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Zensur und ich

Als freiheitlicher Mensch befürworte ich Zensur unter bestimmten Voraussetzungen. Das ist kein Kompromiss, sondern konsequent.

Im Umgang mit mir bestehen Regeln. Drei Beispiele:

  • An meinem Esstisch werden keine Fäkalwörter benützt. Wer gegen diese Regel verstösst, wird freundlich daran erinnert. Wer sie nicht einhalten will, ist aufgefordert, seine Mahlzeit woanders einzunehmen.
  • Auf meinem Grundstück muss den hier lebenden Menschen freundlich und mit Anstand begegnet werden. Wer sich nicht an die Regel halten will, muss mein Grundstück verlassen.
  • Auf meiner Website schätze ich kritische Kommentare zu meinen Texten. Hingegen toleriere ich keine persönlichen Angriffe. Entsprechende Kommentare gebe ich nicht frei.

Eine Ode an die Zensur

Das lateinische Wort «censura» bezog sich auf die Überprüfung der römischen Gesellschaft und ihrer moralischen Werte, zum Beispiel in Form von Volkszählungen. Bei Zensur handelt es sich im Wortsinn um eine Prüfung, eine Beurteilung oder eine Kritik. Nichts davon ist gefährlich oder schädlich, ganz im Gegenteil! Deshalb haben die oben aufgeführten Regeln auch so einen positiven Einfluss auf mein Leben: Die Zensur an meinem Esstisch schafft eine angenehme Atmosphäre. Die Zensur auf meinem Grundstück fördert den friedlichen Austausch. Zensur auf meiner Website pflegt das Diskussionsklima. Diese Zensur ist grossartig. Ich liebe diese Zensur!

Trotz all dieser Vorteile hat Zensur einen schlechten Ruf. Sie sei eine Verletzung der Meinungsfreiheit, verzerre die Informationsvermittlung und schränke die kulturelle Freiheit ein. All dies ist richtig. An meinem Esstisch besteht keine Freiheit dazu, etwas «Scheisse» zu nennen. Auf meinem Grundstück wird die Ansicht, dass es sich bei Mitgliedern meiner Familie um schlechte Menschen handeln könnte, nicht nur verzerrt, sondern regelrecht unterbunden. Und wenn mir auf meiner Website ohne Beweise oder Argumente böse Absicht unterstellt wird, lösche ich den Kommentar kaltblütig, womit ich dessen Autor eindeutig in seiner kulturellen Freiheit beschneide.

Das Schlimme an Zensur ist ————–

Was haben mein Esstisch, mein Grundstück und meine Website gemeinsam? Sie gehören zu meinem Eigentum. Eigentum definiert sich im Besonderen darin, dass andere von der Nutzung ausgeschlossen werden können. Das Eigentum markiert die Grenze zwischen legitimer Zensur und widerrechtlicher Zensur. Diese Grenze wird automatisch überschritten, wenn Zensur von staatlichen Institutionen ausgeübt wird, zumal diese aus naturrechtlicher Sicht kein legitimes Eigentum besitzen: Da der Staat nichts erarbeiten kann, kommt er ausschliesslich durch Erpressung (Steuern, Bussen, Abgaben usw.) und Diebstahl (Inflation, Sozialabgaben usw.) zu Besitztümern.

In besonders autoritär geführten Ländern wird Zensur mitunter auf brutale Weise durchgesetzt. Auch im Westen wird Zensur gewaltsam mittels Strafverfolgung durchgesetzt, wie aktuell C. J. Hopkins in Deutschland erfährt. Meist wird in unserer Gegend jedoch subtiler vorgegangen. Zensur wird im Westen vor allem in einer freundschaftlichen Kooperation aus staatlichen Institutionen und Mediengiganten orchestriert, die in einer gemeinsamen Anstrengung die gängigen Narrative stützen. Ein sattsam bekanntes Beispiel ist der Ringier-Konzern, dessen Chefetage Kritik an der Regierung während der Corona-Zeit unterband und sicherlich auch heute noch in einem intimen Austausch mit der Regierung steht. Das Establishment stützt diese Art von Zensur unverblümt: Es sei wenig verwunderlich, dass soziale Netzwerke auch mit Geheimdiensten in Kontakt stünden, verteidigte etwa Mareile Ihde die Zensur auf Twitter. Die damalige Leiterin des Politnetzwerks Polishpere ergänzte, sie fände es nachvollziehbar, dass sich die US-Regierung an Twitter wendete, um Desinformationen zu bekämpfen. Das sind nur wenige Beispiele subtiler Steuerung von Informationsflüssen durch staatliche Akteure; es gibt unzählige weitere: Medienförderung, Konzessionsvergaben, Informationskampagnen, Abstimmungsbüchlein, Staatsmedien …

