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Woran wir uns festhalten können

Wir befinden uns in einer Zeit des Umbruchs. Vermeintliche Gewissheiten lösen sich auf. Vieles von dem, was wir in der Schule gelernt haben, entpuppt sich nach und nach als folgenschwerer Irrtum.

Massenmedien wurden nur allzu oft beim Weglassen, Framen und Lügen ertappt, sodass es töricht wäre, ihnen blind zu folgen. Das Gleiche gilt für die Meinungssteuerung, die unter dem Deckmantel der sogenannten «Wissenschaft» daherkommt: Sie gaukelt uns nicht selten Objektivität vor, wo tatsächlich nur verkappte Sonderinteressen am Werk sind.

Woran kann man also in diesen Zeiten festhalten? Einige präferieren es trotz allen Warnhinweisen, sich am in der Schule anerzogenen und massenmedial vorgesetzten «Konsens» zu orientieren. Sie mögen sich sogar vorübergehend wohl damit fühlen, weil sie so in der Mehrheit sind. Doch hierfür muss man sich beim Aufkommen jeglicher Zweifel wie die drei Affen verhalten: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Wer das Weltbild dieser Mehrheitsmenschen in Gefahr bringt, wird als «Verschwörungstheoretiker» und «Spinner» aus dem eigenen Freundes- und Familienkreis verbannt, womöglich auch noch gleich als «Nazi» abgekanzelt, um die Positionen als derart indiskutabel hinzustellen, dass darauf keine weiteren Gedanken mehr verschwendet werden müssen.

Was kurz- und mittelfristig aufgehen mag, endet langfristig im persönlichen Fiasko. Dem «Impfdruck» im Jahr 2021 und 2022 nachzugeben war beispielsweise kurzfristig die einfachere Lösung: Man musste sich bei niemandem für seine Andersartigkeit rechtfertigen, konnte in Cafés und Restaurants dank Zertifikat frei ein- und ausgehen und setzte sich auch nicht der Gefahr aus, sich ins Abseits zu stellen, wenn er die Geschäftspartner bitten musste, Meetings an zertifikatsfreie Orte zu verlegen.

Längerfristig sieht es jedoch anders aus. Schon jetzt zeigen sich die fatalen Folgen bei vielen, die dem Druck nachgegeben haben: Der Kindheitswunsch lässt sich nicht mehr so einfach erfüllen, das vorher intakte Immunsystem wirkt angeschlagen, man wird öfter und schwerer krank, die Krebsraten steigen an und die Übersterblichkeit ist unübersehbar.

In einem ersten Schritt geht es daher zunächst darum zu erkennen, dass viele der heutigen Mehrheitsmeinungen und Gewissheiten fabriziert sein könnten. Es gilt, sich für die zweifelsohne Unbehagen auslösende Möglichkeit zu öffnen, dass einige einflussreiche Leute über Leichen zu gehen bereit sind für mehr Macht, Kontrolle und Geld. Wer sich nicht für die Ent-Täuschung öffnet, der lebt im ständigen Irrtum und wird zum Spielball mächtiger Sonderinteressen – und zum nützlichen Idioten.

Diese Denkblockaden zu überwinden ist zugegebenermassen keine einfache Aufgabe nach jahrelanger Indoktrination durch Bildungseinrichtungen und Massenmedien. Schliesslich haben sie ihren Opfern doch permanent eingetrichtert, nur sie alleine würden die Wahrheit vermitteln, während mit manipulativer Berichterstattung und sogenannten Faktenchecks alle anderen Ansichten als «Fake News», «Verschwörungstheorie» oder einfach als gefährliche «rechte Ideologie» abgestempelt wurden, mit denen man sich als guter Bürger gar nicht erst beschäftigen dürfe. Aber wer hat schon behauptet, dass das Leben einfach sei?!

Die Realität ist unausweichlich

Die gute Nachricht ist: Enttäuschungen ebnen den Weg für ein besseres Leben. An einer Täuschung festzuhalten ist nie eine gute Idee, weil damit der Blick auf die Wahrheit versperrt bleibt. Es gibt kaum ein spannenderes Abenteuer im Leben, als Unwahrheiten als solche zu erkennen und die Wahrheit zu entdecken. Jede überwundene Täuschung bewahrt uns vor dem Beschreiten unnötiger Irrwege und wappnet uns für das reale Leben. Für das Leben, wie es eben nun mal ist, so grausam uns gewisse Dinge erscheinen mögen. Die Augen davor zu verschliessen, macht die Realität nicht besser – im Gegenteil. Früher oder später kommen wir ohnehin nicht darum herum, uns den Folgen unserer Realitätsverweigerung zu stellen.

