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Autor: Mike S. Krischker

Datenschutz versus Freiheit

Das neue Datenschutzgesetz (DSG) und der Digital Services Act (DSA) sind weitere Schritte in die Unfreiheit. Die schweizerischen Bestimmungen sind sogar noch tückischer als die europäischen.

Dachten Sie bisher auch, dass Sie im helvetischen Internet irgendwie sicherer seien als im Internet der EU? Weil man nicht diese lästigen Cookie-Banner wegklicken muss? Sie haben sich leider getäuscht.

Mit dem total revidierten Datenschutzgesetz DSG und den Ausführungsbestimmungen, insbesondere in der neuen Datenschutzverordnung, hat sich die Schweiz dem Datenschutzniveau der Europäischen Union angenähert. Sie setzt jedoch auch eigene Akzente: Im Gegensatz zur in der EU geltenden DSGVO werden beispielsweise keine Cookie-Banner verlangt.

Websites, welche ihre Angebote explizit ans europäische Ausland richten, sowie Websites, welche aus dem europäischen Ausland übernommen wurden, können mit einem Cookie-Banner Ihr Einverständnis zu den Cookies einfordern. Alle anderen müssen über die Verwendung von Cookies nur informieren.

Ein Beispiel? Die Website der Schweizer Post. Die Schweizer Post informiert nur, dass sie «zur Verbesserung Ihres Benutzererlebnisses» Cookies einsetzt. Daneben sehen Sie den Button – mit dessen Betätigung Sie sich einverstanden erklären … müssen!

Während Sie auf einer Website aus dem EU-Raum wählen können, mit welchen Cookies Sie einverstanden sind, setzt Ihnen die Schweizer Post die Pistole auf die Brust: Entweder, Sie akzeptieren, oder Sie verlassen die Website. Weitere Möglichkeiten? Gibt es nicht. Als Benutzer müssen Sie den Cookies, welche abgefragt werden, zustimmen, wenn Sie auf der Website bleiben wollen.

Das DSG dient nicht der Sicherheit, sondern dem Silicon Valley

Das Schweizer Datenschutzgesetz verlangt in der Theorie, dass der Besucher informiert wird, welche Daten von ihm abgefragt werden, und von wem. Website-Betreiber sehen sich neuerdings gezwungen, den Vorgang zu schildern, den das Kontaktformular auslöst: Dass diese Nachricht vom Sekretariat gelesen, gespeichert und archiviert wird. Doch dieser Vorgang existiert schon, seit es Firmen mit einem Sekretariat gibt; es ist sinnlos, darüber ein Wort zu verlieren.

Kein Wort wird hingegen darüber verloren, dass eine Quadrilliarde Informationen ins Silicon Valley fliessen, von jeder Fertig-Website aus. …

von Mike S. Krischker


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Der Ausverkauf ans Silicon Valley

Wenn der Code Ihrer Website an irgendeiner Stelle so aussieht, wie das Titelbild dieses Artikels, dann löschen Sie diesen Code heraus. Es gibt keinen Grund, Google Analytics drin zu lassen, der das aufwiegt, was dieses Tool mit all Ihren Besucherdaten macht. Wenn Sie hingegen auf eine Website stossen, welche diesen Code aufweist, dann verlassen Sie die Website bitte möglichst schnell.

Seit gut 25 Jahren betreibe ich ein Website-Business, und am Anfang waren wir Internetuser frei, wirklich frei. Gesetzgeber entdeckten das Internet erst später, Grosskonzerne hatten das Potenzial noch nicht entdeckt, das Web 2.0 war noch nicht erfunden. Ja, es gab tatsächlich keine Gesetze!

Erst mit der Zeit fingen die Behörden an, Vorschriften zu machen, um Macht auszuüben. Man konnte bei alledem richtig zuschauen, die Vorgänge waren sehr lehrreich. Google erfand seine geniale, durch Links gesteuerte Website-Suche. Das Web 2.0 entstand. In Millionen von Fachmagazinartikeln wurde es weltweit gepusht.

Beim Web 2.0 ging es darum, die frei durchs Internet surfenden User alle unter ein Dach zu bekommen, auf einen Server – sodass sie überwacht werden können. Darum nenne ich es das «asoziale Web». Google begann, nach den Websites die Websitebesucher zu analysieren, mit ähnlichen Methoden.

Der Gipfel ist Google Analytics. Das Gratis-Programm zaubert schöne Grafiken auf den Bildschirm des Website-Betreibers – aber die gleichen Besucherdaten gehen ins Silicon Valley, selbstverständlich. Denn eigentlich ist Google Analytics nicht gratis: Sie verkaufen die Daten Ihrer eigenen Websitebesucher an Google! Das ist der Deal.

Früher hat man sich noch über jeden Besucher gefreut, der auf die eigene Website kam. Heute werden den Besuchern erst die Hosen ausgezogen und die Daten ins Silicon Valley spediert, bevor sie sich die Website anschauen können.

Der Fachmann sieht am Screenshot des Titelbilds, dass Analytics mit JavaScript arbeitet. JavaScript liest von jedem Besucher 50 bis 70 Einzeldaten aus – das sind etwa sieben mal mehr als bei reinem HTML. Ein Beispiel? Ich habe am Computer einen speziellen Bildschirmhintergrund, den nicht jeder hat, und vielleicht drei Browsererweiterungen.

Diese Kombination ist wahrscheinlich auf der Welt einzigartig. Das bedeutet, dass ich schon bei der ersten Begegnung mit Analytics identifiziert bin! Das Programm wird mich immer wieder erkennen, die nächsten Tage, Monate, Jahre. Google sieht über lange Zeiträume hinweg, für welche Websites wir uns interessieren.

Die Websites, die wir besuchen, entsprechen stets Ihren Interessen, oder sagen wir gleich: Sie entsprechen Ihren Gedanken. Damit kommen wir dem Szenario des Gedankenlesens langsam sehr nahe.

Und ja, irgendwo steht zwar, dass Analytics bei der Übermittlung der Daten die IP-Adresse anonymisiert. Die anderen 49 bis 69 Daten, durch die man eindeutig identifiziert werden kann, bleiben jedoch unverändert. Wir haben es in der Tat mit cleverem, durchtriebenem Marketing zu tun.

Damit tut sich eine Reihe neuer Fragen auf: Auf wie vielen Websites von Volksinitiativen ist Google Analytics installiert? Und warum ist das ungut? Die Drittanbieter-Cookies werden ja demnächst aufgehoben. Fallen dann die Cookies von Google Analytics auch weg? Kann man nur mit Cookies die Besucherdaten ins Silicon Valley übermitteln oder haben Fertigwebsites noch mehr Tricks auf Lager?

Diese und andere Fragen kann ich Ihnen auf meinem Blog muinar.ch beantworten. ♦

von Mike S. Krischker

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Mike S. Krischker ist IT-Berater und dipl. Architekt ETH. Seine Webagentur Muinar hat er 1996 gegründet.


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