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Freiheit, Medien und Demokratie

Etablierte Medienhäuser sind seit Jahren in der Krise. In erster Linie ist es eine Krise des Vertrauens, in zweiter eine Krise der Branche selbst.

Millionen an Werbegeldern wandern ab ins Internet und in die Social Media. Diese wiederum führen zu einem nie erlebten Demokratisierungsschub der Massenkommunikation. Waren Journalisten früher die Gatekeeper der gesellschaftlichen Debatte, Türsteher vor dem Haus der Öffentlichkeit, so gibt es heute fast so viele Türen in die Öffentlichkeit wie es Leute gibt. Jeder kann selber zum Sender werden und in den Diskurs eintreten.

Grosse Zeitungen und öffentlich-rechtliche Medien verlieren an Einfluss und werden nicht selten als «Lügenpresse» empfunden. In der Branche dominiert ein neues Rollenverständnis. Waren Medienschaffende lange darauf aus, Ereignisse der Welt zu beschreiben und sich gemäss einer geltenden Devise «mit keiner Sache gemein zu machen, auch nicht mit einer guten», so will man heute nicht nur berichten, was passiert, sondern man will verändern, was passiert. In der Fachwelt nennt sich das «transformativer Journalismus». Es geht darum, den Wandel in eine bestimmte Richtung zu lenken, um die Gesellschaft zu verändern, eben zu transformieren. Den Menschen sollen nicht mehr sachliche Informationen und Einschätzungen geboten werden, so dass das letzte Urteil dann dem Einzelnen überlassen bleibt, der selber weiss, was für ihn gut ist. Sondern die Medienschaffenden haben schon entschieden, was für die Gesellschaft gut ist und in welche Richtung sie sich bewegen soll.

Natürlich gibt es auch weiterhin Journalisten, die nicht so arbeiten und die Mündigkeit des Medienkonsumenten achten. Journalisten, die sachlich bleiben und einen gesunden Meinungspluralismus zulassen, einen Wettbewerb der Narrative und Argumente. Dennoch ist die Tendenz zum medialen Aktivismus nicht zu leugnen, zur Moralisierung und Angstmacherei. Und zur Delegitimierung jener Stimmen, die den gewünschten Meinungskorridor verlassen. Das spüren die Konsumenten immer mehr, und so wächst das Misstrauen in die Medien.

Verschärft wird das Problem durch Digitalisierung und Globalisierung. Der digitale Raum, der nie schläft, hat das Medienschaffen massiv beschleunigt und «geglättet». Die Konzentration auf wenige Medienkonzerne aufgrund einbrechender Werbemärkte begünstigt einen Einheitsstrom der Meinungen, der sich gegenseitig bestätigt und echohaft verstärkt. Hinzu kommt, dass die Macht des Staates und die Macht der Medien öfters zusammenspannen. Medien sollten die staatliche Machtausübung kritisch hinterfragen und Machtmissbrauch aufdecken: Machtkontrolle im Dienst des Volkes. Heute ist es oft umgekehrt: statt Staatskritik herrscht Volkskritik im Dienst staatlicher Programme. Das zeigte und zeigt sich deutlich bei Themen wie Corona, Migration und Gender-Mainstreaming.

Unabhängige Medien gegen Freiheitspessimismus

Zählte die Staats- und Machtkritik noch vor wenigen Jahrzehnten zu den Grundaufgaben des Journalisten, scheint man heutzutage, zumindest im deutschen Sprachraum, staatsgläubiger geworden zu sein. Jedenfalls in dem Sinne, dass man sich vom Staat mehr Problemlösungen erhofft als vom freien Spiel der Gesellschaft. Mehr Gesetze und Verbote, weniger Selbstverantwortung. Es wächst ein Misstrauen in die Freiheit des Einzelnen, als wäre der Mensch, wenn er nicht staatlich eingehegt wird, verantwortungslos und egoistisch.

