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«Wie machst du es, dass du glücklich bist?»

«Wie machst du es, dass du glücklich bist?»

Für einmal keine Frage aus dem Publikum, sondern eine, welche mich lange Zeit persönlich umtrieb, bevor ich meine Berufung – und damit: Frieden – finden durfte. Vor einiger Zeit richtete ich diese an Freunde und Familie. Was mich interessierte, war weniger, wie sie Glück definieren, sondern vielmehr, wie sie die Grundlagen dafür schaffen. Hier ein paar ihrer Antworten:

«Einen Moment des Glücks empfinde ich, wenn ich an einem sonnigen Tag mit den Tourenskis im Tiefschnee einen Hang herunterfahre oder mit dem Partner einen schönen, glücklichen Moment draussen in den Bergen oder daheim erfahren darf. Davon zehre ich dann lange.»

Oder:
«Gegenwärtig bedeutet mir der Boogie-Tanz sehr viel, mit den strahlenden Augen der Tänzerinnen und Tänzer; kurze Augenblicke der Verbundenheit, ohne irgendwelche Bedingungen. Glück eben, sich zu Rhythmen in archaischer Form bewegen zu können.»

Und stark:
«Glück empfand ich, als ich meine langjährige Partnerin getroffen hatte und daraus eine Liebe entstehen durfte. Glück auf der anderen Seite, als die Beziehung schliesslich aufgelöst werden konnte …».

Und noch beeindruckender:
«Selbst eine schwere Krankheit kann für mich Glücksmomente beinhalten: Die Stärke und die Gelassenheit, wie eine daran Leidende mit ihrem schweren Schicksal umgeht, ist für mich mehr als vorbildlich.»

Jemand, der es versteht, sich kurz zu fassen, schrieb:
«Ich führe ein sinnerfülltes, dankbares und demütiges Leben, bewege mich und Dinge, erschaffe, was von Bedeutung ist.»

Und noch pointierter formuliert:
«Mir treu sein und das tun, was ich zu machen liebe. Möglichst im Jetzt leben.»

Jemand anderes philosophiert:
«Mir ist klar, dass ich das Glück nicht selbst machen kann, es kommt immer wieder zu mir. Es braucht meine Offenheit und Bereitschaft, es zuzulassen und auch, dass ich mir das ‹erlaube› und sicher bin, dass es mir zusteht … Ich versuche, dankbar zu sein und es auch zu erwarten, als etwas, das ich und andere zugute haben. Und dann ist es einfach da. Plötzlich bin ich mir bewusst, dass ich glücklich bin.»

Oder:
«Es braucht wohl auch eine Portion Naivität, um das Glück, respektive glückliche Momente, einfach zuzulassen und überhaupt zu erkennen. Ich denke, dass man sich diesbezüglich oft selbst im Wege steht.»

Und jemand wird sogar spirituell:
«Ich bin überzeugt, dass es Umfeldbedingungen gibt, die es dem Glück einfacher machen. Da wäre etwa das Gebot der Nächstenliebe aufzuführen, dessen zweiten Teil man oft zu wenig ernst nimmt!» (Er nimmt damit Bezug auf das «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.»)

In meinen eigenen Worten: Der Druck, stets happy sein zu müssen, fördert eher das Unglücklichsein; denn Glück, wie ich es immer wieder erfahre, ist weder herstellbar, noch zu kontrollieren. Es ereignet sich oder auch nicht, gleichwohl zieht es gewisse Bedingungen anderen vor. Selber schaue ich dafür, dass ich genügend Schlaf habe, mich gesund ernähre, mich ausreichend bewege, mich mit nährenden Menschen umgebe, mich immer wieder nach meinem Lebensplan ausrichte und mir stets von Neuem Zeit und Raum schaffe, damit das Glück in mein Leben einziehen kann. Zugegeben: Dies alles ist keine Garantie dafür; jedoch bin und fühle ich mich dabei meistens sehr verbunden, wohl und glücklich. Was tun Sie, damit das Glück bei Ihnen einzieht?

von Matthias A. Weiss

***

Matthias A. Weiss ist ehemaliger evangelisch-reformierter Pfarrer, der die Menschen lehrt, die Kunst des Heilens zu erlernen. In dieser Kolumne beantwortet er Fragen zum Leben und zu spirituellen Themen. Ihre Frage wird anonym veröffentlicht. weissrat@diefreien.ch


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