Gemeinschaft und Nächstenliebe hochhalten, kam der Diffamierungsversuch zwar nicht gut an, doch die Jünger des Mainstreams und Zeugen Coronas beklatschten dankbar die Auffrischung und Bestätigung ihrer Lieblingsvorurteile.

Nun war ich aber zu einem dieser gefährlichen Graswurzle-Treffen eingeladen worden. Da ich befürchten musste, mich damit ins sektiererische Abseits zu reiten, rief ich kurzerhand bei Relinfo an, denn «die Informationsstelle informiert alle Personen und Institutionen, welche Fragen zu religiösen oder weltanschaulichen Bewegungen haben». Ich wollte ihre professionellen beraterischen Dienste in Anspruch nehmen. Sicher würden sie mich vor dem Verderben retten.

Guten Tag, ich bin von Freunden eingeladen worden, um mitzumachen bei Graswurzle. Die haben mir viele gute Dinge darüber erzählt. Ich habe aber gehört, es sei eine gefährliche Sekte und wollte wissen, was da dran ist.

Wer sagt, dass das eine gefährliche Sekte ist?

Na, das hab ich in den Zeitungen gelesen.

Aha. Ja, es ist halt einfach eine weltanschauliche Bewegung, und es macht schon Sinn, dass man dort mitmacht, wenn man diese Vorstellungen teilt, die dort vertreten werden.

Also … Sie sagen, es macht Sinn, dort mitzumachen?!

Ja, wenn Sie diese Vorstellungen teilen, das ist einfach die Bedingung. Es ist eine weltanschauliche Bewegung mit gewissen Vorstellungen, mit einem esoterischen Weltbild, die sind so ein bisschen der Politik gegenüber kritisch, vertreten auch eine Menge Verschwörungstheorien. Und damit darf man kein Problem haben, sonst ist man bei Graswurzle am falschen Ort. Wenn Sie zum Beispiel sagen, sie sind überzeugt muslimisch oder ein überzeugter Christ, dann würde es wahrscheinlich nicht so passen. Aber wenn Sie ein esoterisches Weltbild haben und der Politik gegenüber kritisch eingestellt sind, dann finden Sie dort Leute, die ähnlich eingestellt sind wie Sie.

Ach so. Also ich bin eigentlich schon christlich geprägt von meiner Erziehung her. Und ich kenne Leute, die dort mitmachen, die sind zweifellos christlich.

Ach so.

Und was hat es genau mit den Verschwörungstheorien auf sich?

Ja zum Beispiel zum Thema Corona und so. Das Problem ist, dass Sie die teilen müssen. Andernfalls sind Sie dort am falschen Ort.

Sie meinen wegen der Impfung?

Ja genau. Die sind impfkritisch natürlich und vertreten Theorien, die aus wissenschaftlicher Sicht unzutreffend sind. Wenn Sie sich darüber aufregen würden, wären Sie dort am falschen Ort.

Also zum Beispiel, dass die Impfung gefährlich ist?

Zum Beispiel.

Also ich habe Freunde, denen es seit der Corona-Impfung nicht gut geht. Einer leidet seither an Leukämie, ein anderer hatte einen Herzinfarkt. Ein weiterer schwere epileptische Anfälle. Ein alter Klassenkamerad hatte eine Herzmuskelentzündung. Und ich weiss von zwei Leuten in meinem Umfeld, die kurz nach dem Pieks tot umgefallen sind …

Also, Sie wissen ja, wie Sie zu dem Thema stehen. Wenn Sie für die Impfung sind, sind Sie falsch bei der Graswurzle. Wenn Sie dagegen sind, dann treffen Sie dort Gesinnungsgenossen. Hat das Ihre Fragen soweit geklärt? (leicht ungeduldig)

Und was sind die Verschwörungstheorien?

Eben, zum Beispiel bezüglich der Impfung.

Also, dass die Impfung gefährlich ist?

Nein, nein (lacht) das hat jetzt niemand gesagt. Aber Sie müssen das teilen. Gefährlich wird es für Sie dann – also, gefährlich – negativ wird es für Sie dann, wenn Sie irgendwo dabei sind, wo Leute etwas ganz anderes glauben als Sie selbst. Es geht nicht um objektive Gefahr. Sondern darum, dass Graswurzle gut ist für Leute, die diese Inhalte teilen. Und schlecht für Menschen, die etwas anderes glauben. …

von Christian Schmid Rodriguez


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In Stein gemeisselt

Alcide Rüefli beschreitet nun schon sein achtes Lebensjahrzehnt, doch sein Tatendrang und seine Energie scheinen ungebrochen. Beinahe sein ganzes Leben hat sich zwischen Granitblöcken und Sandstein abgespielt.

