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Das Trump-Attentat – und die Grenzen der Propaganda

Die Ereignisse im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen in den USA sind bemerkenswert. Wir sind Zeugen, wie ein ganzes Gesellschaftssystem auf eine Katastrophe zusteuert. Wesentlich für den Kipppunkt, auf den wir uns zubewegen, ist das Versagen des Propagandamodells.

Die Ausgangslage vor dem ersten TV-Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump war: Trump darf nicht gewinnen, Biden muss gewinnen. Nach der ersten Debatte war klar: Trump wird gegen Biden gewinnen. Das grosse Problem: Biden und seine Frau Jill waren so ziemlich die Einzigen, die das nicht erkannten.

Die Medien wandten sich daraufhin gegen Biden – nachdem sie ihn vier Jahre lang gelobt hatten und dabei die Augen davor verschlossen, dass der Mann entweder kaum zu wissen schien, was er sagt, oder Reden hielt, die nur als faschistisch bezeichnet werden können.

Ich denke dabei unter anderem an die Midterm-Rede 2022, in der er vor einer bombastisch-dramatischen Kulisse, flankiert von zwei Soldaten mit Maschinengewehren, mehr oder weniger direkt zur Gewalt gegen Anhänger der MAGA-(Make America Great Again)-Bewegung aufrief. Ganz zu schweigen von der schamlosen Verfolgung und Inhaftierung politischer Gegner und der Einschüchterung und Exkommunikation Hunderter Journalisten.

Jedenfalls waren die Medien Biden plötzlich nicht mehr zugeneigt, als nach dem ersten TV-Duell klar wurde, dass er die Wahl unmöglich gewinnen konnte – auch nicht mit ihrer Unterstützung. Sie änderten ihren Ansatz und entzogen Biden den Heiligenstatus. Nun stand Biden plötzlich nackt und verletzlich vor den Augen des Mainstreams da – ein Mann im Herbst seines Lebens, geistig verwirrt, machtsüchtig und arrogant. Einige Journalisten begannen sogar, ihm ähnliche Züge wie dem grossen narzisstischen Monster Trump zuzuschreiben.

Aber selbst der mediale Druck konnte Biden nicht umstimmen, der die Hoffnungslosigkeit seiner Situation nicht erkannte. Das änderte sich auch nicht, als sich die Elite der Demokratischen Partei von ihm abwandte. Der Präsidentschaftskandidat, der nicht gewinnen konnte, stolperte weiter in einem verlorenen Rennen.

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Mattias Desmet ist Professor für Psychologie an der Universität Gent (Belgien) und Autor des Buches «Die Psychologie des Totalitarismus». Dieser Text erschien zuerst im Juli 2024 auf substack.com/@mattiasdesmet und wurde aus dem Englischen übersetzt und zusammengefasst von Armin Stalder.


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