Klimaschutz ist nicht Naturschutz

«Klimaschutz» dominiert derzeit die mediale Berichterstattung und die öffentliche Aufmerksamkeit. Das Leben und Denken vieler Menschen scheint davon bereits tief durchdrungen und bestimmt zu sein. Doch im deutschen Wörterbuch von Karl-Dieter Bünting aus dem Jahr 1996 kommt der Begriff Klimaschutz noch nicht einmal vor. Warum ist das so? Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? Und was ist der Unterschied zwischen Klimaschutz und Naturschutz?

Als Klima bezeichnen wir die durchschnittliche Witterung, die Wetterverhältnisse in einem bestimmten Gebiet. Das Klima verändert sich und es schwankt. Klimaänderungen sind langfristige Veränderungen der Wetterverhältnisse in einem bestimmten geographischen Gebiet. Klimaschwankungen sind besonders auffällige, langfristige Veränderungen der Wetterverhältnisse in einem bestimmten geographischen Gebiet.

Als Natur bezeichnen wir die Gesamtheit aller Lebens- und Daseinsformen, die im historischen Prozess der Erdgeschichte eigenständig entstanden sind sowie die nicht vom Menschen umgestaltete, ursprüngliche Lebenswelt. Das Wort Naturschutz, das es im Gegensatz zum Wort Klimaschutz im Bünting’schen Wörterbuch von 1996 schon gab, bezeichnet die Sicherung und den Erhalt der den Menschen umgebenden und für ihn lebensnotwendigen natürlichen Umwelt. Der Umweltschutz umfasst Massnahmen, Vorschriften und Regelungen zum Erhalt der Natur und des natürlichen Gleichgewichts des ökologischen Systems.

Neu ist, dass es diese Massnahmen, Vorschriften und Regelungen nun ebenfalls für den Klimaschutz gibt, der laut Dudendie Gesamtheit der Massnahmen zur Vermeidung unerwünschter Klimaänderungen ist. Der Klimaschutz als neuer Begriff und Wert wird seit Jahren beworben und aufgebaut. Kein Tag vergeht, ohne dass er in den Medien auftaucht.

Regulierte Wahrheit

Wenn jedoch etwas ständig in den Medien wiederholt wird, sollte jeder Bürger skeptisch werden. Es ist bekannt, dass man mit dieser Methode einen Lerneffekt erzielt: Nach einer bestimmten Anzahl haben wir das ständig Wiederholte so verinnerlicht, dass wir es als Wahrheit annehmen und nicht mehr hinterfragen.

Das ist gefährlich, denn es spielt nun keine Rolle mehr, wie wissenschaftlich fundiert die wiederholte These ist. Wir laufen Gefahr, unsere Objektivität zu verlieren, lassen uns von Gefühlen leiten und sind letztendlich von jedem Zweifel befreit. In unserer kleinen Klimawelt erscheint alles logisch. Ja, der vom Menschen verursachte CO2-Ausstoss führt zu einer globalen Erwärmung, die wir aufhalten können und müssen, denn wenn wir das nicht tun, werden wir zur letzten Generation. So das leicht verständliche Narrativ.

Wir befinden uns in einem geschlossenen, von einer einfachen Theorie dominierten System. Die tatsächlich existierende Umweltrealität in der grossen Klimawelt können wir nicht mehr sehen, denn wir lassen nur noch das Wissen an uns heran, das zu unserem System, zu unserer Wahrheit passt. Dieses Verhaltensmuster und seine gesellschaftlichen Auswirkungen hat Hermann Broch in seinen massenpsychologischen Schriften bereits in den 1940er-Jahren ausführlich beschrieben.

Modellierte Wissenschaft

Wissenschaftler, die begründet darauf hinweisen, dass das Klima ein nichtlineares, chaotisches System ist, das von so zahlreichen Faktoren abhängt, dass wir es nicht oder kaum mit Sicherheit vorhersagen und beeinflussen können, werden nicht gehört oder ausgegrenzt. So entsteht eine angebliche Mehrheitsmeinung, ein «Konsens». Wissenschaftliche Erkenntnisse gründen jedoch niemals auf Mehrheiten oder Mehrheitsmeinungen. Sie gründen auf wiederholbaren Experimenten und sind nachprüfbar.