Unzählige Skulpturen zeugen von seinem künstlerischen Wirken. Die aktuellste Figur ist die seiner sehr eigenwilligen Justitia, die als Wahrzeichen einige Zeit den Platz über der Tellsplatte in Sisikon schmückte.

Wir haben den Steinbildhauer Alcide Rüefli in Grenchen, Kanton Solothurn, besucht. Rüefli ist ein Urgestein seiner Zunft. Und er steht felsenfest zu seinen Ansichten und seiner Einstellung, die er oft in ziemlich rauem Ton klarmacht. Mit einem unterschwelligen, manchmal nicht so leicht verständlichen Humor macht er aus seiner Meinung kein Hehl. Gerade wenn wir über die heutige Zeit sprechen, kommen oft nicht ganz druckreife zornige Ausdrücke daher. Doch Rüefli betont immer wieder, dass seine Äusserungen deckungsgleich mit der Bundesverfassung seien. Diese liegt griffbereit auf seinem Stubentisch, sie ist voll mit farbig markierten Zeilen, die ihm wichtig sind. Besonders Artikel Nr. 21, «Die Freiheit der Kunst ist gewährleistet», ist da ganz dick angestrichen.

Es ist ein buntes Heftchen geworden, diese Bundesverfassung, mit all den Artikeln, die in seinen Augen von der Politik ausgehebelt wurden. Und wenn er dann beginnt, diese zu zitieren, wird Rüefli meist ziemlich laut, worauf er sich aber umgehend lachend für seinen «groben» Ton entschuldigt.

Bei seinem eher ungewohnten romanischen Vornamen, Alcide, handelte es sich ursprünglich um einen Beinamen des griechischen Herakles. Vielleicht verpflichtet ihn dieser, die lange Geschichte der Steinbildhauerei vor Ort zu studieren. Ob es sich um die Werke der alten Ägypter, der Inkas, der Renaissance, der Gotik oder der Zeitgenossen handelt – Rüefli erweitert so stetig sein umfangreiches historisches Wissen. So betont und belegt er immer wieder, dass wir ohne seine Berufskollegen im Altertum keine Dokumente über die Frühzeit der Menschheit hätten: «Wir wüssten nichts mehr!» …

von Herbert Schweizer


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Eigentor

Niemand im Stadion hielt den Atem an, als ein abgelenkter Schuss den Angriff der Gäste aus Gladbach abschloss. Der FC Energie Cottbus führte 3:2, es waren nur noch fünf Minuten zu spielen. Der Ball flog hoch in die Luft und senkte sich langsam, genau auf Torhüter Tomislav Piplica – eigentlich ein sicheres Ding für den erfahrenen Keeper. Doch im Glauben daran, dass der Ball über das Tor fliegen würde, erkannte er die Gefahr viel zu spät. Als Piplica endlich die Arme hochriss, war es längst zu spät, und so war es der eigene Hinterkopf des bosnischen Torhüters, der den Ball zum späten Ausgleich ins Tor beförderte.

Das bizarre Ereignis gilt auch 20 Jahre später noch als eines der legendärsten Eigentore der Fussballgeschichte. Und doch ist es nichts im Vergleich dazu, was die globale Machtelite gerade abzieht. In sämtlichen Einflussbereichen laufen die Mächtigen mit atemberaubender Geschwindigkeit zum eigenen Tor, um den Ball unhaltbar im oberen Eck zu versenken. Das Fundament der Mächtigen zerbröselt vor unseren Augen und es sind die Presslufthämmer jener, deren prunkvolle Häuser auf diesem Fundament stehen, die den Abbruch so richtig voranbringen.

Dissens und die Machtfrage

Infowars nennt Alex Jones sein alternatives Medienportal, das unter heftigen Beschuss geraten ist. Man mag von dem umtriebigen Jones halten, was man will, doch der Name «Infokriege» trifft perfekt auf die Situation zu. Es findet ein Kampf um die Köpfe der Menschen statt und der Ausgang dieses Kampfes wird über die Geschicke der Menschheitsfamilie entscheiden. Es geht um Freiheit oder Untergang. Zu dramatisch? Keineswegs, wie die Geschichte zeigt.