Dagegen muss man als freiheitlich gesinnter Mensch klar festhalten: Wenn man die Freiheit des Einzelnen verteidigt, tut man das gerade auch dann, wenn der Einzelne damit Unsinn macht. Der Glaube an die überlegene kulturelle Kraft der Freiheit kommt nicht aus der Illusion, dass Freiheit nicht missbraucht werden kann, sondern aus der historisch gewachsenen Erkenntnis, dass liberale Gesellschaften unter dem Strich mehr Gutes hervorbringen als Schlechtes – und in jedem Fall mehr Gutes als alle totalitären Systeme zusammen.

Diese Erkenntnis ist heute in Gefahr. Der Freiheitspessimismus spielt globalistisch gesinnten Eliten in die Hände, die uns in ihrem Sinne transformieren wollen. Der französische Politiker und Publizist Alexis de Tocqueville hat das schon vor knapp 200 Jahren vorausgesehen. 1835 schrieb er in seinem Werk «Über die Demokratie in Amerika»: «Über den Bürgern erhebt sich eine beachtliche Vormundschaft, welche die Aufgabe übernimmt, das Behagen aller Bürger sicherzustellen und über ihr Gedeihen zu wachen. Diese Vormundschaft ist absolut, ins Einzelne gehend, pünktlich, vorausschauend und milde (…) Diese Macht tyrannisiert nicht, sondern belästigt, bedrängt und verdummt.»

Um eine solche Macht der Belästigung, Bedrängung und Verdummung, eine solche Vormundschaft des Denkens, Redens und Handelns abzuwehren, braucht es neue, unabhängige Medien und Plattformen des Austausches für alle Menschen. Medien und Plattformen, die unerschütterlich am Glauben an die Vernunft des Einzelnen festhalten, am Primat der Würde des Individuums vor jedem Kollektivismus. Der öffentliche Diskurs muss wieder wahrhaft vielstimmig, querdenkerisch und machtkritisch werden. Hier kommt uns die Digitalisierung entgegen, denn durch Social Media kann potenziell jeder mit Internetanschluss in den Diskurs eingreifen. Wir können neue Medien und Stimmen, die den Etablierten Konkurrenz machen, unterstützen und mitgestalten. Medien wie «DIE FREIEN» oder das Internetradio Kontrafunk, das bereits Hunderttausende von Menschen in Deutschland und in der Schweiz erreicht, mit stündlichen Nachrichten, politischen Magazinen, Talksendungen, wissenschaftlichen Vorträgen und christlichen Gottesdiensten. Im Grunde bietet Kontrafunk das, was früher zu den öffentlich-rechtlichen Sendern gehörte: Er setzt sich für die Selbstbestimmung des Einzelnen ein und orientiert sich an klassischen Tugenden – Behauptungen bezweifeln, Fragliches erforschen, Machthaber kritisieren.

Mut zur eigenen Meinung, Freude am freien Spiel der Gesellschaft und der Diskussion: Diese Werte sind es, die eine Demokratie lebendig halten, eine Kultur der Freien und Gleichen. Und dazu brauchen wir noch mehr unabhängige Medien, die gegen den Freiheitspessimismus antreten. Medien, die immer wieder darauf aufmerksam machen, dass die Gestaltung des Zusammenlebens und der Zukunft keine Führungsaufgabe der Elite ist, sondern dass dies die Aufgabe aller Menschen ist und bleiben muss. Die darauf aufmerksam machen, dass die Würde des Einzelnen immer auch das Recht bedeutet, für voll genommen zu werden. Auch dann, wenn der Einzelne seine Freiheit schlecht gebraucht, wenn er alle Belehrungen der Elite in den Wind schlägt. Eigensinn, ja sogar Unbelehrbarkeit sind keine Freibriefe für staatliche Bevormundung, und Freiheit ist kein Vorrecht der Besserwisser.

von Giuseppe Gracia

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Giuseppe Gracia ist Schriftsteller und Moderator beim Sender Kontrafunk.
kontrafunk.radio


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