Nach Karl Popper gehört eine Theorie dann, und nur dann, zur empirischen Wissenschaft, wenn die Möglichkeit besteht, sie zu falsifizieren, also zu zeigen, dass sie nicht wahr ist. Die Theorie, dass eine mRNA-Behandlung gegen eine Corona-Infektion schützt, kann beispielsweise falsifiziert werden, wenn der gleiche Prozentsatz an Behandelten und nicht Behandelten erkrankt. Die Theorie der Wirkung der mRNA-Behandlung wäre widerlegt. Doch wie wäre die Theorie der menschengemachten globalen Erwärmung zu falsifizieren? Es müsste gezeigt werden, dass die globalen Temperaturveränderungen vom CO2-Ausstoss des Menschen unabhängig sind. Das ist experimentell kaum zu realisieren. Selbst wenn dies gelänge, wäre das Ergebnis mit grösster Unsicherheit verbunden, weil die das Klima beeinflussenden Faktoren so vielfältig sind, dass die Rückführung des Ergebnisses allein auf einen Faktor weder eine Falsifikation noch eine Verifikation erlauben würde.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Theorie der menschengemachten globalen Erwärmung gegenwärtig eher ein Dogma. Sie wurde bereits zu stark verinnerlicht und emotionalisiert, als dass die dringend erforderliche rationale wissenschaftliche Diskussion in der Öffentlichkeit möglich wäre. Nur wenn wir die Theorie objektivieren, sie ausserhalb von uns stellen, wird sie der unbedingt notwendigen strengen Prüfung und kritischen Untersuchung zugänglich. Gelingt das nicht, bleibt sie im Zustand einer dogmatischen Einstellung, die nach Karl Popper charakteristisch ist für vorwissenschaftliches Denken.

Daniel Kahneman nennt dieses Denken schnelles Denken. Es beantwortet einfachere Fragen als die, die gestellt wurden und verursacht somit Fehler. Statt eines intuitiven und subjektiven Überzeugtseins fordert er, das Problem mit kognitiver Anstrengung langsam zu durchdenken. Das langsame Denken wird jedoch häufig durch die kognitive Leichtigkeit verhindert – durch die Vertrautheit mit der ständig wiederholten Theorie, die dazu führt, dass man schliesslich an sie glaubt.

Das führt zur Verringerung der Aufmerksamkeit, zur Trübung des klaren Blickes: So werden Regionen, in denen es kälter geworden ist, wie beispielsweise die Antarktis, nicht gesehen.

Klima, Klimaänderung und Klimawandel beziehen sich laut Definition immer auf ein geographisch begrenztes Gebiet. Der Begriff der globalen Erwärmung bezieht sich dagegen auf die gesamte Erde. Diese Verallgemeinerung führt dazu, dass Klimaänderungen in verschiedenen geografischen Gebieten nicht berücksichtigt werden. Sie gehen bei der Bildung von Mittelwerten unter. Voraussetzung für ein realistisches Bild der globalen Klimaveränderungen wäre aber ein differenzierter Blick auf alle geographischen Regionen.

Sei es die Prognose für ein bestimmtes Gebiet oder für den gesamten Globus – immer ist die Klimaforschung auf Theorien und Modelle angewiesen. Denn wir können den CO2-Gehalt der Atmosphäre nicht mal eben erhöhen oder senken und dann die Temperaturveränderungen messen. Wir können keine globalen Experimente durchführen. Es bleibt uns lediglich der Blick in die Vergangenheit, beispielsweise mit Hilfe von Eisbohrkernen, und der Versuch, mit mathematischen Modellen die Klimazukunft zu errechnen. Mathematische Modelle sind jedoch immer fragil, manipulierbar und abhängig von den Ausgangsvariablen. Ihre Prognosen sind immer mit grosser Unsicherheit verbunden, ganz gleich, wie viele Wissenschaftler es mittlerweile gibt, die glauben, die Wahrheit modelliert und simuliert zu haben. Sie sollten sich der Möglichkeit bewusst sein, dass sie und ihre Theorien durch das Nichteintreffen der Vorhersagen diskreditiert werden können.

Profitable Angst

Wieso tauchte der Begriff Klimaschutz im «Deutschen Wörterbuch» 1996 noch nicht auf? Mit grosser Wahrscheinlichkeit, weil der Mensch das Klima bis dahin als etwas über ihm Stehendes ansah. Weil er nicht glaubte, dass er die Macht dazu hätte, es beeinflussen zu können. Weil er seinen Einfluss der Macht der Sonne unterordnete. Weil er sich nicht über die kosmische Physik stellte und sich gleichzeitig schuldig und allmächtig wähnte. Gab es ausserdem den Begriff vielleicht damals noch nicht, weil es die Industrien der erneuerbaren Energien noch nicht gab? Keine Windkraft- und Solaranlagen oder Wärmepumpenbauer? Weil der Gedanke, dass man von der Klimaangst profitieren könnte, noch nicht gedacht war?

Die Erzeugung von Profit in unserem Wirtschaftssystem erfolgt häufig nach demselben Muster: Am Anfang wird ein Bedürfnis geweckt. Mithilfe von Angst funktioniert das besser als mit Werbung, denn Angst ist ein unangenehmes Gefühl, das man wieder loswerden will. Es entsteht das Bedürfnis, sich davon zu befreien oder befreien zu lassen oder sie zumindest zu lindern.

