Skip to main content

Krabat und ich

Die Geschichte des «Krabat» zeigt, dass das Böse seinen Kampf seit langer Zeit auf die gleiche Weise führt. Und wie jene, die für das Gute kämpfen, gewinnen können.

Auf mysteriöse Weise findet der Bettlerjunge Krabat zur Mühle am Koselbruch und wird vom Müllermeister als Lehrjunge aufgenommen. Der Dreissigjährige Krieg hat den Menschen brutal zugesetzt und als Krabats Mutter an der Pest starb, blieb ihm nichts als ein einfaches Holzkreuz, das seine Mutter um den Hals getragen hatte. Seither schlägt sich Krabat mit anderen Kindern als Bettler durch. Das Leben auf der Mühle bietet ihm trotz der harten Schinderei ein besseres Leben. Unter den anderen elf Mühlknappen, die schon länger dort rackern, findet er auch Freunde. Doch etwas stimmt nicht mit der Mühle und ihrem Meister.

Die schwarze Kunst

In der Neumondnacht realisiert Krabat, dass er in eine brandgefährliche Situation geraten ist; ein dunkler Kutscher fährt am Koselbruch vor, doch er bringt kein Getreide zum Mahlen. Noch in der Nacht verarbeiten die Mühlgesellen im «siebten Mahlgang» die menschlichen Knochen zu Mehl. Der unheimliche Vorgang ist schnell vergessen, auch deshalb, weil keiner der anderen Jungen über die Vorgänge der Neumondnächte sprechen will – Krabat blitzt mit seinen Fragen ab. Doch die Magie des Koselbruchs hat auch schöne, ja faszinierende Seiten. Nach bestandener Probezeit folgt Krabat an Ostern einer besonderen Einladung des Meisters; entgegen den eindringlichen Warnungen des Altgesellen Tonda unterwirft sich Krabat dem Initiationsritual des Ochsenjochs. Von nun an gehört er mit Haut und Haaren dem Müllermeister.

Zunächst geniesst er die daraus entstehenden Vorteile; endlich hat er die Kraft, um Mehlsäcke mit derselben Leichtigkeit zu heben wie die anderen Gesellen, selbst den beladenen Wagen kann er nun alleine ziehen und seine Wunden verheilen schnell. Vor allem aber darf er endlich an des Meisters Einweisungen in schwarzer Magie teilnehmen. Schnell und fleissig lernt der Junge die Kunst der Zauberei.

Doch bald erschliesst sich Krabat endgültig, dass er in einer todbringenden Situation gefangen ist: Jedes Jahr stirbt ein Müllergeselle auf brutale Weise und wird durch einen Neuankömmling ersetzt. Die Kraft und die Jugend des verstorbenen Gesellen erneuern jährlich die Lebensgeister des Meisters, der Ende des Jahres arg geschwächt und halb tot von der Mühle fährt, um an Neujahr – nach dem Tod eines Gesellen – in neuer Frische auf den Hof zurückzukehren. Entsetzt versucht Krabat zu fliehen, wird durch den Meister jedoch mit einer List daran gehindert: Nachdem er stundenlang gerannt ist und sich endlich in Sicherheit glaubt, lösen sich die Trugbilder auf, die der Meister vor seine Augen gezaubert hatte – Krabat realisiert, dass er die ganze Zeit im Kreis gerannt ist und in Wirklichkeit erneut vor den Toren der todbringenden Mühle steht.

Wir Müllerknappen

Der Jugendroman «Krabat» von Otfried Preussler zog mich schon als Kind in den Bann. Es ist eine zauberhafte Geschichte, die ich auch als Erwachsener gerne mal wieder las. Natürlich habe ich die Geschichte auch meinen Kindern vorgelesen und an Heiligabend haben wir uns gemeinsam die gelungene Verfilmung aus dem Jahr 2008 angesehen. Der sehenswerte Film ist eine liebevolle Umsetzung der Buchvorlage aus dem Jahr 1971, die wiederum auf einer alten sorbischen Sage basiert.

Die Geschichte ist bis heute aktuell. Es scheint, dass sich die Menschen – heute sogar noch mehr als früher – der Unterjochung freiwillig beugen. Wurden wir tatsächlich zur «Impfung» gezwungen? Hat man irgendjemand unter physischem Zwang zu einem PCR-Test gebracht? Wer hat jemals ausprobiert, was passiert, wenn er die Steuern nicht mehr bezahlt? Wir beugen uns dem modernen Ochsenjoch mit derselben Freiwilligkeit, wie Krabat dies tat. Und die heutigen Meister? Sichern sie sich unsere Loyalität und die Früchte unserer Arbeit nicht mit derselben List wie der Müllermeister vom Koselbruch? Sie lassen uns Anteil nehmen an ihrer «schwarzen Magie» und machen uns damit zu Komplizen. Die Tyrannei wäre – das Wort stammt von Ayn Rand – ohne die «Zustimmung des Opfers» nicht möglich. Bildhaft deutlich wird dies im «Krabat», wenn der jeweils todgeweihte Müllergeselle tapfer mit dem Spaten in der Hand zum Koselbruch schreitet, um dort sein eigenes Grab auszuheben. Und so sind wir es, die freiwilligen Opfer der Tyrannen, die unsere Unterdrücker selbst am Leben erhalten. Wie in Krabats Geschichte ist es unser Verderben, das die Meister immer wieder verjüngt und mit neuen Kräften in das Spiel zurückkehren lässt. Die wenigen, die aus der ständigen Wiederholung von Tod und Verderben ausbrechen wollen, werden mit Illusionen an der Flucht gehindert.

Das Herz weist den Weg

Auch wie wir aus diesem Teufelskreis ausbrechen können, zeigt uns Krabat auf: Er widersteht den Spaltungsversuchen des Meisters, der geschickt bei jenen Gesellen ansetzt, mit denen Krabat kleine Feindseligkeiten unterhält. Doch Krabat weigert sich, seine Gefährten zu verraten – auch und gerade jene, die er nicht ausstehen kann. Und es ist ausgerechnet der verhasste Mitstreiter, der die Geschicke auf der Mühle so leitet, dass der Kampf schliesslich auf ein anderes Feld geführt wird. Denn den Kampf gegen den bösen Herrn könnte Krabat mit dessen eigenen Mitteln nicht gewinnen. Die schwarze Kunst dient nur dem Bösen, der in dieser Disziplin nicht zu schlagen ist. Und natürlich wird der Meister letztlich durch jene Kraft besiegt, die das Böse nicht kennt, nicht versteht und nicht beherrscht: Die Kraft der Liebe. ♦

von Michael Bubendorf


Hat dir der Artikel gefallen? Dann bestelle jetzt ein Abo in unserem Shop.

Deine Meinung ist uns wichtig: Teile dich mit und diskutiere im Chat mit unseren Lesern.

Teile diesen Beitrag mit deinen Freunden