Der dynamische Kampf um die Köpfe der Menschen wird zuweilen mit grossartigen Erfindungen auf neue Schlachtfelder geführt. Als der Goldschmied Johannes Gutenberg im Jahr 1450 erstmals ein Drucksystem einführte, folgte der technischen eine gesellschaftliche Revolution, in der die allmächtigen Kleriker und Monarchen versuchten, ihr Monopol über das Wissen und Denken zu wahren. In einem letztlich vergeblichen Rückzugsgefecht gegen die massenhafte Verbreitung von Wissen versuchten die Mächtigen alles in ihrer Macht stehende, um die Revolution abzuwenden. Vor allem Zensur, Angsterzeugung und Diffamierung waren die Mittel der Eliten in einem langen Kampf, der über Jahrhunderte geführt wurde. Doch die Umwälzung der Machtstrukturen konnten sie nicht verhindern. Kirchen und Monarchien mussten ihre Allmacht abgeben und teilen lernen mit den neuen Mächtigen, die sich anschickten, das Zepter zu übernehmen. …

von Michael Bubendorf



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Ode an den November

Unsere Beziehung war lange Zeit kompliziert und schwierig – sogar belastend. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, ganz im Gegenteil. Jeder Gedanke an dich erfüllte mich mit Schrecken. Überall Nebel. Eine sehr dunkle Vorahnung. Das nackte Grau. Das nackte Grauen.
Und immer, wenn du dann wieder an mir vorbeigezogen warst, jedes Jahr, exakt um die gleiche Zeit, liessest du mich verwundet zurück. Ich war gezeichnet von deiner Erbarmungslosigkeit. Und ich fühlte diese grosse Erleichterung, wenn deine Kälte wieder vorüber war, wenn sie endlich vorüber war – für ein Jahr. Wenn ich dich einmal mehr überlebt hatte – immer zuverlässig nach 30 Tagen. Denn zuverlässig, das warst du schon immer.

Dass sich dies zu einer Liebesgeschichte zwischen uns entwickeln würde, kann ich mir bis heute nicht erklären. Vielleicht liegts am Alter. Mit dem Alter kann man vieles begründen und erklären: Wieso also nicht auch eine neue Liebe? Einen neuen Vertrauten? Vielleicht hats auch mit einer neuen Erdung, einer neuen Gelassenheit zu tun, die irgendwann kommt. Irgendwann. Mit dem Alter. Vielleicht ist es auch ein Wunder. Wer weiss das schon.

Am Anfang unserer Liebesbeziehung stand die uralte Erkenntnis, dass im Sterben Schönheit liegt. Ein Baum, nackt, seiner Schönheit beraubt, nur umschlossen von Eis und Frost. Selbst als Betrachter spürt man das Sterben – und gleichzeitig die darin liegende Kraft. Denn auf den Tod folgt die Auferstehung – im Frühling.
Das ist auch die Hauptaussage des Evangeliums, übrigens: Ein sterbender Mann am Kreuz, der durch Seinen Tod, durch Sein Sterben dort oben, erhöht und zutiefst erniedrigt, Seinen Nachfolgern neues und ewiges Leben verspricht. Und dieses Versprechen auch hält. Mit der Auferstehung – an Auffahrt.

Lange war der Tag des Herbstbeginns für mich der schlimmste Tag von allen. Das Wissen darum, dass es von nun an für eine sehr lange Zeit steil bergab geht. Unaufhaltbar Richtung Kälte. Richtung Finsternis. Unheimlich. Und während der Oktober, dieses letzte Bollwerk gegen die unaufhaltsame Dunkelheit uns doch zu
versöhnen und zu heilen versucht mit seinem Leuchten, seiner Wärme, seinen Lebensstrahlen, so hast du, mein lieber November, all das nicht zu bieten.
Während der Februar, dieser Fiesling, voller vager Hoffnung glüht und der Mai, dieser alte Betrüger uns immer wieder aufs Neue austrickst und täuscht mit seinem Versprechen auf neues immerwährendes Leben; während der Juli, dieser Hochstapler, uns die Fülle verspricht, die uns später, im Herbst, wieder genommen wird, machst du uns nichts vor. Kein Gedanke an dich ist je verbunden mit Vorfreude. Du versprichst uns nichts. Und du hältst deine Versprechen gut.
Du hast uns weder Euphorie noch Wärme zu bieten. Auch die Hoffnung, dieses Elixier, das jeden Menschen durchs Leben trägt, nebst Glauben und Liebe, gewährst du nur in kleinen Dosen. Hoffnung, so scheint es, gibt es erst, wenn du vorbei bist: im Dezember. Schnee. Wärme. Tee. Aber leider auch: Kitsch, Klamauk. Und fahler Kommerz.

Deshalb kann ich meine Gefühle nicht anders ausdrücken als vielleicht so:
Du bist, lieber November, von allen Monaten der ehrlichste!

