«Es lebe die Mensch:in»
Nena Brockhaus und Franca Lehfeldt sprachen mit zehn alten weissen Herren, die es nach ganz oben geschafft haben. Diese sind sich alle einig: Erfolgreich geworden sind sie dank Leistung. Heute zähle diese nicht mehr, so der Tenor der beiden Journalistinnen.
Einmal ganz oben anzukommen. Teil einer politischen, kulturellen oder ökonomischen Elite zu sein: Damit liebäugeln nicht wenige Söhne und Töchter aus dem Grossbürgertum. Sie wachsen in diesem Geiste auf. Der Gedanke daran mag für den einfachen Bürger, dem der Zugang in die höchsten Positionen verwehrt bleibt, reizvoll sein. Doch Sprösslinge, die aus reichen Politiker- und Unternehmerfamilien kommen, sehen sich schon von klein auf zur Elite zugehörig, als etwas «Besseres». Einmal in den höchsten gesellschaftlichen Sphären angelangt, sind sie davon überzeugt: Sie stehen deshalb dort, weil sie schlicht besser sind als die anderen. Mehr Talent haben. Mehr leisten können. Viele alte weisse Männer verkörperten diese Gesellschaftsschicht in den vergangenen Jahrzehnten wie kein anderer Typus. Und genau dieser Typus steht laut Nena Brockhaus und Franca Lehfeldt heute maximal unter Beschuss. Vor diesem Hintergrund widmeten sich die beiden Journalistinnen in ihrem gleichnamigen Buch den «alten weisen Männern», die in ihren Augen im Aussterben begriffen sind, und sprachen mit zehn gestandenen alten weissen Herren.
Eine Provokation sondergleichen in einer Zeit, wo Cancel-Culture und Identitätspolitik überhandnehmen? Mag sein. Gemein ist diesen Männern: Sie alle hatten im Beruf Erfolg, waren einmal Teil einer spezifischen Elite. Liebten ihre Arbeit. Lebten ihren «Traum». Und schauen nun mit «weisem» Blick auf ein erfolgreiches Leben zurück, während sie von weit oben die aktuellen politischen Entwicklungen analysieren. Zu Wort kommen unter anderem der Schauspieler Heiner Lauterbach, Ex-Spiegel-Chefredaktor Stefan Aust oder Wolfgang Reitzle, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von BMW. Auch Politiker dürfen nicht fehlen: Etwa der frühere CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber, Herbert Reul, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen oder Peer Steinbrück, der ehemalige deutsche Bundesfinanzminister, der dem Schweizer Finanzplatz einst mit der «Kavallerie» drohte. …
von Rafael Lutz
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