Zum Znacht mit Bitcoin

Zum dritten Mal gibt Michi seinen achtstelligen Pin falsch im Ledger ein, nun ist sein Gerät gesperrt. Hätte er nicht seinen Sicherheitscode aus 24 Wörtern gut aufbewahrt – seine Bitcoins wären für immer verloren. Keine Bank, kein Amt, nicht mal ein Hacker könnte sie ihm wiederbeschaffen.

Aber der Reihe nach! Michi und ich hatten vereinbart, gemeinsam in der Stadt Abendessen zu gehen und mit Bitcoin zu bezahlen. Mit Michis Unterstützung würde ich nun mein erstes Kryptogeld erstehen. Er riet mir, als Erstes den Ledger Nano S im Internet zu bestellen, eine Art USB-Stick, der als digitales Portemonnaie dient, um meinen Zugang zu den Bitcoins zu sichern. Ich packe meinen Laptop und das noch ungeöffnete zigarettenschachtelgrosse Päckchen ein und fahre nach Sissach zu Michi.

Am Küchentisch packen wir die Schachtel aus. Zum Vorschein kommen ein Stick, eine Anleitung, ein Verbindungskabel. Anfangs etwas hilflos mit den neuen Utensilien, verbinde ich meine digitale Geldbörse mit dem Laptop. Ich werde angehalten, zuerst die entsprechende App zum Ledger herunterzuladen, die mir Schritt für Schritt erklärt, was zu tun ist – eigentlich «dubbelisicher». Den Mut, den anonymen Anweisungen einer App bei so einem Unterfangen zu folgen, würde ich ohne Michis Beistand jedoch kaum aufbringen. Es gibt Sicherheit, sich mit jemandem live absprechen zu können.

Zuerst richte ich meine anonyme Wallet ein. Eine Wallet ist in etwa mit einem Bankkonto vergleichbar. Sie wird zum Verschicken, Verwalten und Empfangen von Kryptowährungen verwendet. Der bedeutende und entscheidende Unterschied zur Bank ist, dass nur ich darauf Zugriff habe. Im Gegenzug trage ich auch die alleinige Verantwortung dafür. Bei einer Hardware Wallet wie dem Ledger Nano S handelt es sich – im Unterschied zu sogenannten Hot Wallets – um eine vom Internet entkoppelte und unabhängige Geldbörse; sie befindet sich ausschliesslich auf dem Stick und wird nach Gebrauch vom Internet getrennt.

Meine Wallet ist nun eingerichtet. Mein digitales Portemonnaie ist aber noch leer. Um zu testen, ob eine Transaktion funktioniert, holt Michi kurzerhand seinen Ledger hervor, verbindet ihn mit seinem Laptop und macht sich ans Werk, ihn zu entsperren, um eine Bitcoin-Spende an mich zu tätigen. Da entpuppt sich die erste Hürde: Pin dreimal falsch eingegeben – das bedeutet die Sperrung des Ledgers, welcher nur noch mit einem Code aus 24 Wörtern in der richtigen Reihenfolge entschlüsselt werden kann. Da vertippt man sich schnell mal, wie sich herausstellt. Mehrere Anläufe sind vonnöten, Zeit verstreicht und beim dritten Anlauf stellt dann auch noch der Laptop in den Standby-Modus. Bei Michi steigt der Puls und bei mir die Spannung! Ist das Ganze wirklich eine so tolle Sache?

Mit etwas Geduld, Stromzufuhr und der richtigen Wörterreihenfolge klappt es dann doch noch. Eine Transaktion von Michis auf mein Bitcoin-Konto ist vollbracht. Moment: Abgebucht ja; eingetroffen nein!

von Prisca Würgler


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