Klima: Grauen oder Vertrauen?

Im Gespräch mit dem Energieexperten Franz Ulrich

Wie ein Damoklesschwert hängt sie über uns: die Klimakatastrophe. Das von ihr angekündigte Abschmelzen der Polkappen, ihre Dürren und Extremwetterlagen versetzen ganze Generationen in Angst und Schrecken. Berechtigt? Inwiefern unterliegt die momentane Klimaveränderung natürlichen, immerwährenden Schwankungen und inwieweit ist der Mensch objektiver Störfaktor des natürlichen Gleichgewichts? Und welche Rolle spielt dabei CO₂? Franz Ulrich, diplomierter Elektroingenieur ETH, spricht über den IPCC und die eigentlichen Ursachen des Klimawandels.

«DIE FREIEN»: Herr Ulrich, Sie sind diplomierter Elektroingenieur ETH und seit 2007 in der Energieberatungsbranche selbstständig. Man darf also meinen, Sie sind mit der Szene rund um Klimapolitik und CO₂ relativ gut vertraut. Und trotzdem sind Sie ihr gegenüber kritisch. Wann erfolgte der Bruch?

Franz Ulrich: Schon während dem Studium haben mich die erneuerbaren Energien immer sehr interessiert. Denn ihren Grundsatz finde ich absolut richtig: Weniger abhängig zu sein von den Grosskonzernen oder dem Ausland und stattdessen mehr in die Eigenverantwortung zu kommen; dezentrale Energieversorgung, da kann ich voll und ganz dahinterstehen. Und dennoch sind mir, und das nicht erst seit Corona, dahingehend Zweifel gekommen, wie einseitig die Debatten geführt werden – wenn sie denn geführt werden. Das Problem ist schliesslich nicht der Klimawandel. Dieser findet statt und hat schon immer stattgefunden. Das Klima ist ja nicht etwas Statisches. Das Problem ist die einseitige Debattenkultur über die eigentlichen Ursachen des Klimawandels und dass es heute für Viele feststeht, dieser läge alleine am menschengemachten CO₂. Zugegeben: Solange die daraufhin ergriffenen Massnahmen freiwillig blieben, hat mich dies nicht gross gestört. Wir haben Meinungsfreiheit, da kann man sagen und machen, was man will. Solange es eben freiwillig ist, und bleibt. Jetzt aber, da immer mehr Verbote ausgesprochen werden, hat diese Meinungs-Monokultur für mich eine andere Dimension erreicht. Das ganze Corona-Debakel hat uns gezeigt, wo so etwas hinführen kann. Auch in Bezug auf die Angstmache, die wir gleichermassen in der Klimapolitik und bei den Anhängern der sogenannten «Letzten Generation» finden.

Wenn Sie mich fragen, bietet gerade diese Verengung im Diskurs, sei es eben zu Corona oder innerhalb der Klimadebatte, die Grundlage dafür, dass wir so anfällig geworden sind für Angstmache. Uns wurde das Vertrauen in Alternativen genommen und stattdessen eine Angewiesenheit auf absolute Lösungen kreiert. Welche Rolle fällt hierbei der Wissenschaft anheim, beispielsweise in Bezug auf erneuerbare Energien?

FU: Ob Innovationen gelingen oder nicht, liegt meist nicht an der Wissenschaft als solche, sondern an der Offenheit der Menschen. Das haben wir zum Teil auch bei Corona gesehen: Was neu oder bahnbrechend sein könnte, wird niedergemacht: Ein Paradox, denn Wissenschaft sollte ja neues Wissen schaffen. Dabei weiss die Wissenschaft in ihrer Breite eigentlich schon, was abgeht und was möglich ist. Aber die offizielle Wissenschaft, die wir zu hören und zu lesen bekommen, ist halt sehr einseitig. Forschungen im Bereich von freien Energien finden statt und bieten trotz ihres kleinen Rahmens vielversprechende Ansätze, die es nur zu verfolgen gelte, wollte man sich nicht dem Risiko eines Energie-Engpasses aussetzen. Ich will hier nicht von «Mainstream-Wissenschaft» oder «wahrer» Wissenschaft sprechen. Für mich geht es darum, diese Schwelle zu überwinden und aus der Breite an Wissen, das uns zur Verfügung steht, die besten Lösungen zugunsten aller zu finden.

Für wie gerechtfertigt halten Sie die momentane Klimapanik?

