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«Ein Galgen braucht Humor»

Im Gespräch mit Linard Bardill, Teil 2

Corona war sowohl Trauma als auch Augenöffner, sagt Linard Bardill, aber das Verdrängte werde sich seinen Weg ans Licht bahnen. Der Schweizer Liedermacher und Pazifist über Frieden, Freiheit und Gesundheit inmitten der Konflikte.

«DIE FREIEN»: Lieber Linard, die Konflikte auf der Weltbühne scheiden auch die Geister in der Bevölkerung. Wie ist Frieden möglich?

Linard Bardill: Ich war einmal in Bethlehem eingeladen, um im Caritas Baby Hospital Bettkantenkonzerte zu geben. Wir wurden von einem palästinensischen Taxifahrer zur Klinik gefahren. Dieser erklärte uns auf der ganzen Fahrt, dass alle Juden Nazis sind. Er brachte erschreckende Beispiele, die er erlebt hatte. Kurz darauf waren wir in Jerusalem und verköstigten uns in einem Restaurant. Da kam der Wirt und erklärte uns, dass alle Palästinenser Terroristen sind und brachte schreckliche Beispiele. Ich fühlte mich unter Druck, Stellung zu beziehen. Ich empfand es dann als Gnade, nicht in den Schützengraben steigen, gegen oder für den einen oder anderen Stellung beziehen zu müssen – und einfach da zu sein, um für die Kinder und Eltern Musik zu machen. Das war für mich ein wichtiges Erlebnis. Von da an habe ich mir vorgenommen, Brücken zu bauen, den Dialog nicht abbrechen zu lassen und zu versuchen, den Frieden wichtiger zu nehmen, als die richtige Meinung zu haben.

Wie ging es dir mit dieser Einstellung in der Corona-Krise?

LB: Da bin ich total auf die Schnauze gefallen. Ich hatte während dieser Zeit eine Kolumne in der Zeitung Die Ostschweiz und versuchte auch damit, Brücken zu bauen. Ich plädierte für Verständigung und gegenseitige Toleranz.

Doch dann haben sie dir die Kolumne gestrichen. Was war der Grund?

LB: Als offizieller Grund wurde angegeben, dass man nach drei Jahren nun wieder jemand anderen wollte, aber das war ein Vorwand. Ich hatte damals folgenden Satz geschrieben, der das Fass zum Überlaufen brachte: «Wer sich impfen lässt ist mutig, wer nicht ist es auch.» Ich habe versucht, die andere Seite zu zeigen und Brücken zu bauen. Lass uns über den Mut, eigene Entscheidungen zu treffen, wieder zusammenfinden. Doch Corona war – und ist vielleicht noch heute – eine kollektive Hysterie … Ich schlug der Redaktion vor, einen runden Tisch zu Corona zu machen, um über das Thema zu debattieren. Keine Chance!

von Prisca Würgler

***

Linard Bardill ist Liedermacher, Autor und Geschichtenerzähler und zählt zu den erfolgreichsten Persönlichkeiten der Schweizer Kleinkunst- und Kindermusik-Szene. Er steht seit fast 40 Jahren auf der Bühne, in dieser Zeit sind über 100 Musikalben, Theaterstücke, Bühnenprogramme, Gedichtbände, Romane oder Kinderbücher entstanden.


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