Du bist Nebel, wohin man blickt. Du bist Kälte, egal, wo man steht. Die Sonne, dieses Fremdwort in deinem Vokabular, zeigst du uns oft nur, wenn wir sie uns verdienen. Nach einem langen Aufstieg zum Beispiel. Wenn man oben steht. Wärme und Licht sind bei dir nicht umsonst zu haben. Manchmal bleiben sie uns selbst nach einem Kraftakt verschlossen. In all deinen Facetten bist du, lieber November, wie das Leben selbst. In dir erkennen wir unser Laufen und Ringen, unsere Kämpfe, unsere Niedergeschlagenheit – manchmal auch unsere unbändige Euphorie, denn:
Jede Freude muss verdient sein. Jede Beziehung strengt an. Auf jeden Aufstieg folgt ein Abstieg. Jeder Rausch ist nur auf Zeit.

Deine Schönheit sieht nur, wer sie sehen will. Du verzauberst mit deiner überfliessenden, rauen, ehrlichen, verschwenderischen Romantik. Du geizt mit deinen Reizen und machst sie deshalb umso begehrenswerter. Du verlangst uns alles ab und versöhnst uns an einem deiner seltenen Sonnentage.
Du, lieber November, du, ja du, meine neue Liebe, du wirst nur von wenigen geliebt. Dafür umso inniger. Denn du bist Aufbruch und Rauheit, du bist grau, und deshalb leuchten deine Farben umso bunter – für alle, die sie sehen wollen. Du trägst das Sterben in allen deinen Zügen und weist so auf die Auferstehung hin – irgendwann, im April.

Wie konnte ich mich so lange in dir täuschen? Wie konnte ich nur deine Erhabenheit so lange verschmähen? Wie konnte ich jemals dich nicht lieben? ♦

von Jérôme Schwyzer
Lehrer und Präsident des Lehrernetzwerks Schweiz


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Würde – Der Sinn für sich

Warum es in einer zunehmend komplexen Welt für Gerald Hüther «nicht mehr darauf ankommt, eine Rolle zu spielen, sondern man selbst zu sein».

Von Bremen über den Kaukasus nach Russland bis hin nach Indien und China – das Verzauberungsvermögen von Märchen auf Kinder scheint grenzenlos. Aber warum? Weil sie im Gegensatz zum Mythos, so zumindest Lewis Carroll (Autor von «Alice im Wunderland»), mit Liebe erzählt werden: Im Märchen wird das Unendliche ins Endliche übersetzt, das Göttliche ins Menschliche, das Ewige ins Zeitliche, das Ideale ins Unvollkommene. Mit seiner bildhaften Sprache hebt das Märchen die Unzugänglichkeit der Welt auf, macht sie für das Kind verstehbarer. Das Märchen integriert Ambivalenzen, nuanciert zwischen Schwarz und Weiss. Es sind seine unendlichen Möglichkeiten der Identifikation, die negative Emotionen überwindbar erscheinen lassen.

Was aber passiert, wenn einem Kind nur noch wirklichkeitsgetreue Geschichten erzählt werden? Es kann zu dem Schluss kommen, seine innere Wirklichkeit sei für seine Eltern weithin bedeutungslos.

Zwischen Wollen und Sollen, Leben und gelebt werden

«Wer nur gemocht wird, wenn er den Vorstellungen seiner Eltern, seiner Erzieher und Lehrer entspricht, wird nicht geliebt, sondern benutzt.»
– Gerald Hüther

Kinder, so der Neurobiologe Gerald Hüther, internalisieren bereits in ihrer vorgeburtlichen Entwicklung eine Vorstellung dessen, was Liebe bedeutet: gleichzeitige Autonomie und Verbundenheit. Ein Grundvertrauen in das eigene Dasein, das von der Erfahrung, in den eigenen Wünschen und Träumen nicht ausreichend berücksichtigt zu werden, mehr als getrübt werden kann. Es lässt jenes Gefühl von Inkohärenz entstehen, dessen Riss immer dort aufklafft, wo Denken, Fühlen und Handeln keine Einheit mehr bilden. Das «innere Bild» dessen, was und wer man sein will, scheint mit den äusseren Umständen, den Erwartungen und Bewertungen der eigenen Mitmenschen nicht mehr kompatibel. Es entsteht der Eindruck, unverbunden, unverstanden, grundsätzlich so, wie man ist, nicht akzeptiert zu sein.