FU: Ich persönlich glaube nicht, dass es so schlimm steht um unser Klima und das CO₂ sehe ich nicht als grosses Problem. Natürlich leistet auch CO₂ seinen Beitrag zum Klimawandel, aber dieser findet ja sowieso statt. Das haben wir auch in der Vergangenheit gesehen. Da finden wir Zeiträume, in denen es bedeutend kälter war, wie eben in der kleinen Eiszeit oder auch Zeiten, wo es wärmer war als heute. So zum Beispiel während der mittelalterlichen Warmperiode oder zu Römerzeiten, wo man aus Funden bei Alpenübergängen, die jetzt wieder eisfrei werden, feststellen konnte, dass diese damals auch eisfrei waren. Und allgemein ist die kleine Eiszeit als sinnvolle Vergleichsbasis zu hinterfragen: Das Ende einer Kaltperiode als Nulllinie anzunehmen, um dann jede Erwärmung als Schreckensszenario darzustellen, kann es schliesslich auch nicht sein. Obendrein ist CO₂ unschädlich und ungiftig. Das wissen alle Gärtner, die CO₂ in ihre Gewächshäuser reinblasen. Wir haben in der Atmosphäre heute eine Konzentration von 420ppm und das Optimum für Gewächshäuser liegt bei ungefähr 600ppm. Dass CO₂ wie ein Dünger wirkt, sehen wir beispielsweise auch an Satellitenbildern, auf denen unsere Erde immer grüner wird. Und da stelle ich mir die Frage: Wollen wir wirklich das Klima von 1850? Ist das sinnvoll? Wir haben jetzt doch ein paar Milliarden Menschen mehr auf diesem Planeten. Hätten wir das Klima von damals, was für die Schweiz vermutlich kühle, verregnete Sommer bedeuten würde, wäre die landwirtschaftliche Produktion wohl an einem ganz anderen Punkt. Und da bin ich mir eben nicht sicher, ob wir Menschen uns gut überlegt haben, was wir eigentlich wollen. So erscheint mir die aktuelle Klimapolitik zum grossen Teil als ein Kampf gegen Windmühlen, der Unmengen an Ressourcen verschleisst, Freiheiten beschneidet und letztlich den Schutz unserer Umwelt – oder besser Mitwelt – ins Abseits drängt. Mein innerer Antrieb und meine Motivation liegen viel mehr in diesem Bereich.

Der Klimaforscher Fred Pearce hat darauf hingewiesen, dass Wetterkatastrophen oft das Ergebnis von Landnutzungsänderungen, wie beispielsweise der grossflächigen Versiegelung unserer Böden oder schlechter Planung sind, da diese den Wasserkreislauf von Verdunstung und Niederschlag stören. Ist es am Ende vielleicht nicht die Masse an Menschen, die es als solche zu versorgen gilt, sondern die Art und Weise, wie wir versuchen, diese Menschen zu ernähren, die als umweltschädlich zu betrachten ist?

FU: Für mich ist die menschliche Aktivität auf diesem Planeten, die Frage nach der Art und Weise, wie wir mit unserer Erde und unseren Mitmenschen umgehen, grundlegend für jede weitere Überlegung. Und da steht das Wassermanagement weit vorne. Die Bodenversiegelung hat enorm zugenommen und gleichzeitig nimmt die Rückhaltfähigkeit des Wassers im Boden ab. Und wenn wir das einfach ausklammern, nur Klimaschutz betreiben, wird das gesamte Potenzial von Umweltschutz, Bodenverbesserung oder Humusbildung einfach ausser Acht gelassen. In diesem Bereich gibt es weltweit so viele sehr gute Projekte, die aber nicht wahrgenommen werden, solange wir nur die Schreckensszenarien bringen.

Der IPPC galt in den vergangenen 20 Jahren als der Referenzrahmen für politische Beschlüsse. Warum droht sich der Wind ausgerechnet jetzt zu drehen? Woher rührt die momentane Kritik?

FU: Oft schleicht sich so etwas ja ein und ist dann einfach da. Wenn ich mir jetzt die Klimaberichte anschaue, habe ich das Gefühl, hier sind systematisch Wissenschaftler mit abweichenden Meinungen und Forschungsergebnissen wahrscheinlich gar nicht zu Wort gekommen, wurden ausgeblendet oder gar nicht erst zugelassen für die Review-Prozesse. Denn es gibt viele Stimmen und Publikationen von Wissenschaftlern, die eine andere Sichtweise auf die Dinge haben. Es ist eben ein Markt, und das auf vielen Ebenen: Der ganze CO₂-Zertifikatehandel, Förder- und Forschungsmittel, neuerdings forcierte Gebäudesanierungen, Heizungsverbote, Elektromobilität und so weiter … Das ist für viele Unternehmen auch ein Riesengeschäft geworden. Das ist wie ein Strom, in den man, einmal hineinbegeben, mitschwimmt, ohne sich noch gross Gedanken zu machen.

