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«Wie lebe ich meine Berufung?»

Kurz, indem man ihr folgt.

Die etwas längere Antwort: Die eigene Berufung zu erspüren, allenfalls aufzuschreiben und danach alles dafür Nötige in Bewegung zu setzen, damit sie sich ereignet. Oder mit Goethe gesprochen:

«In dem Augenblick, in dem man sich ganz einer Aufgabe verschreibt, bewegt sich die Vorsehung auch. Alle möglichen Dinge, die sonst nie passieren, geschehen, um einem zu helfen. Ein ganzer Strom von Ereignissen wird in Gang gesetzt durch diese Entscheidung, und er sorgt zu den eigenen Gunsten für zahlreiche unvorhergesehene Zufälle, Begegnungen und materielle Hilfen, die sich kein Mensch vorher je so erträumt haben könnte. Was immer du kannst oder dir vorstellst, dass du es kannst, beginne es. Kühnheit trägt Genius, Macht und Magie in sich. Beginne jetzt.»

Und für all diejenigen, die es wirklich wissen wollen, hier noch eine persönliche Antwort:

Als mir Ende des Studiums klar wurde, dass das Pfarramt nichts für mich war, herrschte für eine gewisse Zeit blosse Verzweiflung in mir. Denn was tut man nach einem solch monothematisch ausgerichteten Lehrgang, wenn nicht auf die Kanzel zu steigen und zu predigen? Einverstanden, eine akademisch ausgerichtete Karriere wäre auch noch möglich gewesen, doch dafür fühlte ich mich zu wenig intelligent … Und meiner Berufung – nämlich Hände aufzulegen – war ich erst halbherzig treu. Ich vertraute ihr also noch nicht richtig und sammelte so die Erfahrungen, welche ich dannzumal nötig hatte.

Nachdem ich schliesslich krank geworden war – mir das Schicksal quasi von aussen her aufzeigen musste, dass ich mit angezogener Handbremse durchs Leben fuhr, und erst noch auf dem falschen Dampfer –, wagte ich den bevorstehenden Schritt eher und machte zaghafte Versuche hin zu meiner Sehnsucht: eben zu heilen.

Erst nach ein paar Jahren des zweigleisigen Arbeitens und nach der Veröffentlichung meines ersten Buches traute ich dann der Vor(her)sehung mehr. Ich setzte voll aufs Händeauflegen, Bücherschreiben und Kurse geben. Zugegeben, auch dann war dieser Weg mit Steinen gespickt und keineswegs stetes Zuckerschlecken. Aber das Gefühl in mir selbst fühlte sich grandios an. Es sagte mir: «Jawohl, du befindest dich auf dem richtigen Weg!»

Aus heutiger Sicht darf ich sagen, dass es in solchen Situationen wohl gar nicht darum geht, keinerlei Begrenzungen und Hindernissen zu begegnen. Wenn alles glatt läuft, bin (zumindest) ich nämlich viel weniger aufmerksam. Ganz im Sinne eines genesenen Alkoholikers, welcher auf die Frage, was er durch das Aufgeben des Trinkens gewonnen habe, so antwortete: «Das kann ich nicht beantworten, doch ich kann sagen, wovon ich frei wurde: von Angst, Zorn, Hochmut, Stolz und Engstirnigkeit.»

Der oben erwähnte Dichter hat es meines Erachtens also in der Tat auf den Punkt gebracht. Um seine Bestimmung leben zu können, bedarf es vor allem:

• Des Willens und der Hingabe: Verschreibt man sich in einem einzigen Augenblick ganz einer Auf-Gabe, folgt auch die Vorsehung.
• Danach gilt es, offen zu sein und zu bleiben sowie die Dinge, welche sich dadurch ereignen, zu empfangen.
• Dass Hindernisse den Weg kreuzen werden, ist normal.
Hierbei einfach einmal mehr aufstehen als hinfallen.
• Und schliesslich geht es noch ums mutige Umsetzen:
Am meisten Power entwickelt der ganze Sprung ins Unbekannte.
• Am wichtigsten dünkt mich jedoch der Beginn in der Gegenwart – also heute! Dann trägt Kühnheit in der Tat Genius, Macht und Magie in sich.

von Matthias A. Weiss

***

Matthias A. Weiss hat sich vor 20 Jahren dazu aufgemacht, dem Ruf des Heilens zu folgen. In dieser Kolumne beantwortet er Lebensfragen und solche zu spirituellen Themen anonym.
Sende deine Frage an: weissrat@diefreien.ch


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