Dabei ist für ein Kind, dessen – an sein «inneres Bild» geknüpftes – «Ich» noch zu keiner vollständigen Identität herangereift ist, gerade jener mit seinem Ego verbundene Selbsterhaltungstrieb überlebenswichtig: Es braucht die Identifikationen seiner Mitmenschen, um sich selbst als etwas, das existiert, wahrzunehmen. Ihr Verlust oder fehlende Übereinstimmung mit dem eigenen Selbstbild, so Gerald Hüther, bedeutet einen Energieaufwand für unser Gehirn, der – insofern er langfristig nicht aufrecht erhalten werden kann – einzig zwei Ausgangsmöglichkeiten offenbart, um die ursprünglich Ordnung stiftende Orientierung wieder herzustellen: Entweder es werden die Inkohärenz verursachenden Umstände verändert oder man verändert sich selbst, passt sich und seine Bedürfnisse an die jeweils herrschenden Verhältnisse an.

Ähnlich verhält es sich bei einem Kind, dem – sei es durch verbales oder nonverbales Verhalten – zu verstehen gegeben wird, dass es so, wie es ist, «nicht richtig sei». Auch ihm verbleiben einzig zwei «Schuldzuweisungen», um dem Druck jener Qualitätsanforderungen habhaft zu werden und den gewünschten Zustand von Kohärenz wieder herbeizuführen: Entweder es erklärt die Leistungsanfordernden, sprich seine Eltern, das Schulsystem oder gleich die gesamte Gesellschaft für blöd, oder es sucht die Ursache der Qualitätsmängel bei sich und erklärt sich selbst für blöd. Egal für was es sich entscheidet: Zum Objekt eigener oder fremder Absichten gemacht zu werden, tut weh und untergräbt das ureigene Gefühl dessen, ein selbstbestimmter Mensch zu sein. Denn zieht das Kind sich nun in oder aus sich selbst zurück – in beiden Fällen erlischt das menschliche Grundbedürfnis nach Verbundenheit und Zugehörigkeit einerseits sowie Autonomie und Freiheit andererseits. Tritt jedoch Letzteres ein, und das Kind erklärt sich selbst als «zu doof» für diese Welt, reduziert es sich zum «Objekt seiner eigenen Bewertung» und bezeichnet sich selbst als nicht liebenswert.

Für dieses Kind ist es nicht nur nicht vorstellbar, jemanden zu lieben, ohne, dass damit Erwartungen oder Bedingungen verbunden sind – konform seiner Selbstauffassung als Objekt verliert es den Bezug zu seinen persönlichen Neigungen und Fähigkeiten, ersetzt seine eigenen Entscheidungen und Bedürfnisse durch die Interessen einer Obrigkeit. Anstatt seine eigenen Ideale zu entwickeln, adaptiert es die seiner Mitmenschen. Im Verlust seiner Intuition entfremdet es sich von sich selbst, verfehlt es, verliert es sein Selbst. Das Einzige, was in dieser Willenlosigkeit zu bleiben scheint, ist die Teilnahmslosigkeit: Hat das Kind kein Mitgefühl mehr für sich, kann es auch kein Gefühl für andere mehr entwickeln. Was damit beginnt, sich selbst nicht mehr zu spüren, endet darin, auch andere nicht mehr zu spüren. …

von Lilly Gebert


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Warum die neue Weltordnung nicht ohne globales Chaos implementiert werden kann

Die Ereignisse der letzten Jahre haben bei Menschen, die auf ihre Freiheit, ihr Eigentum und ihre persönliche Würde bedacht sind, eine wiederkehrende Sorge von Neuem aufleben lassen. Diese Sorge dreht sich um die potenzielle Entstehung der berüchtigten «neuen Weltordnung», eines weltweiten totalitären Komplotts, das von globalistischen «Eliten» ausgeheckt wurde, um die bestehenden Reste von Redefreiheit, freiem Unternehmertum und freiem Denken zu zerstören.

Bevor wir uns der Frage widmen, inwieweit solche Befürchtungen gerechtfertigt sind, sollten wir festhalten, dass die Erzählung von der «neuen Weltordnung» in der Regel ein «negatives» und ein «positives» Element enthält. Das «negative» Element beschreibt, wie die globalen Verschwörer einen weltweiten sozioökonomischen Zusammenbruch herbeiführen wollen – das heisst die «alte Weltordnung» beseitigen –, während sich das «positive» Gegenstück auf die Bauweise des globalen Totalitarismus konzentriert, der auf der Asche der Zerstörung errichtet werden soll. In diesem Zusammenhang ist es wichtig festzustellen, dass die Theoretiker der neuen Weltordnung den Totalitarismus fast immer als eine Art technokratischen Feudalismus mit kommunistischen Untertönen darstellen, der am ehesten an das heutige China erinnert, gepaart mit «politischer Korrektheit» nach westlichem Vorbild und malthusianischer Eugenik.