Deshalb glaube ich, die Kritik war immer schon da, aber vielleicht wurde sie jetzt zusätzlich gepusht, auch durch Corona. Ich sehe es ja an mir: Ich bin jetzt «geschärfter» und achtsamer als ich es noch vor 2020 war. Und ich glaube, dieser Prozess hat weltweit stattgefunden: Je mehr die Schrauben angezogen werden, desto mehr Menschen beginnen Zwänge zu hinterfragen. Die Menschen haben verstanden, dass sie sich, um für sich selbst einzustehen, breit informieren müssen.

Dem IPCC wird oft vorgeworfen, er vernachlässige die historische Dimension. Beispielsweise in Bezug auf das Gletscherschmelzen oder das Korallensterben. Für mich hat dieses permanente «Auslassen» etwas sehr Strategisches. Wie empfinden Sie das?

FU: Wir können nur aus der Geschichte lernen. Wir müssen von der Geschichte ausgehend versuchen in die Zukunft zu projizieren, um für sie Schlüsse zu ziehen. Das funktioniert natürlich nicht, wenn wir die Geschichte ausblenden und dann Modelle heranziehen, die zwar schlimm aussehen, dafür aber über keine historische Einordnung mehr verfügen. Das ist ja auch das Problem von Klima-Modellierungen, dass sie zum grossen Teil die Vergangenheit nicht richtig abbilden können, weil viele natürliche Effekte noch gar nicht richtig verstanden oder eben ausgeblendet wurden. Und wenn solche Klimamodelle nicht das bisherige abbilden können, wie sollen sie uns dann überhaupt einen Blick in die Zukunft ermöglichen können? Da können nur falsche Resultate herauskommen. Auch da scheint mir, sieht man dann gerne die Modellierungen mit den schrecklichsten Szenarien, oder es wird dementsprechend so transportiert. Das ist auch interessant am IPCC-Bericht: In diesem gibt es ja wie verschiedene Stufen der wissenschaftlichen Untersuchungen und Arbeiten, aus denen am Schluss eine Art Zusammenfassung für die Politiker resultiert. Und wenn man diese mit den Forschungen vergleicht, dann stimmen die Ergebnisse für die Politiker nicht unbedingt mit den eigenen wissenschaftlichen Erkenntnissen überein. Das zeigt, wie politisiert die Wissenschaft heute ist. Verschiedene Institutionen fordern denn auch «weniger Politik in der Wissenschaft, dafür mehr Wissenschaft in der Politik».

Was ist denn Ihre Zukunftsprognose? Worauf hoffen Sie?

FU: Ich wünsche mir eine wirklich offene Debatte. Dass wir über alles sprechen können und dass keine Stimmen unterdrückt oder einfach weggelassen werden. Vielleicht hat da die Digitalisierung schon ein bisschen zugeschlagen, dass wir oft nur in schwarz und weiss denken können. Aber so ist es nicht, es gibt ja immer alle Schattierungen dessen, was wir als «Wahrheit» betrachten können. Ich glaube, nur indem der breite Diskurs zugelassen wird, und wir ihn auch selber zulassen, können wir unsere Probleme wirklich lösen, anstatt permanent neue zu schaffen. Die heutigen Probleme sind ja ohnehin häufig die Lösungen von alten Problemen. Da erhoffe ich mir wirklich, dass wir an dieser Stelle einen Schritt weiterkommen. Das heisst nicht, dass wir von heute an die perfekte Lösung haben müssen. Das ist wahrscheinlich auch gar nicht der Sinn und Zweck des menschlichen Daseins. Aber dass wir miteinander gemeinsam weiterkommen und uns vergegenwärtigen, dass alles mit allem verbunden ist. Das stört mich heutzutage mitunter am meisten an den ganzen technischen Lösungen: Sie haben keinen Bezug zum Leben. Und das ist, davon bin ich überzeugt, der falsche Weg. Eigentlich macht uns die Natur alles vor. Wir müssten nur wieder lernen, sie zu beobachten und dahingehend zu kopieren, anstatt weiterhin zu meinen, wir wüssten es besser. Denn das tun wir offenbar nicht. ♦

von Lilly Gebert

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Franz Ulrich ist diplomierter Elektroingenieur (ETH Zürich) und führt zusammen mit seiner Frau seit 16 Jahren ein Büro für Energie- und Elektrosmog-Fragen. Im eigenen Labor untersuchen und erforschen sie Wasser und dessen innere Zusammenhänge. Die Freizeit verbringt er gerne in der Natur und in den Bergen.


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