Freiheit säen durch Erddemokratie

Vandana Shiva gilt als eine der weltweit führenden Aktivistinnen für eine ökologische Landwirtschaft. Im Interview mit «DIE FREIEN» erläutert die indische Teilchenphysikerin, wie wir das machtgierige «eine Prozent» auf seinem Vernichtungsfeldzug gegen die Natur aufhalten und das Heilige in der Landwirtschaft wiederentdecken.

In einem ihrer neusten Bücher, «Eine Erde für alle! Einssein versus das 1%», zeigt die promovierte Teilchenphysikerin und Aktivistin auf, wie das reichste eine Prozent der knapp acht Milliarden Menschen den Planeten und seine Bewohner in den sozialen und ökologischen Abgrund treibt. Sie nimmt darin den Milliardärsclub und die globalistischen Imperien aufs Korn, deren Blindheit gegenüber den Rechten der Menschen und der Natur eine Spur der Zerstörung auf dem ganzen Planeten hinter sich lässt. Und sie zeigt auf, wie wir uns dem Krieg der Milliardäre gegen das Leben widersetzen können. Sie geht mit Gandhi einig, wenn sie sagt: «Die Erde bietet genug für die Bedürfnisse aller, aber nicht für genug für die Gier einiger weniger Menschen.»

«DIE FREIEN»: Vandana Shiva, die Gentechnologie nannten Sie einst die «Totengräberin» für die Biodiversität und die Landwirtschaft. Genveränderte Organismen stünden für «god move over» – Gott, mach Platz!

Vandana Shiva: Nun, das ist die Sichtweise der Industrie. 1987 war ich an einem internationalen Kongress, an welchem die Chemieindustrie ganz klar deklarierte: Jetzt müssen wir gentechnisch veränderte Organismen herstellen, um Patente zu erhalten. Ein Patent wird für eine Erfindung erteilt, deren Schöpfer der Patentinhaber ist. Wenn die Bosse der Agrarindustrie also sagen, dass genmodifizierte Organismen Patente bedeuten, dann sagen sie in Wirklichkeit: Gott, mach Platz! Wir sind die Schöpfer! Wir kassieren ab und setzen die neuen Trends.

In der Schweiz garantiert ein Gentechmoratorium seit 2005 für eine gentechfreie Landwirtschaft und Lebensmittel. Doch durch die Hintertür soll diese Regelung nun umgangen werden: Organismen, die mittels der neuen CRISPR/Cas-Methode, auch «Genschere» genannt, verändert werden, sollen gemäss Bundesratsbericht vom 1. Februar 2023 nicht per se als genveränderte Organismen (genmodified organism, GMO) gelten. Ist CRISPR/Cas-verändertes Saatgut denn kein GMO?

VS: Es ist ein GMO, denn die Definition von Gentechnik hat nie gelautet, dass es sich bei der Manipulation um Transgene handeln muss, also um Gene aus einem anderen Organismus, die man einführt. Die Wissenschaftler sind sich im Klaren darüber, dass man bei der Veränderung eines Organismus auf genetischer Ebene, sei es durch Hinzufügen eines Gens (transgener Organismus) oder durch Bearbeiten eines Gens (CRISPR/Cas-modifizierter Organismus), immer noch in den selbstorganisierten Teil des lebenden Organismus eingreift. Es handelt sich also bei beiden Eingriffen um eine Genmanipulation im Sinne der technischen Definition.

Wie könnten wir die gentechnische Veränderung der Lebensmittel weltweit stoppen?

VS: Wenn nur drei, vier Länder weltweit GMOs grundsätzlich verbieten würden …

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Vandana Shiva ist Physikerin, Umweltaktivistin und Buchautorin. Die Inderin setzt sich ein für Umweltschutz, Biodiversität, Nahrungssouveränität, Nachhaltigkeit und Frauenrechte und wurde für ihr Engagement mehrfach ausgezeichnet.


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