Was den «negativen» Teil der Erzählung betrifft, so kann man plausibel argumentieren, dass er keineswegs aus verschwörerischen Spekulationen besteht, sondern sich ganz offensichtlich vor unseren Augen entfaltet. Langfristig koordinierter globaler Inflationismus, anhaltende «Konjunkturausgaben», die Strangulierung des Energiesektors durch «Umweltschützer», der zerstörerische Irrsinn von Lockdowns und die unerbittliche Förderung des «woke»-Wahnsinns scheinen recht eindeutig den perfekten Sturm für das weltweit geplante Chaos zu bilden. Offensichtlich ist keines dieser Phänomene spontan, und man muss kein Genie sein, um ihre äusserst ruinösen Folgen zu erkennen. Die fortschreitende Zerstörung der «alten Weltordnung» – heute meist als «Great Reset» oder «building back better» bezeichnet – hat den Beigeschmack koordinierter Böswilligkeit und gibt Anlass zu berechtigten Sorgen.

Der «positive» Teil des Projekts der neuen Weltordnung scheint dagegen eher ein Schreckgespenst zu sein. Das liegt daran, dass die Art von globalem Totalitarismus, die sich Theoretiker in der Regel vorstellen, in der Praxis unmöglich ist.

Erstens würde eine umfassende Entvölkerung – weit davon entfernt, die meisten produktiven Ressourcen in den Händen der parasitären «Elite» zu zentralisieren – deren Macht erheblich untergraben, indem sie den Grossteil des produktiven Potenzials der Weltwirtschaft eliminiert. Wie Julian Simon feststellte, sind es schliesslich die Menschen mit ihrem Erfindungsreichtum und ihrem Unternehmertum, welche die Hauptantriebskraft der wirtschaftlichen Entwicklung darstellen. Mit der Verwirklichung ihrer malthusianischen Pläne würden die Globalisierungseliten also den Ast absägen, auf dem sie sitzen, und sich selbst zusammen mit ihren Opfern ausrotten.

Zweitens: Wenn die unterjochte Weltbevölkerung tatsächlich versklavt würde, anstatt in einem riesigen eugenischen Programm ausgemerzt zu werden, dann würde auch die neue Weltordnung in kürzester Zeit zusammenbrechen. Das liegt daran, dass ein stabiler, gut funktionierender internationaler Totalitarismus auf äusserst komplexe technologische Lösungen und riesige Mengen hochwertiger Kapitalgüter angewiesen wäre. …

von Jakub Bożydar Wiśniewski


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Advent, Advent – kein Lichtlein brennt!

Regierungen befürchten Unruhen oder gar Volksaufstände im Herbst und Winter. Teilweise liegen die Nerven jetzt schon blank angesichts drohender Energieengpässe und galoppierender Inflation.

Zwei Winter und noch ein bisschen länger haben uns die G’s begleitet und erschreckt, insbesondere 2G: Geimpft und/oder genesen. Die zwei G’s dürften, zumindest in weiten Teilen Mittel- und Nordeuropas durch zwei E’s ersetzt werden: Energie und Essen.

In der Schweiz will man, unter Androhung drakonischer Geld- oder sogar Gefängnisstrafen bis in die Wohnungen und Häuser der Bürger hineinregieren. Lichterlöschen ist allenthalben angesagt. In der ZHAW (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) sind Lehrende und Studierende angehalten, die Helligkeit ihrer Bildschirme herunterzufahren, WiFi wird abends abgestellt und der Campus wird sich in Dunkelheit hüllen: Verdunkelung ist angesagt – so etwas hat es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben. Robert Habeck, der deutsche Blackout-Minister schreibt mit seiner Frau Andrea Paluch…

von Marco Caimi


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Fragebogen an Marco Rima

Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?

Wenn ich morgens im Badezimmer stehe und in den Spiegel schaue, begrüsse ich mich jeweils mit den folgenden Worten: «Danke, o Herr, dass du so einen schönen Menschen geschaffen hast!» Und dann verlässt mein Sohn Nicolas (32) das Badezimmer, und zurück bleibt vor dem Spiegel ein untersetzter, älterer und weisshaariger Mann, der wohl auch schon mal bessere Tage erlebt hat – zumindest Aussehens-technisch!

Was glauben Sie, woher Sie kommen?

Meine Eltern haben mir gegenüber immer behauptet, ich sei die Frucht ihrer Liebe. Und um diese Frage auch noch gendergerecht zu beantworten, hat sich mein Vater, also Person 1, ergo der Samenspender, mit meiner Mutter, Person 2, der Person mit Uterus, fröhlich und in Liebe vereint. Und so wurde aus dieser Frucht dieser Liebe später ein ganz schönes «Früchtchen». Nämlich ich! Oder woher sollte ich denn sonst noch kommen?

