
Geldutopie oder Freiheitsdystopie?
Seit durch Bitcoin und Co. das staatliche Geldmonopol infrage gestellt wurde, sind die Staaten und insbesondere die Zentralbanken als Hüter eben jenes Geldmonopols darum bemüht, im Wettrennen um das Geld im21. Jahrhundert nicht ins Hintertreffen zu geraten. Aus diesem Bemühen erwachsen die sogenannten CBDCs – digitale Zentralbankwährungen.
Digitale Zentralbankwährungen sind digitale Formen von Fiat-Währungen. Von Kryptowährungen unterscheiden sie sich grundlegend hinsichtlich ihrer Struktur, der dahinterstehenden Philosophie und natürlich auch hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die individuelle Freiheit. Anders als Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum sind CBDCs (Central Bank Digital Currencies) zentralisiert und werden von Zentralbanken kontrolliert und geschöpft.
Diese zentrale Kontrolle ermöglicht eine höhere Stabilität, birgt jedoch das Risiko einer umfassenden Überwachung, da Transaktionen nachverfolgbar werden. Im Gegensatz zu Kryptowährungen sind CBDCs eng in die bestehenden Finanzstrukturen eingebunden. Ein weiterer Unterschied ist die Programmierbarkeit: Während Kryptowährungen wie Ethereum «Smart Contracts» unterstützen, die individuelle Freiheit durch benutzerdefinierte Anwendungen fördern, können CBDCs programmierbare Funktionen haben, die von Regierungen vorgegeben werden, was die Entscheidungsfreiheit über die Verwendung des Geldes einschränkt.
Schliesslich ist Bargeldähnlichkeit ein zentraler Unterschied: Kryptowährungen können in vielen Fällen ähnlich wie Bargeld anonym (oder zumindest pseudonym) genutzt werden, während CBDCs oft darauf ausgelegt sind, Bargeld zu ergänzen oder zu ersetzen.
Wer führt?
Der digitale Yuan (e-CNY) Chinas gilt als weltweit führend. Er wird seit 2020 in über 20 Städten getestet. Millionen Bürger nutzen ihn in Pilotprojekten, die Transaktionen im Wert von über 100 Milliarden Yuan umfassen. Über 260 Millionen Menschen haben digitale Yuan-Wallets eingerichtet, die über mobile Apps wie WeChat oder Alipay zugänglich sind. China verfolgt mit dem e-CNY ambitionierte Ziele: die Reduzierung der Bargeldnutzung, die Förderung finanzieller Inklusion in ländlichen Gebieten und die Stärkung der internationalen Rolle des Yuan.
Die Zentralisierung des digitalen Yuan ermöglicht der chinesischen Zentralbank (PBoC) eine umfassende Überwachung der getätigten Transaktionen. In einigen Pilotprojekten wurde der e-CNY darüber hinaus so programmiert, dass er nur für bestimmte, vorgegebene Zahlungen genutzt werden konnte – etwa für staatliche, zweckgebundene Subventionen. In begrenztem Umfang erlaubt der e-CNY anonyme Transaktionen, um Bargeldähnlichkeit zu simulieren. Peking will den digitalen Yuan so bald wie möglich landesweit einführen, wird das ursprünglich anvisierte Zeitziel aber nicht halten können. Ausserdem soll die Nutzung auf internationale Märkte, insbesondere im Rahmen der «Belt and Road Initiative», ausgeweitet werden.
Aber auch andernorts wird die Entwicklung vorangetrieben. Auf den Bahamas wurde mit dem Sand Dollar bereits 2020 eine CBDC eingeführt, die erste vollständig implementierte digitale Zentralbankwährung weltweit. Kurz darauf folgte Nigeria mit der eNaira, welche im Jahr 2021 gestartet wurde. Während die Bahamas die digitale Währung vor allem im Hinblick auf das dünne Bankennetz auf der Inselgruppe implementierten, ging es in Nigeria auch darum, grenzüberschreitende Zahlungen zu vereinfachen und somit den Handel mit den afrikanischen Nachbarn zu erleichtern.
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Stephan Unruh, geboren in Süddeutschland, lebt heute in Südchina, von wo aus er als Teilhaber einer Hongkonger Handelsgesellschaft China und den asiatisch-pazifischen Raum mit Hightech aus Deutschland (ja, das gibt es trotz allem noch) versorgt. Er schreibt unter anderem für das libertäre Portal freiheitsfunken.info
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