Abraham Lincoln meinte: «Ich glaube fest an die Menschen. Wenn man ihnen die Wahrheit sagt, kann man sich darauf verlassen, dass sie jeder nationalen Krise gewachsen sind. Das Wichtigste ist, ihnen die wahren Tatsachen zu vermitteln.» Vermutlich sind sich die meisten darin einig, dass das Vorspielen offensichtlich falscher Tatsachen und die absichtliche Täuschung anderer ethisch verwerflich ist. Das dürfte auch der Grund für den wachsenden Groll gegen die «Lügenpresse» und «Fake Science» sein.

Eine andere Frage aber ist, was denn genau die «Wahrheit» ist. Auch hier gibt es Kräfte, die uns weismachen wollen, dass es so etwas wie «Wahrheit» gar nicht gibt und jeder glauben kann, was er will. Doch das stiftet lediglich Verwirrung und ignoriert, dass wir uns durchaus auf objektive Wahrheiten stützen können. Wenn wir einen Tisch vor uns sehen, ist das für alle ein Tisch und nicht ein Fussballstadion.

Und auch bei geisteswissenschaftlichen Phänomenen kann die Wahrheit entdeckt werden. Ein entscheidender Schlüssel dazu ist die Praxeologie des wohl bedeutendsten Wirtschaftswissenschaftlers des 20. Jahrhunderts, Ludwig von Mises. Diese besagt, dass wir Wahrheiten in den Geisteswissenschaften wie der Volkswirtschaftslehre nicht etwa durch empirisches Testen herausfinden können, sondern durch handlungslogisches Denken: Aus der einfachen Erkenntnis, dass der Mensch handelt, um einen schlechteren Zustand in einen für ihn besseren Zustand zu verwandeln, können viele Wahrheiten abgeleitet werden. Die meisten geisteswissenschaftlichen Studien, die auf Empirie setzen, sind also nicht nur zwecklos, sondern öffnen auch Tür und Tor für Wahrheitsverdrehung und Täuschung. Es spielt folglich zum Beispiel keine Rolle, ob uns eine Studie weismachen will, dass ein Mindestlohn den Armen helfe, indem sie bestimmte mathematische Formeln aufstellt oder Umfragen durchführt. Denn durch handlungslogisches Nachdenken können wir abschliessend festhalten, dass ein Mindestlohn den Armen insgesamt immer schadet, weil er genau ihre Arbeitsplätze unprofitabel macht.

Woran wir also festhalten können, ist einerseits die durch Praxeologie ergründete Wahrheit in den Anwendungsfeldern, wo das möglich ist. Andererseits sollten wir überall dort, wo das nicht möglich ist, die nötige Offenheit für verschiedene Hypothesen an den Tag legen, wo auch die Intuition und unser Bauchgefühl eine wichtige Rolle spielen können. Dann lassen wir uns auch nicht mehr von vermeintlichem «wissenschaftlichem Konsens» blenden, wenn dieser handlungslogischer Erkenntnis widerspricht, und nehmen unser Leben selbst in die Hand.

Wichtig: Das alles hat natürlich unter dem liberalen Motto «Leben und leben lassen» zu erfolgen, wo niemand berechtigt ist, anderen seine Wahrheitsansprüche unter Zwang aufzunötigen: An den menschengemachten Klimawandel mag man zum Beispiel glauben oder nicht – aber eine öko-sozialistische und unterdrückerische Klimapolitik, die alle zum Mitmachen zwingt, ist mit einer humanen Ordnung nicht vereinbar. Deshalb sind auch die Freiwilligkeit und der Respekt vor dem freien Willen anderer zentrale Prinzipien, an welchen wir auf jeden Fall festhalten sollten, egal wie überzeugt wir von einer Sache sind.

von Olivier Kessler

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Olivier Kessler ist Direktor des Liberalen Instituts in Zürich. Sein neustes Buch «Freiheitsdiät: Erfolgsrezepte für eine fitte Schweiz» ist im Juni 2024 erschienen.
libinst.ch


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