Warum sollte man Ihnen zuhören?

Ich weiss es nicht … ich weiss nur, dass ich als König des Wikipedia-Halbwissens viel zu erzählen habe. Sehr viel Wissenswertes. Ich glaube Wissen macht sexy. Halbwissen ist nur halb sexy und nichts wissen ist dann gut, wenn man es mit der Mafia zu tun hat. Naja, als «Möchtegern-Intellektueller» ist man schon eine besondere Spezies. Warum? Ich versuche mich jeden Tag an meinen IQ von über 150 zu gewöhnen und ihn als solchen zu akzeptieren. Ich muss allerdings aufpassen, in welcher Situation ich mit meinem Wissen bzw. Halbwissen bei Frauen punkten kann. Gerade wenn es darum geht, sie mit einem klugen Spruch zu verführen bzw. ins Bett zu bekommen. Also hab‘ ich mich lässig vor die Auserwählte hingestellt und gesagt: «Die Observation der Lichtreflexe deiner Physiognomie führt bei mir unmittelbar zum exponentiellen Anstieg meines Reproduktionsorgans!» Gut, ich reüssierte mit dieser Anmache kaum, das heisst nie, aber Hauptsache, ich kam intelligent rüber.

Wann fühlten Sie sich das letzte Mal so richtig frei?

Am letzten Sonntag im Freibad …

Ihre erste Kindheitserinnerung?

Wenn ich als Kind aus der Wohnung gegangen bin, hörte ich meine Mutter immer sagen: «Komm‘ nach Hause, wenn es dunkel wird!» Gott sei Dank lebten wir damals nicht in Lappland. Man stelle sich das mal vor. Im Sommer wäre ich erst drei Monate später wieder nach Hause gekommen. Und ich erwiderte dann: «Ist gut, Mama, ich geh‘ in den Wald!» Was aber genauso viel bedeuten konnte wie: Vielleicht lümmle ich auch auf einer Baustelle rum, gehe zum See oder spiele mit meinen Freunden Räuber und Gendarm neben der Autobahn. Ich erinnere mich vor allem daran, dass ich angstfrei gross geworden bin und mich von dem Moment an, als ich über die Schwelle unseres Zuhauses gegangen bin, nur noch auf mich, meine Sinne (Sehen, Hören, Schmecken) und auf mein Bauchgefühl (Risikoeinschätzung) vertrauen konnte. …

von Redaktion


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Welcher Ton macht die Musik?

Wenn Stimmen auf Anklang treffen – Ein Zwiegespräch mit Yoki und Marty McKay.

Dort, wo die einen verstummen, eröffnen die anderen eine Echokammer. Das bewiesen die letzten zwei Jahre. Wir sprachen mit der Berner Sängerin und Songwriterin Andrea Pfeifer, auch bekannt als «Yoki», und dem Zürcher Rapper Marty McKay über die Aufgabe der Musik in Zeiten der Sprachlosigkeit.

«DIE FREIEN»: Liebe Andrea, lieber Marty, die letzten zweieinhalb Jahre haben vielen Menschen die Stimme verschlagen. Hat eure Musik sie ihnen wiedergegeben?

Andrea Pfeifer: Ich habe es so erlebt, dass es ihnen nicht unbedingt die Stimme wiedergegeben hat, aber dass sie sich erkannt und angenommen gefühlt haben. Ich glaube, wenn man einmal in diese Rolle kommt des Ausgeschlossenwerdens aus der grossen Herde, ist das für viele Menschen – auch für mich – ein ziemlich schmerzhafter Prozess. Aber das Gefühl, es gibt da Menschen, die einen verstehen und die trotz allem noch zu einem gehören, ist glaube ich das, was am Ende heilsam für die Menschen war.

Marty McKay: Das Feedback, das ich erhalten habe, war schon, dass man als «The Voice of the Voiceless» den Leuten eine Stimme gibt, die man im Mainstream nicht gehört hat. Big-Tech, Mainstream-Medien, Pharma, die Politiker – es war ja alles komplett gleichgeschaltet und zu 99 Prozent wurde keine andere Meinung zugelassen. Und wenn dann plötzlich etwas kam, was 180 Grad in die andere Richtung ging, waren die Leute schon erleichtert. Zwischendurch fühlt man sich ja doch mal unsicher, wenn man merkt: alle laufen in dieselbe Richtung. Darum war es schon wichtig – und wird es auch immer sein –, dass man klar zum Ausdruck bringt, wenn man eine andere Meinung hat. Egal bei welchem Thema.

