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Schweiz, Europa und die Welt: Wir müssen reden!

Am 15. Oktober 2024 veranstaltete das Aktionsbündnis freie Schweiz in der Alten Mühle in Langenthal ein öffentliches Podium mit Inputvorträgen von Michael Meyen, Michael Esfeld und Rémy Wyssmann. Moderiert wurde die Veranstaltung von Philipp Gut.

Zwei Kriterien für guten Journalismus

Prof. Dr. Michael Meyen, Kommunikationsforscher an der Universität München, erläuterte einleitend, womit seiner Meinung nach Propaganda beginnt, nämlich mit den engen Beziehungen zwischen Macht und Medien. Die Erzählung, die Medien seien eine Art vierte Gewalt zur Kontrolle der anderen Gewalten im Staat (Parlament, Regierung, Gerichte) und dass Journalismus objektiv und neutral sein könne, verstelle den Blick darauf.

Doch in letzter Zeit sei immer besser erkennbar geworden, dass diese Erzählung nicht stimme – die vielen «Krisen der Vergangenheit haben den Nebel gelichtet», so Meyen, der auf Jugoslawien, 9/11, die Finanzkrise und Corona verwies. Er nannte das Beispiel des E-Mails von Ringier-CEO Marc Walder, womit dieser von den anderen Schweizer Medienchefs in der Corona-Krise Gleichschritt mit dem Bundesrat eingefordert hatte. Darüber hinaus brauche man sich nur anzusehen, wem die grossen Medienhäuser gehören, so Meyen. Politische Entscheider – Meyen referenzierte auf den Digital Services Act der EU – seien ausserdem bestrebt, die Meinungsfreiheit im Internet zu beschränken.

Für Meyen gibt es für guten Journalismus zwei Kriterien. Erstens: Eine Vielfalt, die alle Themen, welche die Menschen beschäftigen, mit allen entsprechenden Perspektiven aufgreift. Zweitens: Transparenz des journalistischen Arbeitsprozesses, wozu etwa der Hintergrund des Journalisten genauso gehöre wie die Klarheit, wer ein Thema lanciert oder behindert habe oder mit wem gesprochen worden sei.

«Grundrechte sind keine Schönwetterrechte»

Im zweiten Referat des Abends rückte Prof. Dr. Michael Esfeld, Wissenschaftsphilosoph an der Universität Lausanne, die Bürgerrechte ins Zentrum. Im März 2020 habe sich ein Ausnahmestaat über den demokratischen Rechtsstaat gelegt. Mittlerweile sei klar, dass die Behauptungen von damals nicht den Tatsachen entsprochen hatten.

Esfeld verwies auf das bekannte Zitat des Staatsrechtlers Carl Schmitt: «Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.» Sodann sei der Souverän nicht mehr souverän, das heisst: Bürgerrechte gelten nur unter Vorbehalt, und ein Vorwand, um sie einzuschränken, lasse sich immer finden. «Das ist deswegen nicht in Ordnung, weil Grundrechte in einem Staat als Bürgerrechte in der Verfassung verankert sind und keine Schönwetterrechte sind», so Esfeld. Sie würden gerade auch dann gelten, «wenn ein Sturm aufzieht», weil sie Abwehrrechte des Einzelnen vor Machtmissbrauch anderer darstellten. «Grundrechte gelten absolut und sind damit Voraussetzung für Freiheit und Demokratie.»

Diese Ordnung werde gegenwärtig durch Akteure unterwandert, die im Namen der Wissenschaft behaupten, sie wüssten was gut und richtig sei. «Ideologen nutzen das aus. Corona und Klima funktionieren in meinen Augen deshalb so gut, weil man alle zu Tätern und Opfern machen kann. Jedes selbstbestimmte Handeln wird bezichtigt, zu schädigen.» Esfeld rät, sich nicht die Urteilskraft nehmen zu lassen: «Demokratie setzt den mündigen Bürger voraus. Man braucht Skepsis gegenüber Machtkonzentration.»

Im abschliessenden Referat machte SVP-Nationalrat Rémy Wyssmann auf die fortschreitende Entmachtung der Parlamente aufmerksam. Er habe das Gefühl, vielen Parlamentariern sei nicht klar, dass sie die höchste Gewalt im Schweizer Staatswesen seien. Man mache eher das, was Regierung und Verwaltung vorgeben. So habe der Bundesrat zuletzt häufiger Notrecht angewandt – nicht nur bei Corona, auch bei der Rettung der Axpo und der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS.

Bereits heute würden viele beschlossene parlamentarische Aufträge nicht umgesetzt. Wyssmann nannte ein aktuelles Beispiel aus dem Kanton Bern: Dort sollten Automaten der BLS Bargeld annehmen müssen. Dies sei wegen der Kosten nicht umzusetzen, die Digitalisierung sei wichtiger. «Hier haben wir bereits ein Primat der Technologie vor der Demokratie.»

Es gebe im Kanton Solothurn, so Wyssmann, einige gute Instrumente, die alle anderen Kantone kopieren müssten. Zum Beispiel das Verordnungsveto, womit mindestens 17 Parlamentarier Verordnungen wie bei Corona für ungültig erklären könnten. Oder den Volksauftrag: Mit diesem sei es möglich, im Parlament einen Auftrag zu deponieren, sofern 100 Bürger unterzeichnen – etwa Lohnbegrenzungen bei Chefbeamten.

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Die Video-Aufzeichnung des Podiums erscheint demnächst bei HOCH2.TV


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