Gute Zensur, schlechte Zensur

Wie also beurteile ich als freiheitlicher Mensch die verschiedenen Formen der Zensur? Ganz einfach – so wie alle anderen gesellschaftlichen Vorgänge auch: Ich befürworte freiwillige Kooperation und lehne Zwang ab. Konkret:

  • Von staatlichen Institutionen gewaltsam durchgesetzte Zensur wie zum Beispiel mittels Strafverfolgung ist Zwang. Deshalb lehne ich diese Zensur ab.
  • Ebenfalls auf Zwang basieren sämtliche «öffentlich-rechtliche» Sendeanstalten, die weder öffentlich noch rechtlich sind, sondern zwangsfinanziert werden. Als freiheitlicher Geist lehne ich diese Institute und ihre Zensur ab: SRF, ARD, ORF & Co.
  • Auf Freiwilligkeit beruhen Facebook, X (ehemals Twitter), YouTube & Co. Wer diese Plattformen nutzt, tut dies freiwillig. Als freiheitlicher Geist erkenne ich das Hausrecht der Eigentümer, Inhalte auf ihren Portalen nach Belieben zu publizieren, Nutzer zu blockieren oder sogar die perfiden «Shadowbans» zu verhängen. Keinesfalls wäre es mit meinem Freiheitsverständnis vereinbar, die rechtmässigen Eigentümer dieser Plattformen zur Veröffentlichung bestimmter Informationen zu zwingen.
  • Auch der Konsum von Spiegel, Blick, NZZ und ähnlichen staatsnahen Propagandamedien ist freiwillig. Ihre traditionell engen Verbindungen zu den Regierungen sind ethisch bedenklich, da jedoch bei diesen konkreten Vorgängen kein Zwang ausgeübt wird, spricht aus freiheitlicher Sicht nichts gegen sie. Anders verhält es sich natürlich mit der Legitimität von Regierungen an sich.

Freiheit nervt (manchmal)

Einmal mehr zeigt sich: Freiheitlich zu sein ist herausfordernd. Ich mag es nicht, dass YouTube Videos löscht, in denen die Wahrheit zu Corona aufgezeigt wird. Es stört mich, was der Ringier-Konzern im Lotterbett mit dem Gesundheitsminister treibt. Und ich ärgere mich, wenn auf Social Media kritische Beiträge isoliert werden, ohne dass der Benutzer davon erfährt. Dass mich Blick, NZZ, SRF, Tages-Anzeiger, der Infosperber und viele mehr während der letzten drei Jahre persönlich diffamierten, fand ich auch nicht so toll. Doch all dies gilt es auszuhalten. Denn wer den Eigentümern von YouTube oder 20 Minuten vorschreiben will, welche Inhalte sie veröffentlichen müssen, der argumentiert gegen die Redefreiheit und für das Gewaltmonopol.

Dass ich die Redefreiheit dieser Mediengiganten anerkenne, bedeutet nicht, dass ich ihr Gebaren gutheisse. Es freut mich, dass das Vertrauen in diese Konzerne rasant erodiert. Ich hoffe, dass die Nutzerzahlen ihrer Portale schwinden und sich stattdessen Alternativen etablieren, wie jene, die Sie jetzt gerade konsumieren. Der freie Markt soll entscheiden, welche Art von Information sich durchsetzt.

Auch aushalten muss ich die Kritik daran, dass wir auf dem Telegram-Chat von «DIE FREIEN» keine Links zu Inhalten tolerieren, wenn der Bezug zu unseren Beiträgen fehlt. Dass wir nicht nur aus gesetzlicher, sondern auch aus freiheitlicher Sicht jedes Recht haben, Übersichtlichkeit und Substanz in unserem Kanal zu pflegen, hat sich diesen Kritikern bisher nicht erschlossen. Leider fehlt ihnen die solide intellektuelle Basis des Freiheitsgedankens.

Aber vielleicht lesen sie ja diese Kolumne. ♦

von Michael Bubendorf


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