Welcher Ton macht die Musik?
Wenn Stimmen auf Anklang treffen – Ein Zwiegespräch mit Yoki und Marty McKay.
Dort, wo die einen verstummen, eröffnen die anderen eine Echokammer. Das bewiesen die letzten zwei Jahre. Wir sprachen mit der Berner Sängerin und Songwriterin Andrea Pfeifer, auch bekannt als «Yoki», und dem Zürcher Rapper Marty McKay über die Aufgabe der Musik in Zeiten der Sprachlosigkeit.
«DIE FREIEN»: Liebe Andrea, lieber Marty, die letzten zweieinhalb Jahre haben vielen Menschen die Stimme verschlagen. Hat eure Musik sie ihnen wiedergegeben?
Andrea Pfeifer: Ich habe es so erlebt, dass es ihnen nicht unbedingt die Stimme wiedergegeben hat, aber dass sie sich erkannt und angenommen gefühlt haben. Ich glaube, wenn man einmal in diese Rolle kommt des Ausgeschlossenwerdens aus der grossen Herde, ist das für viele Menschen – auch für mich – ein ziemlich schmerzhafter Prozess. Aber das Gefühl, es gibt da Menschen, die einen verstehen und die trotz allem noch zu einem gehören, ist glaube ich das, was am Ende heilsam für die Menschen war.
Marty McKay: Das Feedback, das ich erhalten habe, war schon, dass man als «The Voice of the Voiceless» den Leuten eine Stimme gibt, die man im Mainstream nicht gehört hat. Big-Tech, Mainstream-Medien, Pharma, die Politiker – es war ja alles komplett gleichgeschaltet und zu 99 Prozent wurde keine andere Meinung zugelassen. Und wenn dann plötzlich etwas kam, was 180 Grad in die andere Richtung ging, waren die Leute schon erleichtert. Zwischendurch fühlt man sich ja doch mal unsicher, wenn man merkt: alle laufen in dieselbe Richtung. Darum war es schon wichtig – und wird es auch immer sein –, dass man klar zum Ausdruck bringt, wenn man eine andere Meinung hat. Egal bei welchem Thema.
Von Victor Hugo stammt das Zitat: «Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.» Inwieweit trifft dies auch auf euch und eure Musik zu? Gibt es Dinge, die sich nur durch Musik ausdrücken lassen?
AP: Ich sehe die Rolle der Künstler tatsächlich als Hofnarren: Es ist unsere Pflicht, unsere heilige Pflicht, dieser Rolle nachzukommen und unsere Regierung zu kritisieren. Ob das jetzt die einzige Möglichkeit ist, an die Leute ranzukommen, weiss ich nicht. Aber es ist ein sehr mächtiges Instrument, um die Herzen der Menschen ein bisschen aufzuknacken. Und auch unterschwellige Botschaften auf subtiler Ebene bei den Menschen in Gang zu setzen – wobei wir beide mit unseren Botschaften ziemlich direkt sind.
MM: Musik hat Frequenzen, mit der man Regionen im Gehirn und in der Seele erreicht, was mit einem Podcast oder einem Buch nicht möglich ist. Als ich meinen ersten Mundart-Song «Schwiz Wach Uf!», in den ich diese ganze Energie, Verzweiflung und Wut hineinpackte, vor der Veröffentlichung den ersten Leuten vorspielte, haben fast alle geweint. Da hab ich schon gemerkt, dass Musik Dinge schafft, die sich durch Wörter oder das gesprochene Wort alleine nicht erreichen lassen. Und das wissen die ja auch. Es gab ja einen Grund, weshalb Musik an Demos teilweise verboten war. Bestimmt nicht, weil du dann alle ansteckst oder zehn Meter weit spuckst. Die sind ja nicht blöd. Die wissen genau, welche Macht Musik hat und welche Energie sie den Leuten geben kann. …
von Lilly Gebert
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