Von Victor Hugo stammt das Zitat: «Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.» Inwieweit trifft dies auch auf euch und eure Musik zu? Gibt es Dinge, die sich nur durch Musik ausdrücken lassen?

AP: Ich sehe die Rolle der Künstler tatsächlich als Hofnarren: Es ist unsere Pflicht, unsere heilige Pflicht, dieser Rolle nachzukommen und unsere Regierung zu kritisieren. Ob das jetzt die einzige Möglichkeit ist, an die Leute ranzukommen, weiss ich nicht. Aber es ist ein sehr mächtiges Instrument, um die Herzen der Menschen ein bisschen aufzuknacken. Und auch unterschwellige Botschaften auf subtiler Ebene bei den Menschen in Gang zu setzen – wobei wir beide mit unseren Botschaften ziemlich direkt sind.

MM: Musik hat Frequenzen, mit der man Regionen im Gehirn und in der Seele erreicht, was mit einem Podcast oder einem Buch nicht möglich ist. Als ich meinen ersten Mundart-Song «Schwiz Wach Uf!», in den ich diese ganze Energie, Verzweiflung und Wut hineinpackte, vor der Veröffentlichung den ersten Leuten vorspielte, haben fast alle geweint. Da hab ich schon gemerkt, dass Musik Dinge schafft, die sich durch Wörter oder das gesprochene Wort alleine nicht erreichen lassen. Und das wissen die ja auch. Es gab ja einen Grund, weshalb Musik an Demos teilweise verboten war. Bestimmt nicht, weil du dann alle ansteckst oder zehn Meter weit spuckst. Die sind ja nicht blöd. Die wissen genau, welche Macht Musik hat und welche Energie sie den Leuten geben kann. …

von Lilly Gebert


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Person ärgere dich nicht

Mensch oder Person? Staat oder Firma? Die Frage geistert durch die Bürgerrechtsbewegung und ruft nach Klärung. Da kommt eine Kurzanalyse eines Juristen-Komitees aus der Bürgerrechtsbewegung gerade recht!

Doch wer auf einen ausgewogenen Blick auf die vielschichtige Thematik hofft, wird enttäuscht. Die Experten lehnen die «Mensch vs. Person»-Idee vollumfänglich ab und verweisen auf den Gesellschaftsvertrag. Ihre Analyse schliessen die Juristen mit dem Grundsatz «Pacta sunt servanda» – Verträge müssen eingehalten werden. Haben die Juristen da wirklich gut nachgedacht? Oder reden sie einfach nach, was uns von den Mächtigen schon in der Primarschule eingeredet wird?

Welcher Vertrag?

Wenn wir uns also – wie von den Juristen gefordert – der Macht unterwerfen sollen, weil wir doch einen Vertrag haben, dann sollten wir nachholen, was die Juristen aus unerfindlichen Gründen versäumt haben: Wir sollten klären, was ein Vertrag ist. Darüber lohnt sich selbst nachzudenken, bevor man aus dem übervollen Fundus der Vordenker schöpft. Machen Sie sich doch kurz eigene Gedanken, was ein Vertrag ist, bevor Sie weiterlesen. Sie werden mit grosser Wahrscheinlichkeit zu ähnlichen Resultaten kommen wie beispielsweise Paul Rosenberg. Er ging der Frage nach dem Gesellschaftsvertrag kürzlich auf seinem Blog Free-Man’s Perspective nach. Nach Rosenberg bedarf eine Sache bestimmter Voraussetzungen, um als «Vertrag» zu gelten. Die wichtigste davon: Es muss sich um eine freiwillige Übereinkunft handeln. Die Partner müssen der Vereinbarung frei von Druck, unlauterer Beeinflussung oder gar Drohung zustimmen. Nun brauchen wir uns gar nicht in Details zu verlieren; unter welchen Bedingungen der «Gesellschaftsvertrag» zustande kam, tut nichts zur Sache. Aus einem einfachen Grund: Die meisten von uns haben eben nicht zugestimmt. Und damit fehlt der Angelegenheit das zwingende Charakteristikum, um als «Vertrag» gelten zu können.

Als über die neue Bundesverfassung abgestimmt wurde, war ich noch nicht stimmberechtigt. Ich kann für mich also unbestreitbar festhalten, dass ich der Bundesverfassung nicht zugestimmt habe. Die Juristen werden nun mit «demokratischer Legitimierung» meine Nichtzustimmung zu einer Zustimmung umformen. …

von Michael Bubendorf


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