Die Angst vor Corona wurde durch die mRNA-Behandlung gelindert, die beinahe zum gesetzlichen Zwang geworden wäre. Die Angst vor einer globalen Erwärmung und das damit verbundene Schuldgefühl können beispielsweise durch den Kauf eines teuren Elektroautos, den Einbau einer kostenintensiven Wärmepumpe oder durch den Kauf veganer Nahrung gelindert werden.

Nach dem Erzeugen von Angst erfolgt der zweite Schritt: das künstliche Schaffen der Notwendigkeit, etwas Bestimmtes zu tun. Beispielsweise auf Autos mit Verbrennungsmotor zu verzichten. Als dritter Schritt erfolgt die Formulierung und Verabschiedung von Gesetzen, mit denen die als notwendig propagierten Handlungen durchgesetzt werden sollen. In unserem Fall das Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor. Den Wirtschaftsunternehmen, in unserem Fall die Autobauer, nützt das Gesetz, die Regierung agiert als ihr verlängerter Arm. So bereichern sich die Unternehmen und deren Investoren sowie der Staat, der zumindest vorläufig mit höheren Steuereinnahmen rechnen kann.

Das Aufstellen tausender Windkraftanlagen und Solarparks dient angeblich ebenfalls dem Klimaschutz, zerstört jedoch die Natur und treibt die Energiepreise und die Profite der Energieunternehmen in die Höhe. Wird denn mit den Klimaschutz-Massnahmen nicht genau das betrieben, was als Ursache für den Klimawandel behauptet wird? Profitgetriebenes, ressourcenverschwendendes Wirtschaftswachstum?

Das Vorgehen ist einfach zu begreifen: Die Regierung nimmt der Bevölkerung mit Hilfe von Verboten und Zwangsmassnahmen die Angst, die man selbst geschürt hat, begründet und rechtfertigt das mit dem Klimaschutz und bedient gleichzeitig die Profitansprüche der Wirtschaft. Eine Win-win-Situation. Die Konsequenzen sind weitreichend: Verlust von Freiheit und Demokratie, Verarmung grosser Bevölkerungsteile, Abwanderung von Unternehmen, denen die neuen Gesetze schaden, Ausweitung der staatlichen Macht.

Die Angst und die propagierten Lösungen der Klimakatastrophe führen nicht zur Verbesserung unseres Lebens, sondern richten sich gegen die Menschenrechte, gegen jede Humanität, sie vernichten die offene Gesellschaft und machen uns zu Sklaven. Dieser Weg führt in die Irre. Streifen wir die Angst ab. Bilden wir uns eine begründete eigene Meinung, statt dem von Profitinteressen geleiteten medialen Einheitsbrei zu folgen.

Entwickeln wir eine Ehrfurcht vor dem Leben

Im Gegensatz zum Klimaschutz können wir uns sicher sein, dass menschliches Handeln mit dem Ziel, die Natur zu schützen, zum Erfolg führt. Denn Theorien und Massnahmen des Naturschutzes lassen sich leicht verifizieren und bieten immer die Möglichkeit der Falsifikation. Wenn wir die Abholzung der Regenwälder beenden, aufforsten, den Einsatz von Pestiziden begrenzen oder die Fischbestände schonen, hat das messbare Effekte auf Wasserkreislauf, Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit und Populationsdynamik. Jeder, der einen Acker in einen biologischen Garten verwandelt, kann die Veränderungen beobachten. Umweltschutzmassnahmen, die beispielsweise zu sauberem Wasser oder sauberer Luft führen, haben ebenfalls sichere und messbare Auswirkungen. Natur- und Umweltschutz ist mit grosser Sicherheit verbunden, Klimaschutz hingegen mit grosser Unsicherheit.

Konzentrieren wir uns auf das, was sicher ist. Entwickeln wir eine Achtung vor der Natur, eine Ehrfurcht vor dem Leben, wie es Albert Schweitzer nannte. Erhalten wir das Leben. Schützen wir die Natur und die Umwelt. Denn das hat mit aller Gewissheit einen positiven Einfluss auf unser Zusammenleben, das Leben auf der Erde und vielleicht auch auf das Klima. ♦

von Tom Reimer

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Tom Reimer ist promovierter Neurobiologe, Massenpsychologe und freier Autor. Er hat Biologie, Germanistik und Philosophie studiert, schreibt Gedichte, betreibt den Podcast königsblau-denkfabrik, ist Kabarettist und initiiert und realisiert Projekte mit der Grundmotivation, unser Zusammenleben, unsere Gesellschaft zu bereichern. Kürzlich von ihm erschienen: «Schaffen wir eine neue Kultur – Weil Menschsein mehr ist als Ökonomie».


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